Molzbichl

Molzbichl
Kirche Westansicht
Kirche Grabstein Nonnosus
Kirche Kanzel
Grundmauern der ältesten Klosterkirche Kärntens aus dem 8. Jahrhundert

Molzbichl ist ein Ort im unteren Drautal in Kärnten. Die Katastralgemeinde der Stadtgemeinde Spittal an der Drau umfasst eine Fläche von 634,76 ha und hat 242 Einwohner (Stand 2001). Das Kirchdorf liegt auf einer Seehöhe von 532 m in unmittelbarer Nähe der Tauernautobahn sowie der Drautal Straße (B 100) und ist etwa fünf Kilometer vom Millstätter See entfernt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Ortsname, urkundlich 1050–65 als Mulzpuila und 1165 als Mulzpuhil erwähnt, kann am ehesten aus dem mittelhochdeutschen mulzen, das für „Malz dörren“ steht, abgeleitet werden. Diese Deutung ist aufgrund der sonnigen Lage der Ortschaft wahrscheinlich.[1] Der schriftslowenische Ortsname lautet Molec.

Auf dem südlichen Teil des Geländes der jetzigen Pfarrkirche, die dem heiligen Tiburtius geweiht ist, konnte die älteste Klosterkirche Kärntens aus der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts nachgewiesen werden. Das Kloster wurde im Zuge der Missionierung durch Tassilo III. zwischen 772 und 788 gegründet[2] und ist damit älter als die im 11. Jahrhundert gegründeten Stifte in St. Georgen am Längsee, Ossiach oder Millstatt. Nach dem Niedergang des Klosters im 9. und 10. Jahrhundert wurde der Ort als Begräbnisstätte der Karantanen genutzt.

Die über 70 gefundenen karolingischen Flechtwerksteine stellen den bedeutendsten vorromanischen Fund Österreichs dar. Verschiedene Funde sind im Frühmittelaltermuseum Carantana in unmittelbarer Nähe der Kirche zu besichtigen. Die Bezeichnung „Carantana“ geht auf eine urkundliche Erwähnung des Geschichtsschreibers Paulus Diaconus zur Zeit Kaiser Karls des Großen zurück, dessen Herrschaftsbereich provincia Carantana auch den Kärntner Raum umfasste.[3] Möglicherweise war es die Molzbichler Kirche und nicht jene in St. Peter im Holz, die im 8. Jahrhundert Chorbischof Modestus weihte. Da Molzbichl die einzige Kirche in Österreich ist, die dem Heiligen Tiburtius geweiht ist, kann als Herkunftskloster der ersten Mönche das bayerische Pfaffmünster bei Straubing angenommen werden, das ebenfalls Tiburtius geweiht ist. Warum das Kloster spätestens im 10. Jh. aufgegeben wurde, ist ungeklärt.

Im Altar der heutigen Kirche ist ein Grabstein eingefügt, der die bisher einzige aus dem 6. Jahrhundert stammende Inschrift in Österreich aufweist. Dieses frühchristliche Zeugnis erwähnt einen Diakon mit dem Namen Nonnosus, der im Jahre 532 verstarb. Die lateinische Inschrift lautet:

Hic re[quies]/ci(t) servus Χϱ[ι](στου) / Nonnosus diac(onus) /qui vixit annos / p(lus) m(inus) CIII obiit / IIII Non(as) Septemb(res) / et deposit(us) est in / hunc loco XIII Kal(endas) Aug(ustas) indict(ione) XI / tertio (anno) post cons(ulatum) / Lampadi et Ores/tis v(irorum) c(larissimorum)

Hier ruht der Diener Christi, der Diakon Nannosus, der ca. 103 Jahre lebte. Er starb am 2. September und wurde am 20. Juli an diesem Ort im elften Jahr der Indikation bestattet, drei Jahre nach dem Konsulat der hochberühmten Männer Lampadius und Orestes.

Die Kirche, erstmals um 1063 erwähnt, und der Friedhof sind von einer Wehrmauer umgeben. Molzbichl war im Frühmittelalter eine Eigenkirche der Eppensteiner. Später war sie unter dem Patronat der Grafen von Ortenburg in Spittal, vorübergehend auch der Millstätter Georgsritter. Als Urpfarre war Molzbichl ursprünglich sehr groß und reichte von St. Peter-Edling über Rothenthurn, Ferndorf, St. Paul, Glanz, Gschriert, den Laufenberg, Döbriach bis Matzelsdorf. Die Abhängigkeit Döbriachs endete erst 1786. Die Nähe zu Millstatt führte augenscheinlich immer wieder zu Konflikten mit dem Stift. Das Langhaus der Kirche wurde 1801 nach einem Großbrand erneuert. In der romanischen Apsis steht ein zweigeschossiger Hochaltar mit figürlichem Schmuck. Ein skurriles Detail ist die an der Kanzel montierte hölzerne Hand mit einem Kruzifix.

Der Verein „Historisches Molzbichl“, Betreiber des Museums Carantana, erforscht unter der wissenschaftlichen Leitung von Univ. Prof. Dr. Franz Glaser die in der Nähe von Molzbichl liegende spätantike Anlage auf dem Luginsland, die Magdalenenkapelle von Baldersdorf und den karolingisch-ottonischen Friedhof in St. Peter / Edling. Bereits 1939 wurde beim Bau der Reichsautobahn in Baldersdorf eine keltische Industrie- und Kultanlage entdeckt, die eine Produktionsstätte für norische Eisen und eine kleine Tempelanlage umfasste.

Die ältesten Siedlungsspuren der Umgebung finden sich bei der markanten Erhebung (816 m) Lug ins Land und reichen bis ins 3. Jahrtausend v. Chr. zurück. Gefunden wurden Steingerätschaften, Keramik, aber auch Wall- und Grabensysteme, die die Nutzung der Örtlichkeit bis in die Spätantike (5./6. Jh.) bezeugen.[4] Knapp zwei Kilometer entfernt liegt der Hochgosch (876 m), die höchste Erhebung am Millstätter See-Rücken. 1910 wurde dort eine Anlage mit Palisadenwall gefunden, die 1987 bei einer Grabung durch den Verein Stiftsmuseum Millstatt genauer untersucht wurde. Die Wallanlage, vermutlich eines slawischen Edlen, konnte auf die Zeit um 800 n. Chr. datiert werden.[5]

Trivia

  • Um 1700 erlaubte Fürst Anton von Porcia dem Einsiedler Simon Frank den Bau einer Eremitage im Wald von Molzbichl. Frank stammte aus der näheren Umgebung (Kreuzen) und hatte ein Leben als Söldner hinter sich. Der Bekehrte lebte schon seit 1679 in einer Wohnhöhle unter dem Luginsland. Der fromme Mann äußerte wiederholt den Wunsch, beim Portal der Molzbichler Kirche seine letzte Ruhe zu finden, was ihm nach seinen Tod am 29. Juni 1725 im 91. Lebensjahr auch gewährt wurde. [6]

Einzelnachweise

  1. Vgl. Eberhard Kranzmayer: Ortsnamenbuch von Kärnten. II. Teil. Klagenfurt 1958. Verlag des Geschichtsvereins für Kärnten, S. 159.
  2. Dehio Kärnten 2001, S. 561.
  3. Claudia Fräss-Ehrfeld: Geschichte Kärntens. Band 1, Klagenfurt, 2. Aufl. 2005, S. 51.
  4. Ein Großteil des Fundmaterials soll im Gasthof Lug ins Land ausgestellt werden.
  5. Darstellungen dieser frühmittelalterlichen Fliehsiedlung sind im Stiftsmuseum Millstatt zu besichtigen.
  6. Vgl. Matthias Maierbrugger: Urlaub am Millstättersee., 1978, S. 194 ff.

Literatur

  • Franz Glaser/Kurt Karpf: Ein karolingisches Kloster. Baierisches Missionszentrum in Kärnten. Wien 1989.
  • Matthias Maierbrugger: Urlaub am Millstättersee. Ein Führer. Heyn Verlag, Klagenfurt, 2. Auflage, 1978, ISBN 3-85366-269-2, S. 192–196. [nicht ganz aktueller Gesamtüberblick / ohne Fußnoten]
  • Dehio-Handbuch. Kärnten (S. 561–562). Verlag Anton Schroll & Co., 3. Auflage, Wien 2001, ISBN 3-7031-0712-X

Weiterführende Literatur

  • Karl Amon (Hrsg.): Der heilige Nonnosus von Molzbichl Verlag d. Kärntner Landesarchivs, Klagenfurt 2001, ISBN 3-900531-49-8
  • Franz Glaser: Das Münster in Molzbichl, das älteste Kloster Kärntens, 1989. In: Carinthia I, 179 (1989), S. 99–124.
  • Kurt Karpf: Zur Geschichte der Pfarre Molzbichl: von den Anfängen bis zur josephinischen Pfarregulierung, Dissertation, Innsbruck 1988

Weblinks

 Commons: Molzbichl (Kirche / Details) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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