- Arbeiteraristokratie
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Unter Arbeiteraristokratie wird die Elite innerhalb der Arbeiterschaft (Arbeiterklasse) in den industrialisierten Ländern Westeuropas und Nordamerikas verstanden, die sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bildete. Der Begriff wurde von Karl Marx (1818-83) in seinem Werk Das Kapital geprägt, er verstand darunter den „bestbezahlten Teil der Arbeiterklasse, (...) ihre Aristokratie“.[1] Auch Friedrich Engels spricht von einer „Aristokratie in der Arbeiterklasse“, die in den „großen Trades Unions“ ihre Organisationen gefunden hätten.[2] Bei Lenin (1870-1924) wurde die Arbeiteraristokratie zu einem Kampfbegriff im Rahmen seiner Imperialismustheorie und richtete sich vor allem gegen westeuropäische und nordamerikanische Gewerkschafts- und Parteiführer[3] (siehe auch Trade-Unionismus).
Analytisch wird der Begriff teilweise als interne Differenzierung der Arbeiterklasse verstanden. Vor allem in der englischen Sozialgeschichte spielt der an die marxistische Tradition angelehnte Begriff eine wichtige Rolle. Dort wird er auf die nach (klein-)bürgerlicher Respektabilität strebende besonders gut qualifizierte Schicht der Arbeiter angewendet. Diese Diskussion wurde auch für den deutschen Fall geführt. Das Ergebnis war, dass es zwar ebenfalls in Deutschland so etwas wie eine Arbeiteraristokratie im 19. und frühen 20. Jahrhundert gegeben hätte, diese Erscheinung aber weniger ausgeprägt war als in Großbritannien. Wohl auch um ideologische Bezüge zu vermeiden, spielt der Begriff der Arbeiteraristokratie im deutschsprachigen Raum heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Wichtiger wurden Begriffe wie Leistungs-, Funktions- und Werteliten.[4]
Literatur
- Wolfgang Fritz Haug: Historisch-kritishes Wörterbuch des Marxismus, Band 1, Argument, Hamburg 1994, Sp. 422-428.
- Dieter Nohlen, Rainer-Olaf Schultze (Hrsg.): Lexikon der Politikwissenschaft. Theorien, Methoden, Begriffe. Band 1: A – M. 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Beck, München 2005, S. 28.
Einzelnachweise
- ↑ Karl Marx: Das Kapital. Karl Marx / Friedrich Engels: Werke (MEW), Band 23, S. 697.
- ↑ Friedrich Engels: Vorwort zu englischen Ausgabe der "Lage der arbeitenden Klasse" (1892). In: Karl Marx / Friedrich Engels: Werke (MEW), Band 22, S. 274.
- ↑ Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, 1917; Lenin: Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus, 1916.
- ↑ die Diskussion zusammenfassend mit Hinweisen auf grundlegende Literatur: Gerhard A. Ritter / Klaus Tenfelde: Arbeiter im Deutschen Kaiserreich. 1871–1914. Dietz, Bonn 1992, ISBN 3-8012-0168-6 (Geschichte der Arbeiter und der Arbeiterbewegung in Deutschland seit dem Ende des 18. Jahrhunderts 5), S. 464.
Weblinks
- Karl Marx, Das Kapital, Wirkung der Krisen auf den bestbezahlten Teil der Arbeiterklasse
- Friedrich Engels, England 1845 und 1885
- Wladimir Iljitsch Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, Vorwort zur französischen und deutschen Ausgabe
- Kevin Corr u. Andy Brown, Die Arbeiteraristokratie und die Wurzeln des Reformismus
Kategorien:- Marxistischer Begriff
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