- Nichteuklidische Geometrie
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Nichteuklidische Geometrien unterscheiden sich von der euklidischen Geometrie dadurch, dass in ihnen das Parallelenaxiom nicht gilt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Sehr früh hatte es Überlegungen zur mathematischen Struktur des Raumes gegeben. So stellten die Mathematiker János Bolyai, Nikolai Lobatschewski und Carl Friedrich Gauß bereits Anfang des 19. Jahrhunderts fest, dass nicht unbedingt eine euklidische Geometrie des Raumes vorliegen müsse, und begannen, eine nichteuklidische Geometrie zu entwickeln. Diese Arbeiten blieben jedoch lange Zeit unbeachtet. Carl Friedrich Gauß publizierte seine diesbezüglichen Ergebnisse überhaupt nicht.
Zwischen 1818 und 1826 leitete Gauß die Hannoversche Landesvermessung und entwickelte dabei Verfahren mit erheblich gesteigerter Genauigkeit. In diesem Zusammenhang entstand die Vorstellung, er habe empirisch nach einer Krümmung des Raumes gesucht, indem er die Winkelsumme in einem Dreieck vermaß, das vom Brocken im Harz, dem Inselsberg im Thüringer Wald und dem Hohen Hagen bei Göttingen gebildet wird. Sie wird heute mehrheitlich als Legende angesehen, auch wenn die Möglichkeit, Gauß habe nach Abweichungen vom üblichen Wert der Winkelsumme von 180° gesucht, nicht mit letzter Konsequenz ausgeschlossen werden kann. Die Genauigkeit seiner Instrumente hätte jedoch für den Nachweis der winzigen Krümmung des Raumes im Gravitationsfeld der Erde bei weitem nicht ausgereicht. Sie ist auch heute noch nicht möglich.
Gauß' Schüler Bernhard Riemann war es, der die Differentialgeometrie gekrümmter Räume entwickelte und 1854 vorstellte. Zu dieser Zeit erwartete niemand eine physikalische Relevanz dieses Themas. Tullio Levi-Civita, Gregorio Ricci-Curbastro und Elwin Bruno Christoffel bauten die Differentialgeometrie weiter aus. Einstein fand in ihren Arbeiten einen wahren Schatz an mathematischen Werkzeugen für seine allgemeine Relativitätstheorie.
Grundlagen
Entwickelt wurden die nichteuklidischen Geometrien nicht mit dem Anspruch, unsere Raumerfahrung zu präzisieren, sondern als axiomatische Theorien in der Auseinandersetzung mit dem Parallelenproblem. Dass es Modelle für nichteuklidische Geometrien gibt (z. B. von Felix Klein und Henri Poincaré), beweist, dass das Parallelenaxiom Euklids nicht aus den anderen Axiomen gefolgert werden kann und von ihnen unabhängig ist.
Man erhält nichteuklidische Geometrien, indem man das Parallelenaxiom aus dem Axiomensystem weglässt oder es abändert. Die grundlegenden Änderungsmöglichkeiten sind:
- Zu einer Geraden und einem Punkt außerhalb der Geraden gibt es keine Parallele. Zwei verschiedene Geraden in einer Ebene schneiden einander also immer. Dies führt zu einer elliptischen Geometrie. Ein anschauliches Modell einer zweidimensionalen elliptischen Geometrie ist die Geometrie auf einer Kugelfläche. Hier ist die Winkelsumme eines Dreiecks größer als 180°, der Umfang eines Kreises beträgt weniger als 2πr, und die Fläche weniger als πr2. In der elliptischen Geometrie gelten jedoch die Anordnungsaxiome nicht mehr unverändert.
- Zu einer Geraden und einem Punkt außerhalb der Geraden gibt es mindestens zwei Parallelen. Hierbei können alle anderen Axiome gewahrt werden. Man erhält eine hyperbolische Geometrie. Sie kann durch die Modelle von Klein und Poincaré auf zwei Arten beschrieben werden. Im Kleinen (oder lokal) kann sie auf einer Sattelfläche konstanter Gaußscher Krümmung (der sogenannten Pseudosphäre) veranschaulicht werden. Die Winkelsumme eines Dreiecks ist nun kleiner als 180°, der Umfang eines Kreises beträgt mehr als 2πr, und seine Fläche mehr als πr2.
Inzwischen spielt die nichteuklidische Geometrie eine wichtige Rolle in der theoretischen Physik und der Kosmologie. Gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie weicht die Geometrie des Weltalls von der euklidischen ab, weil Schwerefelder den Raum „krümmen“. Ob die Geometrie des Universums „im Großen“ sphärisch (elliptisch), eben (das heißt euklidisch) oder hyperbolisch ist, gehört zu den großen aktuellen Fragen der Physik.
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Literatur
- Felix Klein: Vorlesungen über nicht-euklidische Geometrie. VDM Müller, Saarbrücken 2006, ISBN 978-3-8364-0097-8
- Henry Manning: Non-euclidean geometry. Gutenberg eText
- Julian L. Coolidge: The elements of non-Euclidean geometry. Cornell Univ. Library, Cornell 2008, ISBN 978-1-4297-0446-5
- Nikolai I. Lobachevsky, Pangeometry, Translator and Editor: A. Papadopoulos, Heritage of European Mathematics Series, Vol. 4, European Mathematical Society, 2010.
- Marvin J. Greenberg: Euclidean and non-Euclidean geometries - development and history. Freeman, New York 2008, ISBN 978-0-7167-9948-1
- Boris A. Rozenfel'd: A history of non-Euclidean geometry - evolution of the concept of a geometric space. Springer, New York 1988, ISBN 3-540-96458-4
- János Bolyai, (et al.): Non-euclidean geometries. Springer, New York 2006, ISBN 978-0-387-29554-1
Weblinks
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