- Membra disjecta
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disjecta membra beziehungsweise membra disjecta (lat.) bedeutet „versprengte Glieder“ und ist ein feststehender Ausdruck für die Bezeichnung der aus ihrer ursprünglichen organischen Ordnung gerissenen Teile eines Ganzen. Er wird fachsprachlich besonders in der Handschriftenkunde und im Buchwesen verwendet, um die verstreute Überlieferung einzelner Bestandteile eines Codex oder Buches zu bezeichnen, ähnlich auch in der Kunstgeschichte für Bestandteile eines Kunstwerks oder Bauwerks, die sich nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zusammenhang befinden.
Der Ausdruck geht zurück auf eine Stelle bei Horaz (Satiren IV, i, 62), an der es um die Frage geht, ob der Begriff des Dichterischen schon allein durch die Verwendung eines poetischen Versmaßes im Gegensatz zu Prosa erfüllt werde, oder auch eine bestimmte Qualität der Wörter und Gedanken erfordere. Zur Verdeutlichung des Problems zitiert Horaz eine Stelle aus dem Dichter Ennius und stellt die Frage, ob bei Umstellung der Wörter und damit Zerstörung des Versmaßes trotzdem die „disiecti membra poetae“, die „Glieder des versprengten Dichters“ (d. h. die Wörter seiner Dichtung), noch als dichterische zu erkennen wären.
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