- Arbeitnehmererfindung
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Eine Arbeitnehmererfindung (Diensterfindung) ist eine patent- oder gebrauchsmusterfähige Erfindung, die ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner Dienstpflicht geschaffen hat. Nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz hat der Arbeitgeber grundsätzlich Anspruch auf die Diensterfindung, der Arbeitnehmer nur einen ausgleichenden Vergütungsanspruch. Im Gesetz ist auch die Behandlung schöpferischer Leistungen von Arbeitnehmern geregelt, die nicht patentierbar oder sonst schutzrechtsfähig sind, aber die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens verbessern („technische Verbesserungsvorschläge“).
Die gesetzliche Regulierung von Arbeitnehmererfindungen ist notwendig, da hier zwei Interessen – nämlich das Arbeitsrecht, nach dem das Ergebnis einer Arbeit dem Arbeitgeber zusteht, einerseits und das gewerbliche Schutzrecht, welches entsprechend dem so genannten „Erfinderprinzip“ das Recht auf eine Erfindung beim Erfinder ansiedelt, andererseits – kollidieren.
International existieren in den meisten Industriestaaten vergleichbare Gesetze, welche die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern regeln, mit teils ähnlichen (Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden)[1], teils aber völlig abweichenden Ergebnissen.[2]
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Das Arbeitnehmererfindungsgesetz[3] (ArbnErfG) schafft einen Interessensausgleich zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, der im Rahmen seiner Tätigkeit eine Erfindung im Sinne des Patentgesetzes getätigt hat.
Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitnehmererfindungsgesetzes sind Arbeitnehmer im privaten und im öffentlichen Dienst, sowie Beamte und Soldaten (§ 1 ArbnErfG)
Nach § 6 PatG steht dem Erfinder ein Recht auf das Patent zu. Bei Erfindungen von Arbeitnehmern besteht ein Konflikt zwischen diesem originären Erfinderrecht des Arbeitnehmers einerseits und dem Anspruch des Arbeitgebers auf das Arbeitsergebnis andererseits. Ein Interessensausgleich wird dadurch geschaffen, dass der Arbeitgeber grundsätzlich einen Anspruch auf die Diensterfindung hat, der Arbeitnehmer zum Ausgleich aber einen Vergütungsanspruch erwirbt.
Dies gilt jedoch nur für so genannte Diensterfindungen. Das sind Erfindungen, die während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemacht wurden und aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb obliegenden Tätigkeit entstanden sind oder maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes beruhen. Damit wird dem Anteil des Arbeitgebers an der Erfindung Rechnung getragen. Die übrigen Erfindungen sind so genannte freie Erfindungen.
Will der Arbeitgeber eine Offenbarung der Erfindung vermeiden, da er beispielsweise betriebliche Interna nicht preisgeben will, so kann er eine Diensterfindung auch als Betriebsgeheimnis behandeln. Der Arbeitgeber verzichtet dann auf eine Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung, jedoch erwirbt der Erfinder ebenfalls einen Vergütungsanspruch.
Geschichte
1936 begründete das deutsche Patentgesetz erstmals die primäre Eigentumrechtszuordnung einer Erfindung an den Erfinder. Der Rechtsübergang vom angestellten Erfinder an den Arbeitgeber war nicht geregelt.
1942 trat die Göring-Speer-Verordnung in kraft, welche einerseits die Innovationstätigkeit der Arbeitnehmer anspornen und andererseits die wirtschaftliche Realisierungszeit verkürzen sollte.
1957 wurde auf Basis der Göring-Speer-Verordnung das deutsche Arbeitnehmererfindungsgesetz in Kraft gesetzt.[4]
Am 1. Oktober 2009 trat das Patentmodernisierungsgesetz in Kraft, welches insbesondere das Arbeitnehmererfindungsgesetz betrifft.[5]
Verfahren
Erfindungsmeldung
Der Arbeitnehmer muss die Diensterfindung dem Arbeitgeber unverzüglich, gesondert und in Textform melden. In der Erfindermeldung muss der Arbeitnehmer die technische Aufgabe, ihre Lösung und das Zustandekommen der Diensterfindung beschreiben. Die Erfindungsmeldung ist als solche kenntlich zu machen. Die Verletzung der Meldepflicht kann einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer begründen und arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitnehmers haben. Gemäß dem vor dem 1. Oktober 2009 geltenden Recht war für Erfindungsmeldung die Schriftform erforderlich, das heißt eigenhändige Unterschrift. Seit dem 1. Oktober 2009 ist lediglich die Textform erforderlich. Die Erfindungsmeldung kann daher nun ohne Unterschrift an den Arbeitgeber beispielsweise durch Telefax oder E-Mail übermittelt werden. Bei mehreren Erfindern empfiehlt sich eine gemeinschaftliche Erfindungsmeldung.[6]
Der Arbeitgeber muss den Eingang der Erfindungsmeldung unverzüglich und in Textform bestätigen. Er kann die Erfindungsmeldung innerhalb von zwei Monaten beanstanden, falls diese unvollständig ist. Die Beanstandungserklärung unterliegt keinen Formvorschriften und kann somit auch mündlich erfolgen. Mit Ablauf von zwei Monaten gilt die Erfindungsmeldung als ordnungsgemäß.
Wenn der Arbeitgeber die gemeldete Erfindung nicht innerhalb von vier Monaten nach Eingang der ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung freigibt, gilt die Diensterfindung als in Anspruch genommen. Die Freigabeerklärung hat in Textform zu erfolgen und kann daher ebenfalls durch Telefax oder E-Mail übermittelt werden. Erfolgt keine Freigabeerklärung innerhalb von vier Monaten, gehen alle Rechte an der Diensterfindung von dem Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber über. Dies steht im Gegensatz zu der Regelung, die vor dem 1. Oktober 2009 gültig war, wonach die Erfindung frei wurde, wenn innerhalb von vier Monaten keine Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber erfolgte. Durch die nun geltende Regelung wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber seine Rechte an einer Erfindung nicht verliert, weil er eine rechtzeitige Inanspruchnahme versäumt, wie es in der Vergangenheit vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen oft der Fall war. Die Möglichkeit der beschränkten Inanspruchnahme ist seit dem 1. Oktober 2009 entfallen.
Der Arbeitgeber muss eine gemeldete Diensterfindung (grundsätzlich unabhängig davon, ob er sie in Anspruch nimmt oder nicht) entweder im Inland als Patent anmelden oder sie unverzüglich freigeben. Diese Verpflichtung zur Anmeldung besteht auch dann, wenn nach Meinung des Arbeitgebers im Gegensatz zur Meinung des Arbeitnehmers die Erfindung nicht schutzfähig ist. Die Anmeldepflicht entfällt nur dann, wenn die Erfindung von dem Arbeitgeber frei gegeben wurde, der eindeutige Wille des Arbeitnehmers zu erkennen ist, von einer Schutzrechtsanmeldung abzusehen, oder die Voraussetzungen einer betriebsgeheimen Erfindung vorliegen. Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber eine Erfindung auch als Gebrauchsmuster anmelden, wenn dies zweckdienlicher erscheint. Der Arbeitgeber hat auch das Recht, die Erfindung im Ausland anzumelden. Vor Ablauf des Prioritätsjahres muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitteilen, ob und in welchem Land er die Erfindung anmeldet, und dem Erfinder die Anmeldung für diejenigen Länder freigeben, in welchen er keine Anmeldung tätigen will. Der Arbeitgeber muss den Erfinder stets über den Verlauf der Anmeldung informieren und kann die Erfindung nur mit Einverständnis des Erfinders aufgeben. In der Regel muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dann jedoch die Möglichkeit geben, die Anmeldung selbst zu übernehmen.
Freie Erfindungen muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber unverzüglich und in Textform mitteilen. Der Arbeitnehmer kann seit dem 1. Oktober 2009 Telefax oder E-Mail zur Übermittlung der Mitteilung verwenden. Die Mitteilungspflicht entfällt nur dann, wenn die Erfindung offensichtlich im Arbeitsbereich des Arbeitgebers nicht verwendbar ist. Im Zweifelsfall sollte eine Meldung der Erfindung durch den Arbeitnehmer immer erfolgen, um Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers und arbeitsrechtliche Konsequenzen auszuschließen. Die Mitteilung muss detaillierte Information über die Erfindung und ihre Entstehung enthalten, so dass der Arbeitgeber deren Einstufung als freie Erfindung bzw. Diensterfindung zuverlässig beurteilen kann. Aus der Mitteilung muss ebenfalls hervorgehen, dass der Arbeitnehmer die Erfindung als freie Arbeitnehmererfindung ansieht. Der Arbeitgeber kann innerhalb einer Frist von drei Monaten bestreiten, dass es sich bei der Erfindung um eine freie Erfindung handelt. Wenn die freie Erfindung in den Arbeitsbereich des Betriebes fällt, muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine nichtausschließliche Benutzung zu angemessenen Bedingungen anbieten, bevor er die Erfindung während der Dauer des Arbeitsverhältnisses anderweitig verwertet.
Unbeschränkte Inanspruchnahme
Bis zum 30. September 2009 galt, dass innerhalb von 4 Monaten ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Erfindungsmeldung der Arbeitgeber die Rechte an der Erfindung an sich ziehen kann. Dies erfolgte durch die so genannte Inanspruchnahme (§ 6, § 7 ArbnErfG), die eine einseitige, zustellungsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers darstellt und schriftlich erfolgen muss. Die fristgerechte Erklärung der Inanspruchnahme war zur Wahrung der Rechte des Arbeitgebers wichtig, da andernfalls später ein eventueller Verlust des (ohne Inanspruchnahme angemeldeten) entsprechenden Patents oder Gebrauchsmusters an den Arbeitnehmer drohen konnte.
Durch das Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechtes, welches am 1. Oktober 2009 in Kraft trat, gilt die Inanspruchnahme als erklärt, wenn der Arbeitgeber die Erfindung nicht bis zum Ablauf von vier Monaten nach Eingang der Erfindungsmeldung freigibt.
Als Ausgleich dafür, dass der Arbeitnehmer durch die Inanspruchnahme des Arbeitgebers die Rechte an seiner Erfindung verliert, entsteht mit der Inanspruchnahme der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber (§ 9 ArbnErfG). Der Arbeitgeber ist nach der Inanspruchnahme zur unverzüglichen Schutzrechtsanmeldung (Patent oder Gebrauchsmuster) verpflichtet.
Beschränkte Inanspruchnahme
Vor dem 1. Oktober 2009 konnte der Arbeitgeber die Erfindung auch nur beschränkt in Anspruch nehmen, wodurch er nur ein nichtausschließliches Benutzungsrecht an der Erfindung erwarb. Für dieses hatte der Arbeitnehmer jedoch ebenfalls einen Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, jedoch nur, wenn dieser die Erfindung benutzt, da der Arbeitgeber keine sonstigen Vorteile (z. B. durch Sperrwirkung oder Vorratswirkung) genießt. In der Praxis war die beschränkte Inanspruchnahme aufgrund der Vergütungsproblematik jedoch nur selten anzutreffen.
Durch das Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechtes, welches am 1. Oktober 2009 in Kraft trat, ist die beschränkte Inanspruchnahme weggefallen.
Vergütungsanspruch
Der Vergütungsanspruch richtet sich nach den vom Bundesminister für Arbeit erlassenen ArbNEG-Richtlinien.
Situation in Österreich
Gemäß § 8 Abs. 1 Patentgesetz gebührt einem Dienstnehmer eine angemessene besondere Vergütung für die Überlassung einer von ihm gemachten Erfindung an den Dienstgeber sowie für die Einräumung eines Benützungsrechtes hinsichtlich einer solchen Erfindung. Das gilt sowohl für so genannte Diensterfindungen, die der Dienstnehmer dem Dienstgeber entsprechend einer Diensterfindungs-Vereinbarung überlassen oder zur Benützung anbieten muss, als auch für solche Erfindungen, die er dem Dienstgeber freiwillig anbietet.[7]
Die Höhe der Vergütung hängt stark vom Einzelfall ab. Daher geben die allgemein als üblich anerkannten Lizenzsätze nur einen relativ breiten Rahmen, der sich im Bereich von fünf Prozent bis zu einem Drittel des Umsatzes bewegen kann. Die Werte schwanken je nach Branche und Unternehmen.[7] Die Vergütung kann nachträglich, bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse, nach billigem Ermessen geändert werden (§ 10 ÖPatG).
Weiterführende Literatur
- Kurt Bartenbach, Franz-Eugen Volz: Arbeitnehmererfinderrecht. Praxisleitfaden mit Mustertexten. 5. Auflage. Heymanns, Köln 2010, ISBN 978-3-452-27318-5.
- Kurt Bartenbach, Franz-Eugen Volz: Arbeitnehmererfindergesetz. Kommentar zum Gesetz über Arbeitnehmererfindungen. 4. Auflage. Heymanns, Köln 2002, ISBN 3-452-24969-7.
- Reimer, Schade, Schippel, Kaube: ArbEG (Gesetz über Arbeitnehmererfindungen und deren Vergütungsrichtlinien), Kommentar. 8. Auflage. Schmidt, Berlin 2007, ISBN 978-3-503-10301-0.
- Brent Schwab: Arbeitnehmererfindungsrecht. Arbeitnehmererfindungsgesetz, Arbeitnehmer-Urheberrecht, betriebliches Vorschlagswesen. Handkommentar. Nomos, Baden-Baden 2006, ISBN 3-8329-2178-8.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Dietmar Harhoff, Karin Hoisl: Institutionalized Incentives for Ingenuity – Patent Value and the German Employees’ Inventions Act. 28. November 2006 (http://epub.ub.uni-muenchen.de/1262/, abgerufen am 20. Dezember 2010).
- ↑ Michael Trimborn, Bernd Fabry: Das Recht des Arbeitnehmererfinders in der internationalen Übersicht. In: Mitteilungen der deutschen Patentanwälte. 100, Nr. 12, Heymanns, Dezember 2009, S. 529–576.
- ↑ Arbeitnehmererfindungsgesetz, manchmal auch Arbeitnehmererfindergesetz genannt
- ↑ Heinz Goddar: The legal situation of employed inventors. Legal framework of the relationship between employed inventors and employers. Incentive systems encouraging creativity. 2003 (http://www.wipo.int/edocs/mdocs/innovation/en/wipo_inwent_inn_de_03/wipo_inwent_inn_de_03_2.doc, abgerufen am 13. Mai 2009).
Heinz Goddar: Compliance with the german employees' invention law in the handling of inventions developed by universities. (http://www.law.washington.edu/CASRIP/Symposium/Number5/pub5atcl17.pdf, abgerufen am 13. Mai 2009).
Dr. Jürgen Meier: The Right to a European Patent and the German Act on Employee’s Inventions. 2006 (http://www.lls.edu/ip/past-events/emp-inv-rights-content/meier.ppt, abgerufen am 13. Mai 2009). - ↑ Urs Straube, Apley & Straube Partnerschaft Patentanwälte: Das reformierte Verfahren der Meldung und Inanspruchnahme von Arbeitnehmererfindungen". 2009 (http://www.patentanwalt-baden.de/web/de/GR1aus09.pdf, abgerufen am 9. August 2010).
- ↑ Urs Straube, Apley & Straube Partnerschaft Patentanwälte: Erfindungsmeldung. 2009 (http://www.patentanwalt-baden.de/web/de/Erfindungsmeldung.doc, abgerufen am 9. August 2010).
- ↑ a b Walter Brugger: Zur Höhe und Reduktion von Erfindervergütungen bei Diensterfindungen. (Abgerufen am 23. Februar 2010).
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