- Miasmentheorien
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Das Miasma (gr. μίασμα) bedeutet so viel wie „übler Dunst“, „Verunreinigung“, „Befleckung“ oder „sich mit etwas angesteckt haben“. Dabei ist der Bedeutungsumfang dieses Begriffs nicht rein auf den biologisch-medizinischen Effekt der „Krankheitsübertragung“ beschränkt, sondern kann auch im übertragenen Sinne auf die geistig-emotionale Ebene angewandt werden.
Inhaltsverzeichnis
Miasma in der klassischen Medizin
Hippokrates von Kos (um 460–375 v. Chr.) gilt als Begründer der Lehre von den Miasmen, den giftigen Ausdünstungen des Bodens, die mit der Luft fortgetragen werden und so zur Weiterverbreitung von Krankheiten beitragen sollten.
Noch im 19. Jahrhundert glaubten Mediziner, dass Seuchen wie Cholera durch üble Gerüche, also Miasmen verbreitet würden, was sich als Irrweg der Medizin herausstellte. Den Irrtum erkannte man in London. Unter der Führung von Edwin Chadwick wurde 1832 als Reaktion auf erste Cholerafälle angeordnet, Abwässer und Verschlammungen aus den stinkenden Londoner Abwasserkanälen in die Themse zu spülen. Da die Firmen, die London mit Trinkwasser versorgten, dieses der Themse entnahmen, führte die Maßnahme zur Vergiftung des Trinkwassers und einer Choleraepidemie mit 14.000 Toten. 1849 legten Dr. John Snow und Dr. William Budd eine Abhandlung vor, in der sie die Auffassung vertraten, dass Cholera von lebenden Organismen im Trinkwasser hervorgerufen würde. Sie belegten die Theorie mit einem Vergleich der Todesraten in zwei Londoner Bezirken, deren Wasser von zwei verschiedenen Firmen geliefert wurde. 1854 konnte Snow anhand des Choleraausbruchs in Soho nachweisen, dass das Wasser einer einzigen öffentlichen Pumpe für fast alle Erkrankungen verantwortlich war. Die Pumpe wurde geschlossen, der Ausbruch war eingedämmt.[1]
Trotz dieser Erkenntnis war die Miasmentheorie noch bis circa 1860 weit verbreitet, so wurde auch die Entdeckung des Cholera-Bakteriums im Jahr 1854 durch den Italiener Filippo Pacini von der Medizinwelt ignoriert, bis Robert Koch den Zusammenhang zwischen Bakterium und Krankheit überzeugend nachwies.
Allerdings war auch unter dem Paradigma der Miasmentheorie, ohne Übernahme der Bakteriologie, schon eine effektive Bekämpfung der Cholera möglich gewesen. Der Chemiker und Hygieniker Max von Pettenkofer, der unter der Annahme eines den Boden verunreinigenden "Faktors X" eine aufwändige Sanierung des Münchener Abwassersystems veranlasst hatte, konnte bei der weltweiten Choleraepidemie von 1892 ("Pandemie"), die auch Deutschland erreichte und in Hamburg mehr als 8000 Todesopfer forderte, einen Ausbruch der Krankheit in München - trotz der von Auswärts zum Oktoberfest angereisten Menschenmassen - erfolgreich verhindern.
Auf ähnliche Weise schienen auch Trockenlegungen von Sümpfen in tropischen Zonen die für Malaria und Gelbfieber verantwortlichen Miasmen zu beseitigen -- tatsächlich wurde den keimübertragenden Mücken dabei die Brutgelegenheit entzogen.
Literatur
- Osterrieder N et.al., Marek's disease virus: from miasma to model, in Nature Reviews Microbiology, 4/2006, S.283–94.
- Halliday S, Death and miasma in Victorian London: an obstinate belief., in BMJ, 323/2001, S.1469–71. PMID 11751359
- Curtis VA, Dirt, disgust and disease: a natural history of hygiene., in Journal of epidemiology and community health, 61/2007, S.660–4. PMID 17630362
Weblinks
Anmerkungen
- ↑ Stephen Inwood: A History Of London. Macmillan, London 2000, ISBN 0-333-67154-6. S. 430–31.
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