- Nebennierenrindeninsuffizienz
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Bei der Nebennierenrindeninsuffizienz handelt es sich um eine Unterfunktion der Nebennierenrinde (NNR), die gut behandelbar ist, unbehandelt jedoch tödlich verläuft.
Klassifikation nach ICD-10 E27.1 Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz
Addison-KrankheitE85 Amyloidose E35.1* Krankheiten der Nebennieren bei anderenorts klassifizierten Krankheiten A39.1+ Waterhouse-Friderichsen-Syndrom A18.7+ Tuberkulose der Nebennieren E23.0 Hypopituitarismus ICD-10 online (WHO-Version 2011) Inhaltsverzeichnis
Verbreitung
Eine NNR-Insuffizienz findet sich bei etwa 40 von 100.000 Menschen.
Grundlagen
Die Nebenniere ist eine Hormondrüse, welche jeweils dem oberen Pol der Nieren anliegt. Sie besteht aus dem Nebennierenmark, das Katecholamine produziert, und der Nebennierenrinde, welche die Steroidhormone Cortisol (Glukokortikoide) und Aldosteron (Mineralokortikoide) sowie Sexualhormone synthetisiert. Die Bildung von Cortisol wird vom Hormon ACTH gesteuert, das im Hypophysenvorderlappen der Hirnanhangsdrüse gebildet wird. Dieses wiederum wird vom Corticotropin-releasing Hormone (CRH) einem Hormon des Hypothalamus, einer übergeordneten Hirnregion, gesteuert. Aldosteron als wichtiges Hormon der Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts wird im Rahmen des Renin-Angiotensin-Aldosteron-System reguliert.
Einteilung
Es werden nach der Entstehung drei Formen der Unterfunktion der Nebennierenrinde unterschieden.
Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz
Bei der Primären Form (Syn: Morbus Addison, benannt nach dem englischen Arzt Thomas Addison, etwa 80 Prozent aller Fälle) liegt die Störung in der Nebenniere selbst. Dazu gehören
- die autoimmunologische Form (etwa 70%), bei der Antikörper gegen die corticosteroidproduzierenden Zellen in der Nebennierenrinde gebildet werden und diese zerstören.
- die Speicherkrankheit Amyloidose
- das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom (hämorrhagischer Infarkt der NNR im Rahmen einer disseminierten intravasalen Gerinnung)
- Tochtergeschwülste bösartiger Tumore
- Infektionskrankheiten (z. B. Tuberkulose, Meningokokkeninfektionen, Zytomegalie, AIDS)
Die Tuberkulose mit Befall der Nebennieren war früher die häufigste Ursache eines Morbus Addison. Damals überwog die Anzahl der Männer. Heute ist in den entwickelten Ländern die Autoimmunerkrankung als Ursache vorherrschend und Frauen sind häufiger als Männer betroffen.
Durch den niedrigen Cortisolspiegel im Blut wird in der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) vermehrt ACTH gebildet, welches die Bildung von Cortisol stimulieren soll. ACTH entsteht durch Spaltung von Proopiomelanocortin, wobei zusätzlich auch Melanozyten-stimulierendes Hormon entsteht, das die in der Haut vorhandenen Melanozyten zur vermehrten Pigmenteinlagerung anregt. Die Haut erscheint dadurch brauner, daher der Morbus Addison auch „Bronzekrankheit“ bezeichnet.
Sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz
Die sekundären Form wird durch eine Unterfunktion der Hirnanhangdrüse (Hypophyseninsuffizienz) verursacht. Durch den Mangel an ACTH, wird die Nebennierenrinde nicht ausreichend zur Bildung von Cortison angeregt. Ursachen können
- Tumore
- Verletzungen (Schädel-Hirn-Trauma, Geburtstraumen)
- Durchblutungsstörungen, Sonderform: Sheehan-Syndrom
- Entzündungen
- Autoimmune Reaktionen
Tertiäre Nebennierenrindeninsuffizienz
Eine Unterfunktion des Hypothalamus verursacht die tertiäre Form. Hierbei wird zu wenig CRH gebildet, wodurch die Hirnanhangsdrüse nicht ausreichend zur Bildung von ACTH angeregt wird. Erkrankungen des Hypothalamus sind selten. Häufiger ist eine länger andauernder höher dosierte Cortisonbehandlung. Hierdurch wird die CRH-Bildung längerfristig unterdrückt, abruptes Absetzen kann zu einer Addisonkrise führen.
Klinische Erscheinungen
Beschwerden treten erst auf, wenn 90 Prozent der Nebennierenrinde nicht funktionieren. Die Patienten klagen über:
- allgemeines Schwächegefühl
- Infektanfälligkeit
- Gewichtsverlust
- Appetitlosigkeit
- Erbrechen
- "Salzhunger" (Verlangen nach salzigen Nahrungsmitteln)
- Schwindel
- niedrigen Blutdruck mit Kollapsneigung
- bräunliche Verfärbung der Haut, auch an Handflächen und Fußsohlen, Narben, Lippen (nur primäre Form)
- Bauchschmerzen
- Verstopfung oder Durchfall
- bei Frauen eventuell Verlust der Schambehaarung
- Verlust der Libido
- Unterzuckerungen
Addisonkrise
Durch besondere Belastungssituationen, wie z. B. Operationen und Krankheiten, kann sich vor allem eine noch nicht behandelte NNR-Insuffizienz plötzlich verschlechtern. Dieser potentiell lebensbedrohliche Zustand ist durch Bewusstseinstrübung bis hin zu Koma, Blutdruckabfall, massive Austrocknung des Organismus, Unterzuckerung und Bauchbeschwerden (Pseudoperitonitis) gekennzeichnet.
Untersuchungsmethoden
Bei Verdacht auf eine NNR-Insuffizienz wird zunächst Labordiagnostik durchgeführt. Mit bildgebenden Verfahren (Ultraschall, Computer-, Magnetresonanztomographie) können dann ggf. Veränderungen der Nebennieren, der Hypophyse oder des Hypothalamus dargestellt werden.
Laborchemische Abgrenzung der NNR-Insuffizienz-Formen Form Natrium Kalium Cortisol ACTH Aldosteron ACTH-Test CRH-Test NNR-Antikörper primär vermindert erhöht vermindert erhöht vermindert Cortisol steigt nicht Cortisol steigt nicht
ACTH steigthäufig positiv sekundär normal normal vermindert vermindert normal Cortisol steigt Cortisol steigt
ACTH steigt nichtnegativ tertiär normal normal vermindert vermindert normal Cortisol steigt Cortisol steigt
ACTH steigtnegativ Behandlung
Die Behandlung des Morbus Addison besteht in der Zufuhr der im Körper nicht ausreichend gebildeten Hormone in Form von
- Hydrocortison zum Ausgleich des Cortisolmangels und
- Fludrocortison zum Ersatz des fehlenden Aldosterons.
Bei besonderen Belastungen für den Körper, etwa bei Operationen, muss die Dosis vorübergehend erhöht werden. Eventuell vorliegende Infektionen als Ursache für den Morbus Addison werden mit Antibiotika behandelt, Tumoren werden operiert. Eine Addison-Krise verlangt eine intensivmedizinische Überwachung sowie eine Behandlung mit zucker- und cortisonhaltigen Infusionen.
Heilungsaussichten
Mit Ausnahme der tertiären Form auf dem Boden einer Cortisontherapie ist die Erkrankung nicht heilbar, jedoch durch lebenslange Gabe der fehlenden Hormone in Form von Medikamenten behandelbar.
Bei der heute seltenen tuberkulösen Form der primären Nebenniereninsuffizienz führt die alleinige Cortisongabe zur Verschlechterung der Tuberkulose. Die Tuberkulose muss ausgeheilt werden und der Hormonmangel dauerhaft ersetzt werden.
Siehe auch
Literatur
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