Luftdruckgewehr

Luftdruckgewehr

Luftgewehre sind Gewehre, die ein Geschoss durch die Ausdehnung von komprimiertem Gas antreiben. Im Unterschied zu Feuerwaffen wird das unter Druck stehende Gas nicht durch die Explosion einer Treibladung erzeugt, sondern innerhalb oder außerhalb der Waffe mechanisch verdichtet. Auch Waffen, bei denen das Geschoss mit einem anderen Gas als Luft angetrieben wird, werden zu den Druckluftwaffen gezählt. Zur Bereitstellung des komprimierten Gases werden verschiedene Verfahren genutzt.

Luftgewehre haben im Vergleich zu Handfeuerwaffen eine wesentlich geringere Leistung und sind militärisch kaum nutzbar. Sie sind aber zur Übung der Schießfertigkeit geeignet und wegen der geringen Betriebskosten und des vergleichsweise problemlosen Erwerbs beliebte Sportgeräte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Druckluftwaffen wurden seit langer Zeit immer wieder von verschiedenen Erfindern und Büchsenmachern gebaut. Als die frühesten Entwürfe (um 250 v. Chr.) gelten die des griechischen Ingenieurs Ktesibios von Alexandria (ca. 285 bis 222 v. Chr.), auf die es aber nur wenige philologische Hinweise gibt. Die älteste erhaltene Windbüchse stammt ungefähr aus dem Jahre 1580. Als Sportgerät im modernen Sinne wurden Luftgewehre zuerst in den USA in der Zeit nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg populär, als sie in shooting galleries („Schießbuden“) weite Verbreitung fanden. Ende des 19. Jahrhunderts ließ sich der Franzose Paul Giffard die ersten CO2-Systeme patentieren. Luftgewehre wurden in der Vergangenheit in geringem Umfang auch militärisch eingesetzt (z. B. Girandoni-Windbüchse Modell 1780) und dienen heute hauptsächlich der Jagd auf kleine Vorrats- oder Ernteschädlinge, der Unterhaltung (z. B. auf Rummelplätzen) und zu Wettkampfzwecken.

Funktionsprinzipien

Systeme mit Federspeicher

Luftgewehr Weihrauch HW 77, Spannhebel parallel unter dem Lauf

Eine starke Feder wird vor dem Schuss gespannt und drückt beim Auslösen des Schusses einen Kolben nach vorn (vergleichbar mit einer Luftpumpe). Die vom Kolben auf bis um 150 Bar komprimierte Luft treibt das Geschoss an. Dieses Prinzip ist bei Freizeitwaffen weit verbreitet, weil die Konstruktion einfach und robust ist und außer für die Geschosse kaum Kosten anfallen. Außer durch eine Feder kann der Kolben auch durch ein beim Spannen zusammengedrücktes Luftpolster angetrieben werden (Gas-Ram-System). Analog zu den Systemen mit Stahlfeder wird der Kolben beim Auslösen des Schusses durch dieses Luftpolster nach vorn getrieben.

Bei vielen Freizeitwaffen fungiert der Lauf als Spannhebel für die Feder (Kipp- oder Knicklaufsysteme), bei einigen Modellen sitzt der Spannhebel parallel unterhalb des Laufes (z. B. Weihrauch HW 77). Andere Modelle haben einen Spannhebel seitlich am Waffengehäuse (Seitenspanner, z. B. Suhler Modell 312, Feinwerkbau Modell 300); es gab Spannhebel, die den Ladehebeln von Repetiergewehren glichen („Durchlader“, z. B. Suhler Sportmodell LG 49a, Anschütz 275) und bei frühen Konstruktionen wurden auch Kurbelmechanismen zum Spannen der Feder verwendet. Ein Nachteil der Federspeichersysteme ist der kräftige Prellschlag des Kompressionskolbens, der zu deutlichen Erschütterungen der Waffe bei der Schussentwicklung führt.

Um den Prellschlag zu vermindern, entwickelte das Dianawerk Anfang der 1960er-Jahre mit dem Modell 60 das Doppelkolbenprinzip, bei welchem der Prellschlag durch die Verwendung zweier gegenläufig arbeitender Kolben (Arbeits- und Leerkolben) fast vollständig aufgefangen wird. Es folgten die systemgleichen Modelle 65 und 66. Das letzte mit dieser Technik ausgerüstete Modell 75 wurde ausgesprochen populär. Das heutige Seitenspanner-Modell Diana 54 Airking basiert allerdings auf einem anderen Prinzip der Prellschlagdämpfung. Hier wird der Prellschlag durch ein federunterstützes Rücklaufsystem, ähnlich den FWB Modellen 150, 300 und 300S verhindert. Diese hatten allerdings den Nachteil, dass das System beim Schuss ca. 2–3 cm zurücklief.

Der Hersteller Anschütz brachte in den 1960er-Jahren mit seinem Modell 220 sein erstes prellschlaggedämpftes Modell heraus, bei diesem wird der Systemrücklauf durch ein Luftpolster aufgefangen, beim Nachfolger Modell 250 (1972) durch ein ölgedämpftes Polster. Beide Systeme konnten sich aber nicht gegen die Konkurrenz von Feinwerkbau und Diana durchsetzen, obwohl die Rücklaufbewegung der FWB-Modelle hier durch ein Einbringen des Rücklaufsystem in ein weiteres System (dieses trägt die Visierung) verhindert wurde. Diese Anschütz-Modelle waren nur prellschlaggedämpft. Der Prellschlag führte aber letztlich im Bereich der Wettkampfwaffen zu einer weitgehenden Verdrängung solcher Systeme durch Systeme mit Druckgasspeicher.

Systeme mit Druckgasspeicher

Bei diesen Systemen wird das komprimierte Gas durch einen an der Waffe befestigten Druckgasbehälter bereitgestellt. Das Gas wird entweder vor dem Schuss mittels einer eingebauten Pumpe verdichtet oder aus einem externen Behälter in den Druckspeicher der Waffe geleitet. Bei CO2-Systemen wird eine Patrone oder Kartusche mit druckverflüssigtem Kohlenstoffdioxid an der Waffe angebracht, welche das Druckgas bereitstellt. Bei allen Systemen mit Druckgasspeicher wird beim Schuss von einem Schlagstück ein Ventil kurz geöffnet, wodurch unter Druck stehendes Gas auf das Geschoss wirkt und es aus dem Lauf treibt. Durch das geringe Gewicht des Schlagstücks entstehen dabei kaum Erschütterungen, und durch das komprimiert bereitstehende Gas wird eine schnellere Schussentwicklung erreicht als bei Federspeichersystemen.

CO2-Systeme

Bei CO2-Systemen wird aus der Kartusche CO2 in einen kleinen Druckbehälter geleitet. Beim Schuss wird mit dem Inhalt dieses Behälters das Geschoss angetrieben. Anschließend strömt CO2 aus der Kartusche in den Behälter nach. In der Kartusche verdunstet flüssiges CO2, bis der Gleichgewichtsdruck wiederhergestellt ist. Der Druck bleibt daher konstant, solange sich flüssiges CO2 in der Kartusche befindet. Das ermöglicht eine gleichbleibende Schussleistung, weshalb dieses Prinzip auch bei Matchwaffen verwendet wird. Ein Nachteil ist die relativ hohe Temperaturabhängigkeit des Druckes in der CO2-Kartusche, was sich ungünstig auf die Trefferleistung auswirken kann. Weil das Spannen einer starken Feder entfällt, und wegen ihrer einfachen Handhabung kommen CO2-Systeme auch bei Freizeitwaffen in großem Umfang zum Einsatz.

Druckluftsysteme

Bei Systemen für Druckluft gibt es einerseits Pump- und Kompressionssysteme, bei denen der Druck durch eine eingebaute Handpumpe erzeugt wird, und andererseits Pressluftsysteme, bei denen Druckluft von außen in einen Drucklufttank in der Waffe gefüllt wird.

Pumpsysteme kamen schon bei den historischen Windbüchsen zur Anwendung und wurden immer wieder für Freizeit- und Jagdwaffen genutzt. Meist wird ein interner Drucktank durch eine bestimmte Anzahl von Pumpenhüben gefüllt, aus welchem dann Druckluft für einen oder mehrere Schüsse entnommen werden kann. Zum Beispiel musste das Luftreservoir der Girandoni-Windbüchse (1780) mit etwa 1500 Pumpstößen gefüllt werden und lieferte dann Druckluft für ca. 20 Schuss.
Bei Kompressionssystemen genügt eine einzige Bewegung des Pumpenhebels, um genügend Druckluft für jeweils einen Schuss zu erzeugen.

Luftgewehr mit Pressluft-Kartusche beim Auflage-Schießen

Bei Matchwaffen sind Pressluftsysteme weit verbreitet, bei denen aus einer Druckluftflasche von außen komprimierte Luft in einen eingebauten Druckluftspeicher gefüllt wird. Aus diesem Speicher wird über einen Druckminderer Luft in einen kleineren Behälter geführt, aus welchem die Druckluft für den nächsten Schuss entnommen wird. Durch den Druckminderer bleibt der Druck für jeden Schuss konstant, solange der Druck im Haupttank über dem am Druckminderer eingestellten Wert bleibt. Im Freizeitbereich und für jagdliche Zwecke spielen diese Systeme eine untergeordnete Rolle, da Bereitstellung und Handhabung von hochverdichteter Luft (200 bis 300 Bar) vergleichsweise aufwendig ist.

Zieleinrichtungen

Ursprünglich wurden zum Zielen bei Luftgewehren unbewegliche Kimme und Korn verwendet. Die Kimme besteht aus einer rechteckigen U-förmigen Aussparung am oberen hinteren Ende des Gewehrs. Das Korn ist an der Oberkante vorne am Lauf angebracht.

Beim Zielen muss das Korn mit seiner Oberkante eine Linie mit der Oberkante der Kimme bilden („gestrichen Korn“). Diese Linie muss nun unterhalb des Ringspiegels einer Schießscheibe angesetzt werden (man spricht hierbei von „aufsitzen lassen“ des Ringspiegels). Dabei soll das Korn gleichzeitig mittig unterhalb der Zehn auf der Schießscheibe angesetzt werden.

Diopter bei einem Wettkampf-Luftgewehr

Moderne Wettkampfwaffen im Schießsport besitzen genauere Zieleinrichtungen. Hinten sitzt auf dem Gewehr ein Diopter, und vorne am Lauf sitzt in einem Korntunnel ein so genanntes Ringkorn. Ringkörner gibt es in unterschiedlichen Größen, je nachdem wie viel vom Ringspiegel auf der Schießscheibe abgedeckt werden soll. Sie können in der Mitte zur Lichtfilterung eine farbige Einlage besitzen.

Der Schütze sieht durch das Diopter, das im wesentlichen aus einem Gehäuse mit einer runden Durchblicköffnung besteht. Oben auf dem Diopter und an der Seite sind Drehknöpfe, mit deren Hilfe sich das Diopter in Höhen- und Seitenlage sehr fein verstellen lässt. Der Schütze muss nun den Ringspiegel der Schießscheibe im Mittelkreis des Ringkornes zentrieren und anschließend beide Kreise in der Durchblicköffnung des Diopters zentrieren. Bei Auslösen des Schusses landet das Geschoss dann in der Zehn auf der Schießscheibe (soweit die Theorie).

Außerhalb des Schießsportes werden Zielfernrohre an Luftgewehren im Freizeitbereich gerne eingesetzt. Bei Knicklaufgewehren ergibt sich in der Regel eine Höhenstreuung, wenn der Lauf nicht präzise verriegelt wird. Optimal wirken Zielfernrohre an Luftgewehren mit feststehendem Lauf und separatem Spannhebel, wie dem HW77.

Schalldämpfer

Seit Einführung des neuen Waffengesetzes dürfen in Deutschland an freie Luftgewehre (bis 7,5 Joule) auch Schalldämpfer montiert werden. Dabei gilt: Der Schalldämpfer ist frei zu erwerben, wenn die Waffe, für welche er bestimmt ist, ebenfalls frei ist (mit F-Zeichen). Optimale Ergebnisse werden mit Preßluftwaffen (z. B. HW100) oder CO2-Waffen erreicht. Bei Federkolbensystemen sind Schalldämpfer nicht ganz so effektiv, weil die mechanischen Geräusche der Waffe nicht vermindert werden. In Österreich sind Schalldämpfer generell nach dem Waffengesetz verbotene Gegenstände und dürfen somit auch nicht an Luftgewehren, unabhängig von deren Leistung, montiert werden.

Verwendete Kaliber und Geschosse

Diabolos und Federbolzen (Haarbolzen) Kaliber 4,5 mm
Wettkampf im Luftgewehrschießen

Luftgewehre werden in verschiedenen Kalibern gefertigt und verschießen hauptsächlich „Diabolos“ genannte Geschosse. Das verbreitetste Kaliber im Sportschießen ist 4,5 mm, die nichtmetrische Bezeichnung ist .177 (0,177 Inch), häufige andere Kaliber von Diabolos sind 5,5 mm (.22), 6,35 mm (.25) und 5 mm (.20). Vor allem sogenannte Durchlader mit Magazin sind meist für Rundkugeln („Punktkugeln“) im Kaliber 4,4 mm eingerichtet, die aus Blei hergestellt werden. Manche Freizeitmodelle verschießen kupfer- oder aluminiumbeschichtete Stahlkugeln im Kaliber 4,5 mm. Solche Waffen sind im englischsprachigen Raum als BB-Guns recht populär. Die Abkürzung BB steht dabei für ball bearing (Kugellager), was auf die ursprüngliche Herkunft dieser Geschosse hinweist. Die Läufe dieser Waffen haben im Allgemeinen keine Züge, was sich wegen des fehlenden Dralls ungünstig auf die Trefferleistung auswirkt. Gewehre für solche Kugeln werden deshalb in der Regel nur auf kurze Distanz an Jahrmarktsbuden geschossen.

Zum Schießen auf Zimmerdistanz auf Zielscheiben ähnlich einer Dartzielscheibe werden auch sogenannte „Federbolzen“ oder „Haarbolzen“ eingesetzt. Federbolzen bestehen aus einem spitzen Stahlstift, der durch ein Faserbüschel an der Rückseite aerodynamisch stabilisiert wird. Die Fasern sind im Allgemeinen zur Identifikation der Mitspieler unterschiedlich eingefärbt. Der Stahlkörper der Federbolzen kann die Züge eines Waffenlaufes beschädigen und so die Treffgenauigkeit beeinträchtigen, weshalb Federbolzen nur aus dafür ausgelegten Waffen mit glatter (zugloser) Laufbohrung verschossen werden sollten.

Waffenrechtlicher Hinweis (Deutschland)

In Deutschland sind Druckluftwaffen bis zu einer Mündungsenergie von 7,5 Joule an Personen ab 18 Jahre frei verkäuflich (Erwerb), sofern sie den „F-im-Fünfeck“-Stempel tragen. Für das Führen von Druckluftwaffen in der Öffentlichkeit ist ein Waffenschein Voraussetzung. Der Transport einer nicht schussbereiten und nicht zugriffsbereiten (verpackten) Waffe z.B. zu einem Schützenhaus oder anderen Schießsportstätten gilt als erlaubnisfreies Führen und ist statthaft, ebenso ist das Schießen auf privaten Grundstücken erlaubnisfrei. Beim Schießen mit Druckluftwaffen muss gewährleistet sein, dass Geschosse einen befriedeten Bereich, also im Allgemeinen das Grundstück, nicht verlassen können (WaffG, §12 (Ausnahme von Erlaubnispflichten), Abs. (4), 1a)). Außerdem darf die Mündungsenergie nicht mehr als 7,5 Joule betragen. Das Mindestalter für das Schießen mit Druckluftwaffen im Schießsport beträgt in Deutschland 12 Jahre, mit Ausnahmegenehmigungen auch schon ab 10 Jahren.

Für den Erwerb von Waffen mit einer höheren Mündungsenergie als 7,5 Joule, sogenannte Weitschussluftgewehre, ist laut Waffengesetz eine Erwerbsberechtigung notwendig. Diese wird erst bei nachgewiesenem Bedarf und nach einer Sachkundeprüfung ausgestellt. Informationen hierzu können in Deutschland die Sportwarte von Schützenvereinen geben. Dies gilt jedoch nicht für Luftgewehre, die vor dem 1. Januar 1970 in der BRD oder vor dem 2. April 1991 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR hergestellt und in den Handel gebracht worden sind (WaffG, Anlage 2, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2, Nr. 1.2); diese können ungeachtet ihrer Mündungsenergie und/oder des Vorhandenseins eines „F-im-Fünfeck“-Stempels gleichfalls frei erworben und besessen werden.

Die Aufbewahrungsvorschriften für Waffen gelten auch für Luftgewehre.

Waffenrechtlicher Hinweis (Österreich)

In Österreich sind Luftgewehre bis zu einem Kaliber von 6 mm ab 18 Jahren frei erhältlich, eine Energiebeschränkung gibt es nicht. Auch das in Deutschland erforderliche Prüfzeichen „F-im-Fünfeck“ ist nicht erforderlich. Luftgewehre mit einem Kaliber größer 6 mm unterliegen der waffenrechtlichen Kategorie C und sind somit meldepflichtig (nach wie vor ab 18 Jahren, Meldung bei einem Büchsenmacher/Waffenhändler erforderlich). Das Schießen mit Luftgewehren ist auf dem eigenen Gelände möglich, allerdings muss gewährleistet werden, dass kein Projektil das Grundstück verlassen kann. Personen unter 18 Jahren dürfen auch nicht unter der Aufsicht Erwachsener zu Hause mit Luftgewehren hantieren. In Österreich sind Schalldämpfer generell verboten, auch die in Deutschland verbreiteten, freien Modelle für „F-im-Fünfeck“-Waffen sind davon betroffen.

Siehe auch

Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

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