- Anschlussstelle (Bahn)
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Ein Gleisanschluss ist die Erschließung eines Geländes oder Gebäudes, das selbst nicht zur Eisenbahninfrastruktur gehört, durch Eisenbahngleise zum Gütertransport. Gleisanschlüsse sind vorwiegend bei größeren industriellen Betrieben, Logistikzentren, Verkehrseinrichtungen und Militärstützpunkten zu finden. Eine andere Bezeichnung ist Anschlussgleis. Wenn es eine private Anlage mit der Bahn verbindet, nennt man es auch Privatanschlussgleis. Als Industriegleis bezeichnet man einen Schienenweg, der eine Eisenbahnstation mit einer industriellen Fabrikanlage verbindet und ausschließlich den Zwecken derselben dient. Wird ein ganzes Industriegebiet, ein Hafen o. Ä. erschlossen, gibt es meistens ein Stammgleis, von dem dann die einzelnen Anschlüsse abzweigen. Vor der Bahnprivatisierung waren diese Stammgleise im Gegensatz zur Hauptbahn meist in der Hand (überwiegend kommunaler) Privatbahnen.
Die Bandbreite der Bedienung eines Gleisanschlusses kann vom Übergeben einzelner Güterwagen in unregelmäßigen Abständen bis zum täglichen Beginnen und Enden mehrerer Ganzzüge reichen (siehe Anschlussbahn).
Inhaltsverzeichnis
Anschlussstelle
Eine Anschlussstelle (Anst.) ist eine Betriebsstelle der Eisenbahn an der freien Strecke. Meist handelt es sich bei einer Anschlussstelle um ein an die freie Strecke angeschlossenes Ladegleis, auf dem Güterwagen zum Be- und Entladen bereitgestellt werden können.
Die in dem Gleis der freien Strecke eingebaute Anschlussweiche ist in der Regel eine ortsgestellte Weiche. Sie ist im Stellbereich von Gleisbildstellwerken mithilfe einer Außenschlüsselsperre signalabhängig eingerichtet. Der in der Schlüsselsperre steckende Schlüssel zur Anschlussweiche ist festgelegt und kann erst entnommen werden, wenn er vom Stellwerk aus freigegeben ist. Die Freigabe des Schlüssels sperrt im Stellwerk das Einstellen von Fahrstraßen, die in das Streckengleis führen. Im Stellbereich von mechanischen und elektromechanischen Stellwerken befindet sich der Schlüssel im Stellwerk und muss bei der Fahrt zum Gleisanschluss mitgenommen werden. Befindet sich die Weiche nicht in Grundstellung (der Schlüssel ist also nicht wieder verschlossen), wird die Blockstrecke nicht für andere Zugfahrten freigegeben. Die Gleisanlagen innerhalb des Gleisanschlusses sind gegenüber den Gleisen der freien Strecke durch eine Schutzweiche oder eine Gleissperre geschützt. Diese Einrichtungen verhindern, dass sich Schienenfahrzeuge, die innerhalb der Anschlussanlage bewegt werden, den Gleisen der freien Strecke in gefährdender Weise nähern können. Eine Anschlussstelle wird von einer so genannten "Bedienungsfahrt" als Zugfahrt bzw. Sperrfahrt bedient, die beim Befahren des Anschlussgleises zur Rangierfahrt wird.
Ausweichanschlussstelle
Ist die Anschlussstelle so eingerichtet, dass die Blockstrecke bei diesem Vorgang für einen anderen Zug freigegeben werden kann, spricht man von einer Ausweichanschlussstelle (Awanst.). Man kann sagen, dass sich der Zug in der Ausweichanschlussstelle einschließt.
Ist die Anschlussstelle örtlich mit einem Haltepunkt verbunden, wird dieser betrieblich zur Haltestelle.
Anschlussbahn
Anschlussbahnen sind meist nichtöffentliche oder beschränkt öffentliche Eisenbahnen, die unmittelbar an das Gleisnetz einer öffentlichen Bahn angeschlossen sind, z. B. an das Gleisnetz der Deutschen Bahn AG. Anschlussbahnen sind in der Regel eigenständige Eisenbahninfrastrukturunternehmen, bei großen Anschlussbahnen wird häufig unter der gleichen Unternehmensbezeichnung auch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen geführt. Eine Anschlussweiche stellt die reale Verbindung zum öffentlichen Netz her. Bei größeren Anschlussbahnen kann auch ein Anschlussbahnhof vorhanden sein.
Anschlussbahnen unterliegen in Deutschland der Aufsicht durch die zuständige Landesbehörde (Landesbevollmächtigter für Bahnaufsicht) oder des mit der Aufsicht beauftragten Eisenbahnbundesamtes und müssen den Bestimmungen der Bau- und Betriebsordnung für Anschlussbahnen (BOA) genügen.
Die Zahl der Anschlussbahnen hat sich stark vermindert, da viele Anschließer heute zum LKW-Transport auf der Straße umgestiegen sind, oder per LKW zum nächstgelegenen Knotenbahnhof transportieren. Letzteres ist besonders im Containerverkehr üblich. Betrieben werden Anschlussbahnen in der Regel mit Rangierlokomotiven oder Zweiwegefahrzeugen sowie auch mit Seilwinden.
Entwicklungen in Deutschland
In Deutschland wurden als Einsparungsmaßnahme in großer Zahl Gleisanschlüsse wegen mangelnder Rentabilität durch die Deutsche Bahn eingestellt oder sogar baulich ganz entfernt. Auf der anderen Seite gibt es jedoch immer noch neue, teils sehr anspruchsvolle Neubauten von Gleisanschlüssen, z. B. den für mindestens 200.000 Jahrestonnen ausgelegten Neuanschluss der Warsteiner Brauerei, für den insgesamt 7 km Gleis in teils schwierigstem Gelände entstanden. Wo Anschlüsse nicht ganz abgebaut, sondern nur die Bedienung eingestellt wurde, haben vielfach Privatbahnen, die ihre Leistungen günstiger erbringen können als der DB-Konzern, diese übernommen.
Deutsche Bundesbahn
- 1992 – 9.351
- 1993 – 8.846
Deutsche Reichsbahn
- 1992 – 4.053
- 1993 – 2.896
Deutsche Bahn AG
- 1994 – 11.742
- 1995 – 11.290
- 1996 – 11.096
- 1997 – 9.264
Deutsche Bahn AG
- 1998 – 7.524
- 1999 – 7.024
- 2006 – 4.004
- 2007 – 4.023
Die Zählung wurde vom 1. Januar auf den 31. Dezember umgestellt. Die Daten beziehen sich immer auf den 1.Januar. [1][2][3][4][5][6][7]
Förderung von Privatgleisanschlüssen
Die Errichtung, die Reaktivierung oder der Bau privater Gleisanschlüsse werden in einigen europäischen Ländern gefördert, darunter Deutschland, Österreich, die Schweiz und Schweden.[8]
In der Schweiz
In der Schweiz werden Privatgleisanschlüsse seit 1986 mit Mitteln aus der Mineralölsteuer gefördert. Bis 2007 wurden pro Jahr dabei durchschnittlich etwa acht Millionen Euro aufgewendet. Gefördert werden zwischen 40 und 60 Prozent der Kosten. Die Mindestförderung liegt bei rund 30.000 Euro. Unterstützt werden nur Gleisanschlüsse mit wenigstens 12.000 Tonnen bzw. 720 Wagen pro Jahr.[8]
In Österreich
Österreich griff 1995 das Schweizer Modell auf. Bis 2006 wurden die 40 Prozent der Kosten von neuen oder wiedereröffneten Gleisanschlüssen, Erweiterungen bestehender Anschlüsse zu 30 Prozent. Die Mindestförderung lag bei 15.500 Euro, die Höchstwerte zwischen 1,45 und 2,9 Millionen Euro.[8]
In den Jahren 1999 und 2000 wurden nach diesem Modell 65 Privatgleisanschlüsse mit insgesamt 25 Millionen Euro gefördert.[8]
Eine Besonderheit des österreichischen Modell ist die Förderung von Gleisanschlüssen im Ausland, soweit Verkehr von und nach Österreich stattfindet.[8]
In Deutschland
Um die Erholung im Schienengüterverkehr zu fördern, werden Gleisanschlüsse in Deutschland seit dem 7. Oktober 2004 zu 50 % mit Bundeszuschüssen gefördert, wenn von ihnen eine echte Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene erwartet wird. Das entsprechende Förderprogramm des Bundesverkehrsministeriums läuft zunächst fünf Jahre.
Gefördert wird dabei die Errichtung, Reaktivierung oder Erweiterung von Privatgleisanschlüssen mit 50 Prozent der Gesamtkosten, höchstens jedoch acht Euro je Tonne und Jahr bzw. 32 Euro je tausend Tonnen-Kilometern und Jahr. Die Förderung ist an Mindestmengen gebunden. Die Mindestförderung liegt bei 15.000 Euro.[8]
2004 wurden acht Millionen Euro für die Förderung von Privatgleisanschlüssen bereitgestellt, zwischen 2005 und 2009 stehen jeweils 32 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Bis Ende 2006 wurden im Rahmen des Programms 26 Privatgleisanschlüsse mit insgesamt 13 Millionen Euro gefördert. Dabei wurden 3,1 Millionen Tonnen bzw. 760 Millionen Tonnenkilometer je Jahr von der Straße auf die Schiene verlagert. Damit wurden rund fünf Euro Steuermittel je verlagerte Tonne bzw. 20,39 Euro je tausend Tonnenkilometer aufgewandt. Die nicht genutzten Fördermittel wurden zur Unterstützung des intermodalen Verkehrs verwendet.[8]
Im Jahr 2007 erhielten elf private Gleisanschlussbetreiber Fördermittel in Höhe von 5,3 Millionen Euro nach dem Gleisanschlussprogramm. Dadurch wurde eine jährliche Verkehrsverlagerung auf die Schiene von 1,3 Millionen Tonnen und 477 Millionen Tonnenkilometer erreicht.[9]
Bis Anfang 2008 wurden 41 Förderanträge mit einem Gesamtvolumen von rund 24 Millionen Euro bewilligt. Das im August 2004 gestartete Förderprogramm soll im August 2009 auslaufen (Stand: April 2008).[10]
Bereits in den 1970er Jahren förderte ein Bundesprogramm mit 250 Millionen D-Mark den Gleisanschlussverkehr[11].
Siehe auch
Weblinks
- Diplomarbeit an der Uni Stuttgart zu diesem Thema. (deutsch)
- Beispiel einer BOA: hier BOA Hamburg
- Beispiel einer BOA: hier BOA der DDR
Einzelnachweise
- ↑ Deutsche Bahn AG: Daten&Fakten 2006, S. 33
- ↑ Deutsche Bahn AG, Zentralbereich Konzernkommunikation: Daten und Fakten 1993/94, S. 15
- ↑ Deutsche Bahn AG, Zentralbereich Konzernkommunikation: Daten und Fakten 1994/95, S. 7
- ↑ Deutsche Bahn AG, Zentralbereich Konzernkommunikation: Daten und Fakten 1995/96, S. 5
- ↑ Deutsche Bahn AG, Zentralbereich Kommunikation: Daten und Fakten 1996/97
- ↑ Deutsche Bahn AG, Zentralbereich Konzernkommunikation: Daten und Fakten 1997/98, S. 15
- ↑ Deutsche Bahn AG, Zentralbereich Konzernkommunikation: Daten und Fakten 1998/99, S. 17
- ↑ a b c d e f g Kurt Bauer: Should taxpayers fund private sidings?. In: Railway Gazette International. Nr. 12, 2007, S. 784–786.
- ↑ Vgl. Bundesregierung, Verkehrsinvestitionsbericht 2008, Kap. B.1.4.2.3 Gleisanschlussprogramm, S.181, in: Deutscher Bundestag, Drucksache 16/11850, 3. Februar 2009. Abgerufen am 31. März 2009. (pdf)
- ↑ Allianz pro Schiene: „Mehr Unternehmen sollten diese Chance nutzen“. Presseinformation vom 25. April 2008
- ↑ Hans Kalb: Der spurgebundene Verkehr der Zukunft. In: Deutsche Bundesbahn (Hrsg.): DB Report 72. Hestra-Verlag, Darmstadt 1972, ISBN 3-7771-0119-2, S. 83–89.
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