- Narrenfreiheit
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Narrenfreiheit bezeichnet das Recht des Narren, (dem Herren) eine unbequeme Wahrheit zu sagen, ohne dafür bestraft zu werden. Dieses Recht gibt es seit der Antike. Bereits 486 v. Chr. wurde von der Obrigkeit anerkannt, dass in der Komödie Charaktere straffrei dargestellt werden durften, die respektlos gegen Götter und Menschen sind.
Es war der Augustiner Erasmus von Rotterdam (1469-1536), der für die Renaissance des Komödianten mit all seinen Rechten sorgte. Er machte ihn kompatibel mit dem Narren, dem Tor aus der Bibel. Sein "Lob der Torheit" (1509) zeigte „in der heilsamen Torheit die wahre Weisheit und in der eingebildeten Weisheit die wahre Torheit“. Seiner Auffassung nach stand der Narr in der Nachfolge Christi. Er war der Träger einer höheren Weisheit, der anerkennt, dass die wahre (unerreichbare) Weisheit allein bei Gott liegt. Damit konnte er sich auf die Heilige Schrift berufen, denn schon Paulus sprach: "Wir sind Toren um Christi Willen" (1. Kor. 4,10).
Die Sage vom Till Eulenspiegel war zu Lebzeiten des Erasmus von Rotterdam populär und erschien fast zeitgleich mit seinem Werk als Volksbuch. Die weisen Narren des William Shakespeare (1564–1616) sind ebenfalls stark von Eulenspiegel beeinflusst. Wurden seit dem 12. Jahrhundert Hofnarren zur Belustigung der Herrscher bei Hofe gehalten, wurden sie bei Shakespeare zu weisen Ratgebern der Herrscher. „Höfliches“ Verhalten verbot, dem Herrscher die Wahrheit zu sagen – das konnte sich nur ein Narr erlauben, der eben dieses besondere Recht besaß.
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