Matthäuskirche (Frankfurt)

Matthäuskirche (Frankfurt)
Die Matthäuskirche

Die Matthäuskirche (oder St.-Matthäus-Kirche) ist eine evangelische Kirche in Frankfurt am Main. Sie befindet sich im Stadtteil Gallus zwischen Messegelände und Hauptbahnhof an der Westseite der Friedrich-Ebert-Anlage.

Das Kirchengebäude wird von der evangelischen Hoffnungsgemeinde der EKHN, von der Rumänisch-Orthodoxen Exilgemeinde „Mutter Gottes“, der Gemeinde Hll. Kyprianos und Justina der Russisch-Orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat), einer äthiopischen und einer philippinischen Gemeinde genutzt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die alte Matthäuskirche kurz nach ihrer Einweihung 1905

Die Matthäuskirche wurde in den Jahren 1903 bis 1905 von dem Architekten Friedrich Pützer im neugotischen Stil errichtet. Sie war der zweite evangelische Kirchenneubau außerhalb der historischen Frankfurter Innenstadt – nach der Lutherkirche im Nordend – und die erste Kirche, die außer dem Gottesdienstraum auch Nebenräume der Gemeinde sowie Pfarrwohnungen unter einem Dach erhielt. Das Gemeindegebiet der Matthäuskirche umfasste das großbürgerliche südliche Westend sowie das kleinbürgerliche Gallusviertel. Von 1939 bis zur Zerstörung der Kirche im Zweiten Weltkrieg 1944 war Karl Veidt Pfarrer der Matthäusgemeinde.

Der 1952 bis 1955 nach Plänen von Oberbaurat Ernst Görcke aufgeführte Neubau orientierte sich am Konzept der alten Matthäuskirche, folgte aber der schlichten Formensprache der Nachkriegszeit. Vom Vorgängerbau blieben lediglich einige Teile des Erdgeschosses erhalten, die in den Neubau einbezogen wurden. Der weitgehend unversehrte Turm wurde etwa bis zur Hälfte abgetragen und die charakteristische Welsche Haube durch einen quaderförmischen Glockenstuhl ersetzt. Bei ihrer Einweihung 1955 war die Matthäuskirche mit 1250 Sitzplätzen die größte evangelische Kirche Frankfurts[2]

Als Folge des Strukturwandels in Wohnvierteln um die Innenstadt sank die Zahl der Gemeindeglieder seit Mitte der 1960er Jahre von ehemals über 12.000 auf weniger als 2.000 in den 1990er Jahren. Bereits in den 1970er Jahren wurde deshalb der Kirchenraum durch Umbauten etwa halbiert. Das südliche Seitenschiff und die Empore wurden in einen Kinderhort umgewandelt. 2002 schloss sich die Matthäusgemeinde mit der Evangelischen Gemeinde am Hauptbahnhof zusammen, die ihrerseits 1997 durch den Zusammenschluss der Weißfrauengemeinde und der Gutleutgemeinde entstanden war. Das Gemeindegebiet umfasst seitdem die Frankfurter Stadtteile Bahnhofsviertel, Gutleut, Gallus und das südliche Westend. Von den vier Gottesdienststätten der Gemeinde wurde nur die Weißfrauenkirche aufgegeben und in eine Diakoniekirche umgewandelt, die Gutleutkirche sowie die sogenannte Hirtenkirche blieben neben der Matthäuskirche bestehen.

Geplanter Abriss und Hochhausplanung

Blick aus Richtung Osten von der Den Haager Straße auf die Matthäuskirche, im Hintergrund das Trianon, das FBC und die Antoniuskirche
Die Matthäuskirche im Februar 2009, im Vordergrund die Baugrube des Tower 185

1997 strich der Evangelische Regionalverband, ein verwaltungstechnischer Zusammenschluss der Frankfurter Gemeinden, der unter anderem für den Unterhalt der Kirchengebäude zuständig ist, die Matthäuskirche von der Liste der dauerhaft zu unterhaltenden Kirchengebäude. Die für 600 Personen ausgelegte Kirche besuchten zuletzt pro Gottesdienst nur noch um die 30 Gläubige. Im April 2002 beschloss deshalb die Regionalversammlung den Abriss des Gebäudes und den Verkauf des Grundstücks. Aufgrund der Schwäche des Frankfurter Immobilienmarktes fand sich bislang allerdings kein Interessent, der die Kirche zum erwarteten Preis von 35 Millionen übernehmen wollte. Auch das benachbarte ehemalige Polizeipräsidium steht seit langem zum Verkauf.

Gegen den Abriss wurde von verschiedener Seite Kritik geäußert. Die Hoffnungsgemeinde wollte ihr Kirchengebäude und den dortigen Kindergarten nicht aufgeben und klagte deshalb vor dem Kirchengericht, das allerdings eine Entscheidung in der Sache aufschob, weil keine konkreten Verkaufsverhandlungen geführt wurden.

Um einen Kompromiss zwischen Gegnern und Befürwortern einer Neunutzung des Grundstücks zu erzielen machte der Architekt und Stadtplaner Jochem Jourdan 2007 den Vorschlag einen erheblichen Teil des Kirchengebäudes zu erhalten und in eine neue Hochhausbebauung zu integrieren.[3] Jourdan war von der Stadt Frankfurt beauftragt worden potentielle Standorte für neue Hochhäuser im Stadtgebiet zu benennen. Das Grundstück der Matthäuskirche grenzt an das Neubaugebiet Europaviertel, auf dem direkt anschließenden Grundstück wurde von 2008 bis 2011 der 200 Meter hohe Tower 185 gebaut. Im November 2007 beschloss der Vorstand der evangelischen Hoffnungsgemeinde den Verkauf der Matthäuskirche, allerdings unter Auflagen: Die Kirche muss weitestgehend erhalten bleiben, vor allem müssen der Turm, die Kirchenfenster, die Kanzel, das Sandsteinrelief an der Chorrückwand und der Kirchenraum im ersten Obergeschoss bewahrt werden. Dieser Raum solle auch künftig der Gemeinde zur Verfügung stehen und renoviert werden. Außerdem soll für die Kindertagesstätte, die in der Trägerschaft der Gemeinde verbleiben müsse, ein neuer nahe gelegener Standort gefunden werden.[4] Dem Vernehmen nach soll es einen nicht genannten Interessenten für das 3,3 Hektar große Grundstück geben.[5]

Im Dezember 2008 wurde im Frankfurter Stadtparlamant der neue Hochhausrahmenplan beschlossen. Unter den neuen Standorten befindet sich auch das Grundstück der Matthäuskirche. Erlaubt ist der Bau eines 130 Meter hohen Hochhauses auf dem Areal hinter der Kirche, wobei die Kirche weitestgehend zu erhalten und gegebenenfalls in das Hochhausprojekt zu integrieren ist.

Literatur

  • Die neue St. Matthäuskirche in Frankfurt a. M. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Jg. 23 (1903), Nr. 41 (23. Mai 1903), urn:nbn:de:kobv:109-opus-36496, S. 257-258. (Sieben Abbildungen)

Weblinks

 Commons: Matthäuskirche Frankfurt am Main – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Unsere ausländischen Gastgemeinden Website der Hoffnungsgemeinde
  2. Artikel im Magazin für Theologie und Ästhetik Nr. 42
  3. Frankfurter Rundschau vom 6. September 2007, S. F1.
  4. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. November 2007 - Chancen für 130-Meter-Turm gestiegen
  5. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Juli 2007 - Streit um Matthäuskirche flammt wieder auf
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