Low Culture

Low Culture

Das Begriffspaar High & Low (Hoch und niedrig; auch highbrow und lowbrow) wird in der Kulturwissenschaft verwendet, um das Spannungsverhältnis zwischen anspruchsvoller, literarisch hochstehender Kunst und trivialer, populärer Kunst zu beschreiben, wobei dieser traditionelle Gegensatz zugleich in Frage gestellt oder ironisiert wird.

Der Streit um die Abgrenzung von E- und U-Kultur (ernster und unterhaltender Kultur), klassischer und populärer, elitärer und trivialer Kunst währt schon seit Jahrhunderten, hat aber durch postmoderne und kulturkritische Theorien eine neue Brisanz gewonnen, da zunehmend die Trennung von High und Low als künstlich, fragwürdig und nicht haltbar empfunden wird und der heutigen Rezeption von Kunst nicht mehr entspricht. Zudem sind literarische Wertungen dem Zeitgeist unterworfen, wie sich etwa anhand der Romane von David Herbert Lawrence (Lady Chatterley) oder den Werken von Andy Warhol zeigt - zu ihrer Entstehungszeit galten Lawrences Romane und Warhols Bilder als trivial und provokant, während sie heute der Hochkultur zugerechnet werden. Auch Hochkultur kann eine Umwertung erfahren, wie etwa die Opern von Richard Wagner, die im 19. Jahrhundert und im Nationalsozialismus überhöht wurden, heute aber sehr viel differenzierter wahrgenommen und teilweise als Kitsch empfunden werden.

Die postmoderne Literaturwissenschaft, u.a. vertreten durch Leslie Fiedler, fordert deshalb eine veränderte Wahrnehmung von Anspruch und Trivialem sowie deren gezielte Vermischung. Fiedlers berühmter Essay Cross the border - Close the gap (1972) propagiert eine Ablösung der Hochliteratur durch verstärkte Annäherung an vermeintlich triviale Genres wie den Western, den Kriminalroman oder die Pornographie. Anerkannte Autoren wie Philip Roth, Salman Rushdie und Thomas Pynchon haben dies längst berücksichtigt und zeigen Genreeinflüsse durch die Science Fiction, die Fantasy oder den US-amerikanischen Beat.

Aber auch in der Unterhaltungsliteratur findet eine stetige Annäherung an die Hochkultur statt. So werden in einzelnen Star Trek-Folgen Philosophen und anerkannte Literaten erwähnt (oder tauchen persönlich auf), Krimiautoren spielen mit postmodernen Konstruktionen, und einzelne Werke der Science Fiction, des Horrors oder der Fantasy werden längst der Weltliteratur zugerechnet. Die Begriffe High & Low - in ihrer postmodernen, ironisierenden Bedeutung - lassen sich deshalb nicht mehr als wertend verstehen, sondern verweisen auf die unterschiedliche Herstellung, Rezeption, Vermarktung und Breitenwirkung unterschiedlicher kultureller Werke. Ziel ist dabei eine wirklichkeitsnahe Einordnung moderner Literatur, Musik, Kunst oder Architektur, die ökonomische und medienkritische Aspekte miteinbezieht.

Merkmale der High Culture

Nach einer solchen modernen bzw. postmodernen Definition richtet sich High Culture an ein belesenes, oft studiertes internationales Publikum der gehobenen Mittel- und Oberschicht und setzt dabei entsprechendes Vorwissen über politische, historische und soziale Diskurse voraus. Die Vermarktung erfolgt oft unter Bezugnahme auf seriöse Kritiker, die in Zeitungen oder Magazinen fundierte Besprechungen des entsprechenden Kulturguts einstellen. Vor allem das Feuilleton ist für die Rezeption der High Culture von Bedeutung. Als Wertmaßstäbe gelten Anspruch, Originalität, Exklusivität, Stil und technische Perfektion, weswegen sich High Culture oft, aber nicht immer, an ein Fachpublikum wendet, das mit den entsprechenden Rezeptionsmustern vertraut ist. Dies trifft unter anderem auf Klassische Musik oder die Moderne Kunst zu, mit denen nicht zuletzt ein besonderer Habitus verknüpft ist. Entsprechend wichtig ist die äußere Erscheinung des Kulturguts: beim Buch etwa wird die teurere Hardcoverbindung präferiert, auf klassischen Konzerten oder in der Oper Wert auf gute Kleidung gelegt. Herstellungskosten und Preise sind meist gehoben bis exquisit.

Merkmale der Low Culture

Im Gegensatz dazu richtet sich Low Culture meist an ein breiteres, schichtübergreifendes Publikum, wobei die Beachtung des internationalen Massengeschmacks und die Wahrung kultureller und individueller Eigenheiten im Sinne einer postfordistischen Vermarktungsstrategie ineinandergreifen. Diese kann globale Werbekampagnen, aber auch Mundpropaganda beinhalten, je nach Art des Produkts. So werden Popmusik und Alternative Music oft von demselben Musikkonzern unterschiedlich vermarktet. Als Wertmaßstäbe gelten Wiedererkennbarkeit, Spannung, Aktualität und nicht zuletzt Erschwinglichkeit, um auch der Unterschicht den Zugang zum kulturellen Gut zu erleichtern. Oft setzt Low Culture mit seinen vielen popkulturellen Verweisen und Anspielungen ein reiches Vorwissen voraus, das sich unter anderem auf Comics, Computerspiele, Kino, Pop und Netzkultur bezieht. Ein häufiges Merkmal Low Culture ist der Seriencharakter, der oft zu der Entstehung von Subkulturen bzw. Szenen führt, die ähnlich hermetisch sind wie in der High Culture. Bei der Produktion von Low Culture wird in der Regel ein niedriger Preis angestrebt, etwa in der Literatur durch Taschenbucheditionen, in der Popmusik durch Sampler und in der Mode durch Serienproduktion. Der anhaltende Erfolg führt aber oft auch zu teuren Luxuseditionen für Fans, etwa erweiterten Hardcoverausgaben oder den Luxusvarianten von Zeitschriften und DVDs.

Literatur

  • Reinhold Grimm, High and Low cultures: : German attempts at mediation, Madison, Wis. 1994.
  • Leslie Fiedler, 'Cross the border - Close the gap (1972).
  • Jochen Schulte-Sasse, Literarische Wertung, Stuttgart 1976.
  • Manon Maren-Griesbach, Theorie und Praxis literarischer Wertung, München 1974.

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