- Antolin
-
Antolin ist ein web-basiertes Programm zur Leseförderung in Schulen (Siehe auch Web Based Training).
Inhaltsverzeichnis
Programm
Das Programm wendet sich in erster Linie an Schulen, pädagogische Einrichtungen und an Büchereien. Schüler können nur über ihre Lehrer teilnehmen, die sich bei Antolin anmelden und für ihre Schüler Punktekonten einrichten.
Entwickelt wurde Antolin von Albert Hoffmann [1][2], einem Lehrer der Volksschule Witzmannsberg bei Passau. Es wurde im September 2001 erstmalig ins Netz gestellt. Ziel des Programms ist es, die Anziehungskraft des Computers auf Kinder zu nutzen, um diese zum Lesen zu animieren. Durch die Beantwortung von Quizfragen zu gelesenen Büchern können Schüler via Internet Punkte sammeln. Die Lehrer verfolgen mittels statistischer Auswertungen die Leseaktivität und das Leseverständnis ihrer Schüler.
In den Vereinigten Staaten bietet das Softwareunternehmen Renaissance Learning ein ähnliches Programm bereits seit 1985 an; es trägt dort den Namen Accelerated Reader.[3] Während jedoch bei Accelerated Reader der Schwerpunkt beim sog. Reading Assessment liegt (d.h. der Kontrolle durch den Lehrer, ob ein Schüler ein Buch gelesen hat), steht bei Antolin die Lesemotivation im Mittelpunkt.[4] Antolin versucht daher auch durch Buchempfehlungen, Meinungsumfragen zu einer Geschichte, oder Hintergrundinformationen zu Autoren die Begeisterung für Literatur zu wecken.
Funktion
Antolin funktioniert nach dem Prinzip der Lernzielkontrolle. Nachdem ein Schüler ein bei Antolin aufgelistetes Buch gelesen hat, meldet er sich an seinem individuellen Internet-Konto an. Dem Kind werden zwischen fünf und fünfzehn Fragen nach dem Multiple Choice Verfahren gestellt. Richtige Antworten werden mit Pluspunkten, falsche mit Minuspunkten gezählt und das Ergebnis im Schülerkonto gespeichert. Die Fragen setzen ein intensives Lesen voraus.
Eltern und Lehrern wurde mit Antolin Mittel zur Verfügung gestellt, die Lektüre und das Leseverstehen ihrer Kinder bzw. Schüler mit dem Computer zu verfolgen. Lehrer bekommen eine detaillierte Übersicht über die Leseaktivität der Klasse und der einzelnen Schüler. In einigen Schulen sind Antolin-Lesestunden bereits festes Programm im Stundenplan.
Sofern die Lehrkraft es so vorsieht, können die Kinder der Schulklasse auch in den Schulferien Punkte sammeln. Für jedes Buch hat der Schüler nur einen Versuch, die Fragen zu beantworten; lediglich der Lehrer hat die für Ausnahmefälle vorgesehene Möglichkeit, für vorgegebene Bücher einen erneuten Versuch zu erlauben. Antolin kann auch über die Grundschulzeit hinaus in der Sekundarstufe genutzt werden, sofern die Lehrkraft der Grundschule die Schüler einzeln an die Lehrkraft der weiterführenden Schule übergibt und diese die Schüler anschließend freischaltet. Dabei bleiben die Zugangsdaten und Punktestände der Schüler erhalten.
Auch für den Englischunterricht in Grund- und Hauptschulen ist Antolin anwendbar. Hier müssen die Lektürefragen in Englisch beantwortet werden.
Betrieb
Antolin wird vom Schroedel Verlag betrieben. Die Zahl der Antolin-Schulen in NRW stieg bis zum Sommer 2006 auf 2.000, so das NRW-Schulministerium. Nach Angaben des Herausgebers wird das System von etwa 2,1 Millionen Schülern in Deutschland, Österreich und der Schweiz genutzt und enthält Quizfragen zu über 40.000 Büchern der Kinder- und Jugendliteratur (Stand: Oktober 2011). Schüler/innen haben mehr als 100 Millionen Fragesätze bearbeitet (Stand: Oktober 2011). Schwerpunkt liegt bei den Klassen 1 bis 6[5].
Kritik
Problematisch ist, dass mit Antolin die intrinsische Motivation - das Bücherlesen um seiner selbst willen - durch ein externes Anreizsystem ersetzt wird. Während sich in der Pädagogik sonst die Auffassung durchgesetzt hat, dass Belohnungen und Strafen für mehr oder weniger Leistung die Lernfreude eher bremsen, funktioniert Antolin nach einem Bonussystem, das sonst vor allem aus der Berufswelt der Erwachsenen bekannt ist. Tatsächlich sind es auch wirtschaftsnahe Interessenverbände, etwa die Stiftung der Wirtschaft und der Landesregierung Nordrhein-Westfalen "Partner für Schule.nrw", die Antolin "möglichst flächendeckend" einführen wollen und das finanziell fördern.[6]
Die Auswahl der in Antolin verfügbaren Bücher bedeutet bei erfolgreicher Einführung de facto eine Vorzensur. Die meisten älteren und viele aktuelle Bücher sind nicht enthalten, was bei Kindern, die Antolin ernst nehmen, das Interesse an diesen Büchern stark sinken lässt. In mancher Hinsicht wird das von Antolin proklamierte Ziel der Leseförderung geradezu konterkariert, wenn nicht die Qualitäten eines Buch, sondern sein (Nicht-) Vorhandensein in Antolin die Motivation ausmacht. Diese Bedenken sind unabhängig von der Frage, ob die Auswahl der vorhandenen Büchern (etwa durch Verlage) gezielt gesteuert wird.
Antolin ist aus datenschutzrechtlicher Sicht fragwürdig, da personenbezogene Daten der Schüler an eine nichtöffentliche Stelle, den Betreiber, weitergegeben werden (vgl. z. B. § 11 LDSG-SH). Es kann ein Profil der vermeintlichen Leseleistung der Schüler in privater Hand erstellt werden, dessen weitere Nutzung nicht der Aufsicht staatlicher Stellen unterliegt.
Siehe auch
Weblinks
- Antolin
- Staatliche Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen des Freistaates Bayern
- Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen
- Artikel über Antolin auf Lehrer-Online
- Videotutorial, welches einen kurzen Einblick in die Funktionen von Antolin.de gibt
Einzelnachweise
- ↑ Impressum von Antolin.de
- ↑ Private Homepage
- ↑ Accelerated Reader
- ↑ antolin.de: Was ist Antolin?, Zugriff am 16. April 2011
- ↑ Statistik - Antolin in Zahlen ... Abgerufen am 5. November 2011.
- ↑ [www.partner-fuer-schule.de/antolin.php Leseförderung mit Antolin.] Abgerufen am 8. September 2011.
Wikimedia Foundation.