Mittelalter-Rock

Mittelalter-Rock

Mittelalter-Rock (oder engl. Medieval rock [mediˈiːvəl ɹɒk], wörtlich übersetzt mittelalterlicher Rock) ist ein Genre der Rockmusik und verwandt mit der Musik der Mittelalterszene. Dabei werden moderne, historisch inspirierte Instrumente, wie beispielsweise Sackpfeife, Harfe, Drehleier, Schalmei, Blockflöte oder Laute, und häufig mittelalterliche Texte mit Elementen moderner Rock- und Metal-Musik mit E-Gitarre, E-Bass, Schlagzeug oder Elektronik verbunden. Wegen der heute oft härteren Ausrichtung und fließenden Grenzen zum Folk Metal wird das Genre manchmal auch als Mittelalter-Metal bezeichnet.

Der Mittelalter-Rock wird oft fälschlich dem Gothic-Umfeld zugerechnet. Die Wurzeln des Mittelalter-Rock liegen jedoch in den Bereichen Musik der Mittelalterszene, Folk, Folk-Rock, Hard Rock und im Metal. Die Gothic-Bewegung geht hingegen auf das Post-Punk- und Wave-Umfeld zurück.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anfänge

Ursprünglich wurden in erster Linie mittelalterliche beziehungsweise traditionelle Stücke durch rockige Elemente "aufgepeppt". Geschah dies bei Ougenweide in den 1970ern noch in sehr verhaltenem Maße, oft beschränkt auf einzelne Riffs und wenige altertümliche Instrumente wie Blockflöte und Krummhorn, nahmen die modernen Elemente in den 1990ern zu.

Schon ab 1991 wurden den Inchtabokatables mittelalterliche Attribute zugeschrieben, was jedoch mehr in der Biografie einiger Mitglieder als in der Musik selbst begründet ist. Lediglich bei einem (namenlosen) Lied von 1994 fand die Melodie des Palästinaliedes von Walther von der Vogelweide Verwendung.

Auch 1991 experimentiere die Punkband Feeling B auf ihrem Album „Wir kriegen euch alle“ mit Instrumenten, die heute eindeutig dem Mittelalter-Rock zugesprochen werden. So sind in den Songs „Schlendrian“ und „Slamersong“ z.B. Schalmeien zuhören. 1993 veröffentlichte Feeling B dann mit dem Album "Die Maske des Roten Todes" das erste Konzeptalbum, auf dem eindeutig mittelalterliche Musik mit Punkmusik vermischt wurde. Einige heutige Szeneklassiker wie Heiduckentanz, Traubenritt oder Rotta finden sich schon auf diesem Album. Inspiriert wurde die Band, um die späteren Rammsteingründer Christian „Flake“ Lorenz und Paul Landers, durch Besuche verschiedener Mittelaltermärkte und historischer Veranstaltungen. Die Dudelsack- und Schalmeienparts auf dem Album "Die Maske des Roten Todes" wurde durch die Band Tippelklimper eingespielt. Heut zu tage sind Feeling B, als eigentliche Wegbereiter des Mittelalter-Rocks, in der Szene selber sehr unbekannt.

Ab etwa 1994 verwendete Subway to Sally mittelalterliche Elemente, zum Beispiel eine Sopranschalmei in der Instrumentierung, und adaptierte Texte, zum Beispiel von François Villon, gepaart mit relativ hartem Alternative-Rock. Dazu kamen allerdings eher dem Folk-Rock zuzuordnende Elemente wie Violine, akustische Gitarre und Great Highland Bagpipe in der Instrumentierung. Dieser Stil unterscheidet sich noch deutlich von dem, was heute zum Teil unter Mittelalter-Rock verstanden wird.

Stilentwicklung

1997 kreierte In Extremo als eines der ersten modernen Projekte mit dem in traditionellem Okzitanisch gesungenen Ai Vis Lo Lop einen Stil, bei dem mittelalterliche und rockige Elemente gleichberechtigt nebeneinander standen. Etwa gleichzeitig mit In Extremo begann auch Corvus Corax mit entsprechenden Versuchen, die sich dann zum stark elektronisch beeinflussten Projekt Tanzwut manifestierten.

Mit der Zeit arbeiteten immer mehr Bands daran, ihre mittelalterliche Musik mit Rock oder Metal zu verbinden. Einige dieser Gruppen betrieben den Mittelalter-Rock nur als Nebenprojekt wie beispielsweise die erwähnten Corvus Corax mit Tanzwut, neben ihrer ursprünglichen Mittelaltermusik. Andere Bands wie beispielsweise Saltatio Mortis spielen abwechselnd akustische Musik der Mittelalterszene und Mittelalterrock.

Bereits nach relativ kurzer Zeit erweiterte sich das Spektrum zu einer bis heute gültigen Dichotomie: Einerseits wird nach wie vor „mittelalterliches“ Liedgut, von den frühmittelalterlichen „Merseburger Zaubersprüchen“ über die Carmina Burana bis hin zu François Villon adaptiert, andererseits werden vermehrt Eigenkompositionen realisiert. In diesen werden mittelalterliche Themen in Texten und Musik eher romantisierend und glorifizierend verarbeitet. Die Texte der Eigenkompositionen sind fast ausschließlich in Neuhochdeutsch verfasst. Viele erheben dabei auch keinerlei mittelalterlichen Anspruch mehr und erinnern textlich und stilistisch häufig eher an die Neue Deutsche Härte.

Der Mittelalter-Rock ist eine typisch deutsche Erscheinung. Außerhalb Deutschlands gibt es nur sehr wenige Bands, die einen ähnlichen Stil pflegen. Diese entspringen auch meistens eher dem Folk-Rock anstelle der mittelalterlichen Musik und kommen meist ohne die bei deutschen Bands selbstverständliche Marktsackpfeife aus.

Besetzung und Instrumentierung

Die meisten Mittelalter-Rockbands sind relativ groß, da sie im Wesentlichen aus einer vollwertigen Rockband und zusätzlich einer typischen Mittelalterbesetzung bestehen. Üblich ist also:

Somit sind Besetzungen von 6-8 Personen auf der Bühne keine Seltenheit. Die Abwechslung zwischen verschiedenen Instrumenten auch während einzelner Lieder ist dabei ebenfalls typisch für dieses Genre.

Vertreter

Zu den bekannteren Vertretern des Genres in Deutschland gehören (in alphabetischer Reihenfolge):


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