- Nazim Hikmet
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Nâzım Hikmet (Ran) (IPA:naːˈzɯm hikˈmet) (* 20. Januar 1902 in Thessaloniki, † 3. Juni 1963 in Moskau) war ein türkischer Dichter und Dramatiker. Er gilt als Begründer der modernen türkischen Lyrik und als einer der bedeutendsten türkischen Poeten.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nâzım Hikmet wird 1902 in Thessaloniki als Sohn eines Beamten des Außenministeriums geboren; sein Geburtsdatum wird gelegentlich auch mit dem 20. November 1901 angegeben, wobei es Unstimmigkeiten hinsichtlich des tatsächlichen Datums gibt. Er wächst vor allem bei seinem Großvater, der Gouverneur des Sultans ist, in Aleppo und später Diyarbakir auf. Seine Familie bietet ihm reichlich intellektuelle Anregungen und er schreibt mit 11 Jahren sein erstes Gedicht (Schrei der Heimat). Die Vorfahren sind zum Teil polnischer und deutscher Abstammung, ein Urgroßvater mütterlicherseits war der als Karl Detroit in Brandenburg geborene Generalstabschef der osmanischen Armee, Mehmed Ali Pascha. 1917 geht Hikmet nach Istanbul an die Marineakademie, die Oktoberrevolution beeindruckt ihn sehr. 1918 lassen sich seine Eltern scheiden. Im folgenden Jahr widersetzt er sich den Offizieren, die sich den Besatzungstruppen ergeben haben; er wird wegen Anstachelung zum Aufruhr entlassen und nimmt in der Folge an Veranstaltungen der Befreiungsbewegung teil.
1921 flieht er aus dem belagerten Istanbul und bereist mit seinem Freund Vâlâ Nûrettin Anatolien, wo sie Kontakt zum „einfachen Volk“ wie auch zu sozialistischen Organisationen suchen. Im gleichen Jahr werden sie als Lehrer nach Bolu gesandt. Ende des Jahres reisen beide illegal in die junge Sowjetunion, wo sie die Hungersnot in den ländlichen Gebieten Südrusslands erleben. In Moskau studiert Hikmet Soziologie und Kunstgeschichte an der Kommunistischen Universität der Werktätigen des Orients und hat Kontakte zu den sowjetischen Futuristen (u.a. Wladimir Majakowski). Seit 1924 ist er Mitglied der illegalen Kommunistischen Partei der Türkei (TKP). Für seine politischen Überzeugungen und die Mitarbeit in der Zeitschrift Aydınlık wird er nach der Rückkehr in die Türkei verfolgt. 1925 flieht er erneut nach Moskau; beim Versuch, zurückzukehren wird er 1928 verhaftet und 8 Monate interniert. Seine Geliebte Lena kann ihm nicht in die Türkei folgen und stirbt kurz darauf. Ab 1929 hat er erste Erfolge als Autor trotz staatlicher Repressionen. In der Folge werden seine Schriften immer wieder zensiert und er selbst inhaftiert. 1933 bis 1935 erneute Haft in Bursa, dort entsteht Das Epos von Scheich Bedreddin. 1936 heiratet er Piraye.
In einem politischen Prozess wird er 1938 von einem Kriegsgericht zu 28 Jahren Haft verurteilt; zudem wird ein Publikationsverbot über ihn verhängt. In der Haft ist er ungebrochen produktiv und übersetzt unter anderem Krieg und Frieden von Lew Tolstoj. Mitte der 1940er Jahre verliebt er sich in Münevver, und schreibt Liebesgedichte und -briefe an sie. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich Ende der 1940er Jahre dramatisch.
1950 wird Hikmet nach einem Hungerstreik und internationalen Protesten in einer Generalamnestie begnadigt. Er beginnt, zur Sicherung des Lebensunterhaltes Drehbücher zu schreiben. Er heiratet Münevver; Anfang des Jahres 1951 wird der gemeinsame Sohn Mehmet geboren. Nâzım Hikmet muss allerdings erneut – und diesmal endgültig – nach Moskau fliehen, nachdem ihm 49-jährig die Einberufung zum Kriegsdienst zugestellt wurde. Im gleichen Jahr lässt er sich scheiden. In Moskau gehört er zur intellektuellen Prominenz und er bereist in den kommenden Jahren vor allem den Ostblock. Er produziert hauptsächlich parteikonforme Schriften und Theaterstücke. 1959 heiratet er Vera Tuljakowa. Münevver und Mehmet sieht er nur kurz 1961 bei einem Besuch in Warschau. Am 3. Juni 1963 stirbt er in Moskau, wo er auch im Nowadetschje Friedhof begraben ist.
Am 6. Januar 2009 erhält der zu Lebzeiten ausgebürgerte Dichter postum die türkische Staatsbürgerschaft zurück.
Schaffen
Nâzım Hikmet hat es trotz Verfolgung, Publikationsverbot und Exil geschafft, die türkische Literatur nachhaltig zu prägen. Dazu gehört es, dass er die osmanische Versform überwindet und vielfältige (vor allem sowjetische) Einflüsse der Moderne aufnimmt. Dabei drückt er neben einem sozialrevolutionären Pathos immer auch eine Heimatverbundenheit mit dem einfachen Volk und zugleich eine Ablehnung jedes romantisierenden Orientalismus aus.
Auch mit dramatischen Werken hat sich Hikmet einen Namen gemacht: Auf dem Güterbahnhof, Blutrache, Fatme und Ali, Legende von der Liebe und Josef in Ägyptenland begründeten seinen Ruhm; weitere wichtige Stücke sind z.B. Ein komischer Mensch (1953) und Hat Iwan Iwanowitsch wirklich gelebt? (1955)
Weitere wichtige Werke Hikmets sind:
- Warum hat Benerci sich umgebracht? (1932)
- Das Epos von Scheich Bedreddin (1933)
- Menschenlandschaften (1938 ff.)
- Die Romantiker (1963)
Im Deutschen ist unter anderem durch Hannes Wader der letzte Vers aus einem der berühmtesten Gedichte Hikmets, Davet (Einladung) besonders bekannt geworden:
Leben einzeln und frei
wie ein Baum und dabei
brüderlich wie ein Wald,
diese Sehnsucht ist alt.Yaşamak bir ağaç gibi
tek ve hür ve bir orman gibi
kardeşçesine,
bu hasret bizim.(wörtliche Übersetzung: Leben wie ein Baum, einzeln und frei, und brüderlich wie ein Wald, das ist unsere Sehnsucht.)
Von dem türkischen, in Deutschland ausgebildeten Pianisten und Komponisten Fazıl Say ist 2001 ein orchestrales Werk über Texte von Nâzım Hikmet geschaffen worden.
Literatur
- D. Gronau: Nâzım Hikmet. Rowohlt, Reinbek 1991, ISBN 3-499-50426-X
- Vâlâ Nureddin (Vâ-Nû): Bu Dünyadan Nâzım Geçti. İlke, İstanbul 1995, ISBN 975-8069-00-4
- N. Hikmet: Das Epos von Scheich Bedreddin, Sohn des Kadis von Simavne. Ararat-Verlag, Berlin 1982, ISBN 3-921889-09-X
- N. Hikmet: Benerci Kendini Niçin Öldürdü? şiirler2. ADAM, İstanbul 1987, ISBN 975-418-017-2
- N. Hikmet: Eine Reise ohne Rückkehr - Dönüşü Olmayan Yolculuk. Gedichte und Poeme. Dağyeli, Stuttgart 1989, ISBN 3-89329-108-3
- N. Hikmet: Das schönste Meer ist das noch nicht befahrene - En Güzel Deniz Henüz Gidilememiş Olanıdır. Liebesgedichte. Dağyeli, Stuttgart 1989, ISBN 3-89329-115-6
- N. Hikmet: Die Luft ist schwer wie Blei - Hava Kurşun Gibi Ağır. Gedichte. 2. Auflage. Dağyeli, Stuttgart 1993, ISBN 3-89329-105-9
- Türkenzentrum Berlin (Hrsg.): Nazım Hikmet. Über sein Leben - Hayatı üstüne. ElefantenPress, Berlin o.J., ISBN 3-88520-009-0
- N. Hikmet: Die Namen der Sehnsucht - Hasretlerin Adi. Amman Verlag, Zürich 2008, ISBN 978-3-250-10440-7
Weblinks
- Literatur von und über Nazım Hikmet im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biographie und Gedichte Nazim Hikmets
- N.Hikmet liest sein Gedicht Kerem Gibi vor
- Autobiographie von Nazim Hikmet
- Biographischer Abriss (türkisch)
- Nâzým Hikmet und Mehmet Ali Pascha auf freiklick.at
Personendaten NAME Hikmet, Nâzım ALTERNATIVNAMEN Hikmet Ran, Nzım KURZBESCHREIBUNG türkischer Dichter GEBURTSDATUM 20. Januar 1902 GEBURTSORT Thessaloniki, Griechenland STERBEDATUM 3. Juni 1963 STERBEORT Moskau
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