Marie Luise Freifrau Kaschnitz von Weinberg

Marie Luise Freifrau Kaschnitz von Weinberg

Marie Luise Kaschnitz, eigentlich Marie Luise Freifrau von Kaschnitz-Weinberg; geborene von Holzing-Berstett (* 31. Januar 1901 in Karlsruhe; † 10. Oktober 1974 in Rom) war eine deutsche Lyrikerin und Autorin von Erzählungen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Tochter eines Generalmajors wuchs in Potsdam und Berlin auf und wurde nach dem Abitur in Weimar zur Buchhändlerin ausgebildet (1922–1924) und arbeitete anschließend in einem Münchner Verlag und einem Antiquariat in Rom.

1925 heiratete sie den Archäologen Guido Kaschnitz von Weinberg, mit dem sie zahlreiche Reisen nach Frankreich, Italien und Griechenland unternahm und abwechselnd in Rom, Königsberg (Preußen), Marburg und Frankfurt am Main lebte. Von 1941 bis zu ihrem Tod lebte sie überwiegend in Frankfurt, wo ihr Mann einen Lehrstuhl für Archäologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität übernommen hatte. Nach dem Tod ihres Mannes 1958 zog sie sich zeitweise auf das Familiengut in Bollschweil bei Freiburg zurück.

Ihrem ersten Roman Liebe beginnt (1933), den Kaschnitz anlässlich eines Preisausschreibens des Verlags Cassirer schrieb, folgten Erzählungen, Essays und Gedichte, darunter Totentanz und Gedichte zur Zeit (1947), die ganz unter dem Eindruck der Kriegserfahrung standen, während sich in den folgenden Werken Zukunftsmusik (1950) und dem Zyklus Ewige Stadt (1952) eine zunehmende Tendenz zum Dialog des lyrischen Ichs mit der Gegenwart zeigt. In ihrem Spätwerk nahmen essayistische Aufzeichnungen und autobiographische Schriften eine zentrale Stellung ein. Nach den römischen Aufzeichnungen Engelsbrücke (1955) erschienen unter anderem Das Haus der Kindheit (1956) und Steht noch dahin. Neue Prosa (1970), in dem das Ich die Wirklichkeit und die eigene Identität zunehmend in Frage stellt.

Seit den 1950er Jahren wandte sich Kaschnitz verstärkt dem Hörspiel zu. 1955 wurde sie mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet und war 1960 Gastdozentin für Poetik an der Universität Frankfurt. Sie war unter anderem Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Bayerischen Akademie der schönen Künste.

Kaschnitz starb am 10. Oktober 1974 in Rom, wo sie ihre Tochter besucht hatte. Beigesetzt ist sie in Bollschweil, dem Ort des Familiensitzes, dem sie mit Beschreibung eines Dorfes (1966) ein literarisches Denkmal gesetzt hatte. An ihrem langjährigen Wohnhaus Wiesenau 8 im Frankfurter Westend erinnert eine Gedenktafel an sie. Ihr Nachlass befindet sich im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar.

Werke (Auswahl)

  • Liebe beginnt (Roman, 1933)
  • Elissa (Roman, 1936)
  • Menschen und Dinge 1945. Zwölf Essays (1946)
  • Gedichte (1947)
  • Totentanz und Gedichte zur Zeit (1947)
  • Zukunftsmusik (Gedichte, 1950)
  • Hiroshima (1951)
  • Das dicke Kind und andere Erzählungen (1952)
  • Ewige Stadt (1952)
  • Engelsbrücke. Römische Betrachtungen (1955)
  • Das Haus der Kindheit. Autobiographie (1956)
  • Lange Schatten (Erzählungen, 1960)
  • Dein Schweigen – meine Stimme (1962)
  • Hörspiele (1962)
  • Einer von zweien (1962)
  • Wohin denn ich : Aufzeichnungen (1963)
  • Überallnie (1965), Gedichte
  • Ein Wort weiter (1965)
  • Ferngespräche (Erzählungen, 1966)
  • Beschreibung eines Dorfes (1966)
  • Popp und Mingel (1967)
  • Ein Gedicht (1967)
  • Die fremde Stimme (1969)
  • Ein Ruhiges Haus (Kurzgeschichte)
  • Die Katze (Gedicht)
  • Genazzano (Gedicht)
  • Juni (Gedicht)
  • Orte Aufzeichnungen (1973)
  • Der alte Garten Ein Märchen (posthum erschienen 1975)

Auszeichnungen

Literatur

Biographien und Einführungen

  • Dagmar von Gersdorff: Marie Luise Kaschnitz. Eine Biographie. Insel, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-458-16342-5 (Taschenbuchausgabe: Insel, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-458-33587-0)
  • Elsbet Linpinsel: Marie Luise Kaschnitz. Leben und Werk. (= Dichter und Denker unserer Zeit; Folge 37). Claassen, Hamburg u. a. 1971
  • Elsbeth Pulver: Marie Luise Kaschnitz (= Autorenbücher; Bd. 40). C. H. Beck / Edition Text und Kritik, München 1984, ISBN 3-406-30145-2
  • Johanna Christiane Reichardt: Zeitgenossin. Marie Luise Kaschnitz. Eine Monographie. Lang, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-8204-5247-8 (zugleich Dissertation, Universität Frankfurt am Main 1984)
  • Uwe Schweikert: Marie Luise Kaschnitz. (= Suhrkamp-Taschenbuch; Materialien; Bd. 2047). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-38547-X
  • Interpretationen zu Marie Luise Kaschnitz. Erzählungen. (= Interpretationen zum Deutschunterricht). Oldenbourg, München 1969

Untersuchungen zu Einzelfragen

  • Jan Badewien, Hansgeorg Schmidt-Bergmann (Hrsg.): Marie Luise Kaschnitz. Eine sensible Zeitgenossin. (= Herrenalber Forum; Bd. 30). Evangelischer Presseverband für Baden, Karlsruhe 2002, ISBN 3-87210-130-7 (Sammlung von Beiträgen zu einer Tagung in Bad Herrenalb 2001)
  • Anita Baus: Standortbestimmung als Prozess. Eine Untersuchung zur Prosa von Marie Luise Kaschnitz. Bouvier, Bonn 1974, ISBN 3-416-00885-5 (zugleich Dissertation, Universität Saarbrücken 1971)
  • Petra Huber-Sauter: Das Ich in der autobiographischen Prosa von Marie Luise Kaschnitz. Dissertation, Universität Stuttgart 2004 (Volltext)
  • Johannes Østbø: Wirklichkeit als Herausforderung des Wortes. Engagement, poetologische Reflexion und dichterische Kommunikation bei Marie Luise Kaschnitz. (= Osloer Beiträge zur Germanistik; Bd. 17). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1996, ISBN 3-631-48215-9
  • Nikola Roßbach: „Jedes Kind ein Christkind, jedes Kind ein Mörder“. Kind- und Kindheitsmotivik im Werk von Marie-Luise Kaschnitz. Francke, Tübingen u. a. 1999, ISBN 3-7720-2744-X (zugleich Dissertation, RWTH Aachen 1997)
  • Adelheid Strack-Richter: Öffentliches und privates Engagement. Die Lyrik von Marie Luise Kaschnitz. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1979, ISBN 3-8204-6545-6 (zugleich Dissertation, University of Waterloo, Ontario)
  • Ulrike Suhr: Poesie als Sprache des Glaubens. Eine theologische Untersuchung des literarischen Werkes von Marie Luise Kaschnitz. (= Praktische Theologie heute; Bd. 8). Kolhhammer, Stuttgart u. a. 1992, ISBN 3-17-012008-5 (zugleich Dissertation, Universität Hamburg 1990)
  • Helga Vetter: Ichsuche. Die Tagebuchprosa von Marie Luise Kaschnitz. M und P Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 3-476-45053-8 (zugleich Dissertation, Universität Hannover 1994)

Weblinks


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