Muhammad I. al-Mustansir

Muhammad I. al-Mustansir

Abu Abdallah Muhammad I. al-Mustansir (arabisch ‏أبو عبد الله محمد المستنصر‎, DMG Abū ʿAbd Allāh Muḥammad al-Mustanṣir; † 1277) war von 1249 bis 1277 Kalif der Hafsiden in Ifriqiya.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kalifat von Tunis

Muhammad I. war der Sohn von Abu Zakariya Yahya I. und folgt diesem nach dessen Tod 1249 als Herrscher der Hafsiden. Er setzte die Konsolidierung des Reiches fort. Um die Wirtschaft zu beleben, ließ er weitere muslimische Flüchtlinge aus Andalusien in Ifriqiya ansiedeln. Da auch Muhammad I. den Anspruch vertrat, die Hafsiden seien die einzig legitimen Nachfolger der Almohaden, ließ er sich zum Kalifen proklamieren. 1259 gelangen ihm die großen diplomatischen Erfolge, dass sein Kalifat von den Scherifen in Mekka und den Mamluken in Ägypten anerkannt wurde, wenn auch nur vorübergehend.

Konflikt mit Sizilien

Außenpolitisch geriet er ab 1266 mit dem neuen sizilianischen König Karl von Anjou im Konflikt, da Muhammad die Staufer (Ghibellinen) gegen die Guelfen um ihn unterstützte. Dies hatte auch eine wirtschaftliche Komponente: Muhammad hatte einst dem Kaiser Friedrich II. Importzölle für die Einfuhr sizilianischen Getreides in sein Reich entrichtet und diese Zahlungen nach dem Ende der Herrschaft König Manfreds eingestellt. Karl von Anjou aber betrachtete sich als legitimer Nachfolger Manfreds und das Verhältnis des Sultans zu Sizilien als tributabhängig und verlangte die Wiederaufnahme der Zahlungen sowie die Nachzahlung der ausgebliebenen Jahre. Während Muhammad sich zu ersterem bereit erklärte, lehnte er die Nachzahlungen ab.

Er wollte der Bedrohung durch Karl von Anjou entgehen, indem er ihn gegen seinen älteren Bruder König Ludwig IX. von Frankreich (der Heilige) auszuspielen versuchte. Muhammad entsandte im August 1269 eine diplomatische Mission an Karls Hof in Neapel, nachdem diese erwartungsgemäß wenig Erfolg hatte zog sie nach Paris weiter. Ebenso wie gegenüber Karl ließ man vor Ludwig verlautbaren, dass Muhammad zu einer Bekehrung zum Christentum bereit sei, allerdings nur mit einem starken Heer als Schutzmacht im Rücken, um sich einer möglichen Reaktion des Mamelukensultans Baibars I. erwehren zu können. Statt einer religiösen Absicht hatte er dabei wohl den Schutz und die Legitimation seines Reiches gegenüber Karl von Anjou im Sinn.

Siebter Kreuzzug

Ludwig IX. allerdings rüstete damals gerade für einen neuen Kreuzzug, mit dem die Kreuzfahrerstaaten in Palästina und Syrien gegen die ägyptischen Mamluken entlastet werden sollten. Von der Idee motiviert, dass Muhammad bereit sei zum Christentum zu konvertieren, ließ sich Ludwig von Karl dazu bewegen mit seinem Kreuzfahrerheer auf dem Weg ins Heilige Land vor Tunis Halt zu machen. Dort wollte er entweder Muhammad zur Konversion und einem Bündnis nötigen, oder anderenfalls das Kalifat erobern und als Stützpunkt für einen weiteren Angriff auf Ägypten nutzen. Der Versuch König Jakobs I. von Aragón, der Handelsbeziehungen zu Nordafrika unterhielt, Einfluss auf den Kreuzzugsverlauf zu nehmen, indem er sich für Syrien als Ziel einsetzte, blieben wirkungslos.

Philipp III. von Frankreich schließt mit al-Mustansir Frieden. Miniatur aus den Grandes chroniques de France, 15. Jahrhundert. (Paris, Bibliothèque nationale de France)

Im August 1270 landete Ludwig IX. mit dem Heer des Siebten Kreuzzuges an der Küste Tunesiens und besetzte mühelos die Ruinen Karthagos, wo es sein Feldlager errichtete, während sich Muhammad in Tunis verbarrikadierte. Noch bevor es zu größeren Kämpfen kam starb König Ludwig im Feldlager an einer Krankheit und der just eingetroffene Karl von Anjou riss als Onkel des jungen Thronerben Philipp III. das Kommando über das Kreuzfahrerheer an sich. Zumal im Lager der Kreuzfahrer eine Krankheit grassierte, nahm Karl nun Verhandlungen mit Muhammad auf. Muhammad ließ sich darauf ein, den Kreuzfahrern einen hohen Tribut zu zahlen und christlichen Priestern den Zugang nach Tunis zu erlauben, woraufhin die Kreuzfahrer sein Land verließen. Der durch den Kreuzzug unterbrochene, für die Hafsiden aber wichtige Handel mit den christlichen Seemächten Aragón, Venedig, Pisa und Genua, konnte binnen weniger Jahre wiederhergestellt werden. Auch zu Karl von Anjou besserten sich die Verhältnisse, indem Muhammad in eine ähnlich geartete Wirtschaftsbeziehung trat wie zu den Staufern, die noch von seinen Nachfolgern fortgeführt und auch nach der sizilianischen Vesper (1282) weitergeführt wurde.

Tod

Als Muhammad I. al-Mustansir im Jahr 1277 starb folgte ihm sein Sohn Yahya II. al-Watiq (reg. 1277–1279). Unter ihm brachen heftige Machtkämpfe aus, die das Hafsidenreich schwer erschütterten.

Literatur

  • Ulrich Haarmann: Geschichte der Arabischen Welt. Herausgegeben von Heinz Halm. 4. überarbeitete und erweiterte Auflage. C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47486-1 (Beck's historische Bibliothek).
  • Stephan Ronart, Nandy Ronart: Lexikon der Arabischen Welt. Ein historisch-politisches Nachschlagewerk. Artemis Verlag, Zürich u. a. 1972, ISBN 3-7608-0138-2.
  • Dirk Reitz: Die Kreuzzüge Ludwigs IX. von Frankreich 1248/1270. LIT Verlag, Münster 2005, ISBN 3-8258-7068-5, (Neue Aspekte der europäischen Mittelalterforschung 3) (Zugleich: Darmstadt, Techn. Univ., Diss., 2004).
  • Tilman Nagel: Die islamische Welt bis 1500. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1998, ISBN 3-486-53011-9 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte 24).

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