- Libertyschiff
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Liberty-Frachter – auch als Libertyschiffe bezeichnet – wurden gebaut, um die großen Verluste der Alliierten im Zweiten Weltkrieg, die der U-Boot-Krieg verursachte, auszugleichen. Sie waren einfach konstruiert und konnten mit der Zeit zunehmend schneller und zahlreicher produziert werden.
Inhaltsverzeichnis
Konstruktion und Geschichte
Die Konstruktion ging aus einem Schiffsmodell aus dem Jahre 1879 hervor und wurde später von der Firma Joseph L. Thompson & Sons aus Sunderland in England modifiziert. Die Amerikaner – namentlich der Industrielle und Werfteigner Henry John Kaiser – vereinfachten die Konstruktion zusätzlich noch und führten die Schweißtechnik ein.
Die Libertyschiffe waren Volldecker. Sie hatten einen durch Querspanten verstärkten, geschweißten Rumpf mit sieben Querschotten und zwei durchgehende Decks. Sie besaßen fünf Laderäume.
Als Antrieb diente eine Dreifachexpansionsdampfmaschine, die 2500 PS bei 76 Umdrehungen pro Minute leistete und den Schiffen eine Geschwindigkeit von rund elf Knoten ermöglichte. Die Kessel der in Kanada gebauten Schiffe der Baureihe wurden mit Kohle befeuert, die in den USA gebauten mit Öl.
Für jedes Schiff wurden 31.500 laufende Meter Schnittholz und 6688 m² Sperrholz benötigt. Die Frachtschiffe waren mit einer Destillieranlage zur Trinkwassergewinnung aus Salzwasser ausgestattet und konnten 440 leichte Panzer oder 2840 Jeeps transportieren.
Die Vorzüge dieser Libertyschiffe waren die sehr kurze Bauzeit, geringe Kosten, große Laderäume sowie ihre Einfachheit und der robuste Aufbau. Die Besatzungen konnten von einem Schiff zum anderen wechseln, ohne Schwierigkeiten mit der Handhabung zu haben.
Die Verarbeitungsqualität dieser einfachen Schiffe war jedoch unzureichend. Zwar wurden viele von ihnen auch noch Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg eingesetzt, doch die aus Gründen der rationellen Fertigung rasch eingeführte Schweißtechnik (zuvor wurden Schiffe genietet) war noch nicht ausgereift. Ein weiteres Problem stellte der in der Bessemerbirne oder im Thomas-Verfahren hergestellte Stahl dar. Der verfahrensbedingt hohe Stickstoffgehalt förderte die Neigung zu Sprödbrüchen. In kalten Gewässern wurden die Schweißnähte spröde und innerhalb von zehn Jahren sanken etwa hundert Schiffe auf Grund von Sprödbrüchen. Erst in der Nachkriegszeit gelang es, die Schweißtechnologie so zu verbessern, dass auch die Nähte eine dem umgebenden Stahlmaterial entsprechende Festigkeit aufwiesen. Ebenfalls erst in den Nachkriegsjahren (1952) wurde die Herstellung schweißbarer Stähle mit hoher Festigkeit durch die Entwicklung des LD-Verfahren ermöglicht.
Am 27. September 1941 lief in Baltimore bei der Bethlehem Shipbuilding Company die Patrick Henry vom Stapel. Sie war das erste von 2751 (bis Oktober 1945) in den USA und Kanada während des Zweiten Weltkrieges gebauten Frachtern des EC-2- oder Liberty-Typs. Die Bauzeit des Schiffs betrug 244 Tage, es wurde von der Frau des Vizepräsidenten Henry Wallace getauft. Ausgeliefert wurde es letztendlich am 31. Dezember 1941. Die Patrick Henry brachte im Laufe des Krieges 110.000 Tonnen Fracht in die Häfen der Welt und legte dabei eine Strecke von 90.000 Seemeilen zurück.
Es wurden 18 neue Werften mit insgesamt 171 Hellingen gegründet, um ausschließlich diesen Schiffstyp zu bauen. Vorhandene Werften beteiligten sich ebenfalls am Bau. Der Rumpf des Schiffes hatte sehr einfache Formen und es gab auf den Werften keine Schwierigkeiten, die Schiffsplatten zu formen und zusammenzusetzen. Da einzelne Sektionen vorgefertigt wurden, verringerte sich die durchschnittliche Bauzeit eines Schiffes auf 40 Tage. Den Rekord hielt die Robert E. Peary. Von der Kiellegung bis zum Stapellauf wurden nur vier Tage und 15,5 Stunden benötigt. Drei Tage später erfolgte bereits die Probefahrt.
Insgesamt gingen 196 Liberty-Schiffe im Verlauf des Krieges durch Feindeinwirkung verloren. Ab 1944 wurden die Liberty-Schiffe durch die neue Schiffsklasse der Victory-Schiffe ersetzt.
Technische Daten
(geringe Abweichungen waren möglich)
- Länge: 134,57 m
- Breite: 17,34 m
- Tiefgang: 7,70
- Seitenhöhe: 11,38 m
- Verdrängung: 14.100 t
- Rauminhalt: 7176 BRT
- Tragfähigkeit: 10.500 t
- Ladefähigkeit: 9146 t Stückgut in fünf Laderäumen
- Geschwindigkeit: 11 bis 11,5 kn (20 bis 21 km/h)
- Fahrbereich: 17.000 Seemeilen
Besatzung
Die typische Besatzung eines Liberty Schiffes bestand aus (Anzahl in Klammern):
- Kapitän
- 1. Offizier
- 2. Offizier
- 3. Offizier
- Funker
- Jungmann
- Bootsmann
- Schiffszimmermann
- Vollmatrose (6)
- Leichtmatrose (3)
- Zahlmeister
- Artillerieoffizier
- Unteroffizier
- Signalgast
- Artilleristen (18)
- Leitender Ingenieur
- 2. Ingenieur
- 3. Ingenieur
- Maschinenjunge
- Deckingenieur
- Schmierer (3)
- Feuerwehrmann/Donkeymen (3)
- Reiniger (2)
- Chefsteward
- Chefkoch
- 2. Koch & Bäcker
- Backschafter (3)
- Stewards (3)
- Tellerwäscher (2)
Museumsschiffe
S.S. Jeremiah O´Brien
Die National Liberty Ship Memorial, Inc. (gegründet 1978) war auf der Suche nach einem im Original erhaltenen Liberty-Schiff, das restauriert und für die Nachwelt erhalten werden sollte. Schließlich wurde die S.S. Jeremiah O´Brien gefunden, die die Jahre überstanden hatte. Zu besichtigen ist das Schiff an Pier 45 in San Francisco (Kalifornien), wenn sie nicht gerade auf ihrer jährlichen Fahrt ist, die sie zweimal im Jahr um die Bucht von San Francisco führt. Von über 5000 Schiffen, die 1994 im Andenken an die Operation Overlord an die Küste der Normandie fuhren, war die O´Brien das einzige, das im Jahre 1944 an der Operation teilgenommen hatte.
S.S. John W. Brown
Ein weiteres Museumsschiff liegt in Baltimore (Maryland, USA) am Pier 1. Die S.S. John W. Brown wurde u. a. mit Hilfe der National Maritime Historical Society hergerichtet und erhalten. Ende der 1980er-Jahre wurde das Project Liberty Ship Baltimore gegründet (setzt sich ausschließlich aus Freiwilligen zusammen), das sich mit der Erhaltung des Museumsschiffes befasst und auch Fahrten unternimmt.
Literatur
- A. Wetterhahn: US Standard-Fracht- und Passagierschiffe/US Standard Cargo and Passenger Ships 1938–1956, Hamburg 1957 (Eckardt & Messtorff Verlag)
- Philip Kaplan & Jack Currie: Konvoi – Handels-Seeleute im Krieg 1939–1945, Verlag E.S. Mittler & Sohn, 224 Seiten, ISBN 3-81320-575-4
Weblinks
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