- Magnetoplasmadynamischer Antrieb
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Ein magnetoplasmadynamischer Antrieb, auch MPD-Antrieb (engl. MPD-Drive) genannt, ist ein bis jetzt nur in Prototypform realisierter und bisher erst auf dem Boden getesteter Antriebsmechanismus für Weltraumfahrzeuge.
Er nutzt die Lorentz-Kraft, welche die Wechselwirkung zwischen einem Magnetfeld und elektrischem Strom beschreibt, und wird daher auch Lorentz Force Accelerator (LFA) genannt. MPD Antriebe stellen eine Weiterentwicklung des Ionenantriebs dar und sollen höhere Effizienz und Flexibilität bieten, benötigen aber zum Betrieb hohe elektrische Leistungen.
Inhaltsverzeichnis
Technik
MPD-Triebwerke bestehen aus einer trichterförmigen Anode, in deren Mitte eine stabförmige Kathode angebracht ist. Wird Spannung zwischen beiden Elektroden angelegt, wird die sich im Trichter befindende Stützmasse ionisiert und erlaubt so einen Stromfluss radial durch das Gas zur Kathode. Durch den Stromfluss wird nun ein starkes Magnetfeld erzeugt. Die Wechselwirkung zwischen dem elektrisch erzeugten Magnetfeld um die Brennkammer und den ionisierten Plasmateilchen beschleunigt diese in axialer Richtung und lässt sie mit sehr hoher Geschwindigkeit entweichen. Durch den dabei wirksamen Impuls entsteht die Schubkraft.
Als Grundlage für das Plasma eignen sich vor allem Argon, Lithium und Wasserstoff. In Versuchslabors wurden bereits unter Nutzung eines externen Magnetfeldes bei einem MPD-Antrieb Austrittsgeschwindigkeiten von 144 000 Kilometer pro Stunde (40 km/s) erreicht.
VASIMR
Eine Variante des magnetoplasmadynamischen Antriebes wird von dem US-Unternehmen Ad Astra Rocket Company entwickelt. Leiter ist der frühere, siebenfache NASA-Astronaut und Plasmaphysiker Franklin Ramon Chang-Diaz, der das Konzept schon 1979 bei seiner Arbeit am MIT entwickelte.
Bei VASIMR oder Variable specific impulse magnetoplasma rocket erfolgen
- die Erzeugung des Plasma,
- dessen weitere Erhitzung und
- Beschleunigung in der Düse
in drei getrennten Kammern.
Damit ist eine Variation des Verhältnisses zwischen spezifischem Impuls und Schub möglich, analog zu der Getriebeschaltung eines Radfahrzeugs. Ein Raumfahrzeug könnte damit etwa zum Verlassen des Schwerefeldes eines Planeten einen hohen Schub erzeugen, um dann eine längere Strecke mit hoher Geschwindigkeit zurück zu legen.
VASIMR könnte somit perspektivisch eine deutlich höhere Effizienz als herkömmliche Raumschiffantriebe bieten, die Reisezeiten beim Raumflug innerhalb des Sonnensystems auf Monats- oder gar Wochenzeitspannen verkürzen und damit auch für den Menschen praktikabel machen.
Aktueller Entwicklungsstand
Als Entwickler von VASIMR ist das US-Unternehmen Ad Astra tätig, das aktuell durch Vergrößerung der Leistung daran arbeitet, den Gesamtwirkungsgrad zu verbessern; demnach werden aktuell 67 % erreicht. Die Veröffentlichungen über das VX-50 Aggregat, das 50 kW Radiowellen-Leistung einsetzt, berechnen einen Wirkungsgrad von knapp 59 % wie folgt:
Das Modell VX-100 soll einen Gesamtwirkungsgrad von 72 % durch Verbesserung der NB ion speed boosting efficiency auf 80 % erreichen.[1][2]
Im Oktober 2008 berichtete das Unternehmen, dass der VX-200 helicon Motor in der ersten Stufe, ein solid-state Hochfrequenz Leistungskoppler, einsatzbereit sei. Die Schlüsseltechnologie dazu, die Gleichstrom-Radiowellen-Umsetzung (solid-state DC-RF) erreiche hier einen Wirkungsgrad von 98 %.
Die Helicon-Entladung verwendet hier 30 kW Radiowellen, um ein Argon-Plasma zu erzeugen. Die weiteren 170 kW werden eingesetzt, um das Plasma in dem zweiten Abschnitt zu beschleunigen, wozu ion cyclotron resonance heating (s. a. Zyklotronresonanz) eingesetzt wird.[3]
ISS-Einsatz
Am 10. Dezember 2008 erhielt Ad Astra Company den Auftrag der NASA, den Einbau und Test eines einsatzbereiten VF-200-Motors mit 200 kW Leistung auf der Internationalen Raumstation (ISS) vorzunehmen. Mit dem VF-200-Motor kann die Höhe der Station gehalten werden, ohne wie bisher immer wieder Raketenbrennstoff zur ISS schaffen zu müssen. Der Start wird für 2014 erwartet.[4] Der ISS-VASIMR-Motor wird wegen der hohen Leistungsaufnahme im Pulsbetrieb arbeiten, wobei die 15 Minuten dauernden Lastzyklen durch Akkus gepuffert werden.
Basierend auf Tests des Vorgängers VX-100[5] erwartet man, dass der VF-200-Motor einen Wirkungsgrad von 60–65 % und einen Schub um 5 N erreicht. Der optimale spezifische Impuls wird um 5000 s erwartet, beim Einsatz von relativ günstigem Argon. Die spezifische Leistung wird auf 1,5 kg/kW geschätzt, womit dieser VASIMR Motor etwa 300 kg wiegt.
Zwischen April und September 2009 wurden weitere Tests an dem VX-200-Prototypen mit integrierten supraleitenden Magneten vorgenommen. Damit konnte die Erweiterung des Leistungsbereichs auf die Einsatzleistung von 200 kW gezeigt werden.[6]
Energiequelle
Die größte Herausforderung bei MPD- wie auch VASIMR-Entwicklungen besteht in der Erzeugung der elektrischen Leistung, die bei sinnvollen Anwendungen im Megawattbereich läge. Eine Umwandlung aus chemischer Energie würde den Gesamtwirkungsgrad wieder unter das Niveau von chemischen Antrieben senken, Solarpanels oder auch Isotopenbatterien bisheriger Auslegung erreichen diese Leistungen nicht. Die Planungen setzen somit auf Kernspaltung oder auch Kernfusion als künftige Energiequellen für Raumantriebe.
Siehe auch
Weblinks
- Allgemeine Erläuterung - Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart
- Technology Review: Zum Mars und noch viel weiter - Gespräch mit Diaz über VASIMR
- Ad Astra Rocket Company – Entwickler des VASIMR
- Presseerklärung zum Stand des VASIMR-VX-200-Prototypen (PDF-Datei; 91 kB)
- heise.de Newsticker – „Konkurrenz für Raketenantrieb“
- Naone,E.: Zum Mars und noch viel weiter. Technology Review, 28. September 2007
- [1] – „Russische Ionentriebwerke“
Einzelnachweise
- ↑ Recent Improvements In Ionization Costs And Ion Cyclotron Heating Efficiency In The VASIMR Engine (PDF). Abgerufen am 11. Januar 2011.
- ↑ High Power VASIMR Experiments (PDF). Abgerufen am 11. Januar 2011.
- ↑ Press Release: VASIMR VX-200 first stage achieves full power rating. (PDF). Abgerufen am 11. Januar 2011.
- ↑ http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/02062010150443.shtml, www.raumfahrer.net vom 2. Juni 2010
- ↑ Article: VASIMR Performance Measurements at Power Exceeding 50kW and Lunar Robotic Mission Applications. (PDF). Abgerufen am 11. Januar 2011.
- ↑ Press Release 011009, September 30,2009: VASIMR® VX-200 reaches 200 kW power milestone.. Abgerufen am 11. Januar 2011.
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