Moritz Goldstein

Moritz Goldstein

Moritz Goldstein (* 27. März 1880 in Berlin; † 3. September 1977 in New York) war ein deutsch-amerikanischer Schriftsteller und Journalist.

Leben

Goldstein studierte ein Semester Germanistik in München und die übrige Zeit in Berlin. Nach einem Abschluss 1906 mit Promotion (Dr. phil.) wurde er 1907–1914 Herausgeber der Goldenen Klassikerbibliothek. 1912 erschien im Kunstwart Goldsteins Aufsatz „Der deutsch-jüdische Parnass“, in dem er die endgültig vollzogene deutsch-jüdische Symbiose in Frage stellte, und hiermit eine lebhafte Diskussion auslöste.

1915 bis 1918 war er Soldat im Ersten Weltkrieg. Ab 1918 war er Mitarbeiter der Vossischen Zeitung in den Redaktionen Politik, Feuilleton und Lokales, ab 1928 arbeitete er als Gerichtsreporter. 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft vom Ullstein Verlag entlassen, ging er über Italien (1933–1936 Direktor des Landschulheims in Florenz) und Frankreich nach England ins Exil.

1947 erfolgte die Übersiedlung nach New York, seit 1953 war er US-amerikanischer Staatsbürger.

Inquit

Goldstein (Pseudonym „Inquit“ [„Er untersucht“]) war neben Paul Schlesinger („Sling“) und Gabriele Tergit der bekannteste und bedeutendste Gerichtsreporter der Weimarer Republik.

Die Kunstwart-Debatte

Moritz Goldstein war auch der Mann, der 1912 die „Kunstwart-Debatte“ auslöste. Seine in einem berühmt gewordenen Aufsatz (Begriff und Programm einer jüdischen Nationalliteratur) geäußerte These lautete: Wir Juden verwalten den geistigen Besitz eines Volkes, das uns die Berechtigung und die Fähigkeit dazu abspricht. Die öffentlich geführte Auseinandersetzung um diese Äußerung offenbarte die Identitätskrisen vieler im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts geborener Juden in Deutschland. Sie lehnten die herkömmlichen Identifikationsmuster „Judentum“ und „Deutschtum“ ab, an deren Stelle sie neue Orientierungs- und Positionierungsmodelle entwarfen. Der Aufsatz erregte einiges Aufsehen und war der Anfang einer Reihe von Artikeln in der Zeitschrift Kunstwart.

Werke (Auswahl)

  • Begriff und Programm einer jüdischen Nationalliteratur, 1912
  • Die Gabe Gottes, 1912 (Schauspiel)
  • Der Wert des Zwecklosen, 1920
  • Die zerbrochene Erde, 1927 (Novellen, unter dem Pseudonym "Michael Osten")
  • Katastrophe, 1927
  • Der verlorene Vater, 1927 (Schauspiel)
  • Führers must fall, 1942
  • Berliner Jahre, 1977 (Memoiren)

Literatur

  • Ubbens, Irmtraud: Aus meiner Sprache verbannt... Moritz Goldstein, ein deutsch-jüdischer Journalist und Schriftsteller im Exil. (Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung Bd. 59) München: K. G. Saur 2002. ISBN 3-598-21323-9.
  • Ubbens, Irmtraud: Das Landschulheim Florenz. In Kindheit und Jugend im Exil. Ein Generationenthema. (Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch Bd.24) München: edition text + kritik 2006, S. 117-134. ISBN Nr. 3-88377-844-3.
  • Ubbens, Irmtraud: ...den Stempel 'Inquit' einer Zeit aufgedrückt. Moritz Goldstein - Inquit - der Journalist. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte Bd.7. Stuttgart: Franz Steiner 2005, S. 93-121.
  • Ubbens, Irmtraud: Sein Kampf für Recht, Freiheit und Anstand war notorisch. Moritz Goldstein - Inquit, Journalist und Gerichtsberichterstatter an der Berliner "Vossischen Zeitung". Bremen: edition lumière 2009. ISBN 978-3-934686-69-4.



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