Machsches Prinzip

Machsches Prinzip

Das Machsche Prinzip beschreibt im Kern die Auffassung, dass es sinnlos ist, von einer Bewegung eines Körpers bezogen auf einen absoluten Raum zu sprechen, sondern dass letztlich nur Bewegungen in Bezug zu allen anderen Körpern des Universums bedeutend sind.

Inhaltsverzeichnis

Historischer Zusammenhang und Gegenkonzepte

Obwohl nach Ernst Mach benannt, ist der Kerngedanke des Prinzips, die Ablehnung des absoluten Raumes als eigenständige Entität bzw. die Annahme der Körper als einzig real existierende physikalische Entitäten, lange vor Mach vertreten worden. Beispielsweise vertraten Leibniz oder viel früher bereits Aristoteles ähnliche Ideen. Demgegenüber wurde die alternative Vorstellung, in der der absolute Raum und die Körper jeweils eigene Entitäten sind, bereits von Demokrit vertreten. Als dritte Richtung kann die Auffassung unterschieden werden, die von der alleinigen Existenz des Raumes ausgeht und die materiellen Körper darin nicht als eigenständige Entitäten auffasst, sondern diese letztlich auf geometrische Eigenschaften des Raumes reduzieren will.

Wegen der nur schwierig exakt formulierbaren Kernaussage des Machschen Prinzips gibt es heute eine Vielzahl von Versionen und verschiedenen konkreten Formulierungen des Machschen Prinzips, welche nicht zueinander äquivalent sind.

Newtons Eimer-Experiment und Machs Kritik

Besonders Newton vertrat die Existenz des absoluten Raumes und einer absoluten Zeit und begründete sie in seiner Philosophiae Naturalis Principia Mathematica mit dem Eimer-Experiment. Man könne demnach immer nachweisen, ob das Wasser in einem Eimer sich um seine Rotationsachse relativ zu einem absoluten Raume drehe, da in diesem Fall die Oberfläche des Wassers ein Rotationsparaboloid bilde, egal ob der Eimer selbst sich mitdrehe oder nicht.

Machs Einwand gegen dieses Gedankenexperiment ist, dass Newton den Einfluss der übrigen Materie des Universums auf das Wasser nicht berücksichtige. Newtons Experiment wäre nur in einem ansonsten leeren Universum von Bedeutung. Im realen Universum, in dem Materie vorhanden ist, sei statt einer Rotation relativ zu einem absoluten Raum, wie von Newton behauptet, nur eine Rotation bezogen auf die übrigen Himmelskörper für das Experiment von Bedeutung:

Der Versuch Newton’s mit dem rotirenden Wassergefäss lehrt nur, dass die Relativdrehung des Wassers gegen die  G e f ä s s w ä n d e  keine merklichen Centrifugalkräfte weckt, dass dieselben aber durch die Relativdrehung gegen die Masse der Erde und die übrigen Himmelskörper geweckt werden. Niemand kann sagen, wie der Versuch verlaufen würde, wenn die Gefässwände immer dicker und massiger, zuletzt mehrere Meilen dick würden. Es liegt nur der eine Versuch vor, und wir haben denselben mit den übrigen uns bekannten Thatsachen, nicht aber mit unsern willkürlichen Dichtungen in Einklang zu bringen.[1]

Mach erwähnt hier also auch ein abgewandeltes Gedankenexperiment, in dem die Wände des Eimers extrem verdickt würden, und deutet die Möglichkeit an, dass in diesem Fall das Mitrotieren des Eimers einen Einfluss auf die Wasseroberfläche hätte. Damit ist Mach der erste, der den Lense-Thirring-Effekt lokal rotierender Massen in Erwägung zieht, der Einfluss auf das Trägheitsverhalten von Körpern in der Umgebung dieser rotierenden Massen haben könnte.

Machs Prinzip und die Allgemeine Relativitätstheorie

Das Prinzip wurde von Albert Einstein 1918 nach Ernst Mach benannt, der es in seinem Buch Die Mechanik in ihrer Entwickelung vertreten hatte. Das Machsche Prinzip motivierte und leitete Einstein bei der Entwicklung der allgemeinen Relativitätstheorie. Allerdings erwies sie sich später als nicht vereinbar mit einigen konkreten Formulierungen des Machschen Prinzips. Es ist fraglich, ob andere Formulierungen des Machschen Prinzips mit der Relativitätstheorie vereinbar sind.

Literatur

  • Hans-Jürgen Treder: Die Relativität der Trägheit, Akademie-Verlag, Berlin 1972
  • Hans-Jürgen Treder: Über Prinzipien der Dynamik von Einstein, Hertz, Mach und Poincaré, Akademie-Verlag, Berlin 1974
  • Ulrich Bleyer, Dierck-Ekkehard Liebscher: Vom Newtonschen Eimerversuch zur Quantentheorie des Universums: Das Machsche Prinzip (PDF-Datei; 117 kB), 1993
  • Julian B. Barbour, Herbert Pfister (Hrsg.): Mach’s Principle. From Newton’s Bucket to Quantum Gravity. Birkhäuser, 1995, ISBN 0-8176-3823-7 (englisch)
  • Hermann Bondi, Joseph Samuel: The Lense-Thirring effect and Mach’s principle, Physics Letters A 228, 1997, S. 121–126 (englisch; arXiv:gr-qc/9607009; hier werden verschiedene Versionen des Machschen Prinzips dargestellt)
  • Herbert Lichtenegger, Bahram Mashhoon: Mach’s Principle, Kapitel 2 von Lorenzo Iorio (Hrsg.): The Measurement of Gravitomagnetism. A Challenging Enterprise, Nova Science, New York 2007, ISBN 1-60021-002-3, S. 13–25 (englisch; arXiv:physics/0407078)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Mach: Die Mechanik in ihrer Entwickelung, F. A. Brockhaus, Leipzig 1883, S. 216/217 (Zitat in Originalschreibweise)

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