Nipah-Virus

Nipah-Virus
Nipah-Virus
TEM-Bild von Nipah-Virus virionen
Systematik
Reich: Viren
Ordnung: Mononegavirales
Familie: Paramyxoviridae
Unterfamilien: Paramyxovirinae
Gattung: Henipavirus
Art: Nipah-Virus
Taxonomische Merkmale
Genom: (-)ssRNA linear
Baltimore: Gruppe 5
Symmetrie: helikal
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Nipah Virus (engl.)
Taxon-Kurzbezeichnung
NIPV
Links
NCBI Taxonomie: 121791
NCBI Reference: AF212302
ICTVdB Virus Code: 01.048.1.04.002

Das Nipah-Virus ist eine Virusspezies aus der Familie der Paramyxoviridae und bildet zusammen mit dem eng verwandten Hendra-Virus die Gattung Henipavirus. Das Nipah-Virus wurde 1999 erstmals charakterisiert[1], nachdem Ende 1998 ein größerer Ausbruch einer infektiösen Enzephalitis in Malaysia und Singapur untersucht wurde. Das isolierte Virus war morphologisch dem kurz zuvor in Australien entdeckten Hendra-Virus sehr ähnlich, jedoch im Krankheitsverlauf und seiner Antigenität doch von diesem verschieden. Es wurde daher vor einer endgültigen Benennung zunächst als Hendra-like Virus bezeichnet. Das neue Virus erhielt seinen taxonomischen Namen in Anlehnung an den kleinen Ort Kampung Teluk Nipah auf der malayischen Insel Pangkor, wo die Epidemie von 1998 besonders hohe Infektionszahlen aufwies und das Virus aus einem von dort stammenden Patienten isoliert wurde.

Inhaltsverzeichnis

Entdeckung

Zwischen September 1998 und April 1999 wurden offiziell 229 Fälle einer schwerverlaufenden, fiebrigen Enzephalitis in Malaysia gemeldet, kurz nach dem Beginn dieser Epidemie auch neun Fälle in Singapur. Hier wurden auch Symptome einer schweren Infektion der Atemwege berichtet. Überwiegend waren Männer betroffen, die in Schlachthäusern arbeiteten; von den Erkrankten starben 48 % [2] Daher vermutete man sehr schnell einen Zusammenhang mit einer Infektion bei Tieren. Gleichzeitig wurde in Malaysia bei Schweinen ein milder Ausbruch einer fiebrigen Atemwegsinfektion mit ungeklärtem Erreger registriert, der erst später als der gleiche Erreger wie bei den Enzephalitis-Patienten identifiziert wurde. Um die weitere Verbreitung der Epidemie auch beim Menschen zu verhindern, wurden über eine Million Schweine gekeult, was etwa der Hälfte des gesamten malayischen Schweinebestandes entsprach.

Durch die Reduktion des Schweinebestandes und veterinärmedizinische Überwachung konnte der Ausbruch eingedämmt werden. Seither sind nur wenige kleinere Ausbrüche dokumentiert, so in den Jahren 2001 und 2003 in Bangladesch. [3]

Erkrankung

Die Infektion wird auf den Menschen leicht durch engen Kontakt zu Schweinen übertragen. Als Risikogruppe gelten daher Arbeiter in Schlachthöfen und auf Schweinefarmen. Die Übertragung von Mensch zu Mensch scheint schwieriger zu sein, da nur knapp die Hälfte der 1998 erkrankten Arbeiter irgendeine Person der eigenen Familie infiziert hatte.[4] Bei Schweinen manifestiert sich die Infektion als milde, fiebrige Atemwegsinfektion. Todesfälle bei Schweinen wurden nicht beschrieben. Nach überstandener Infektion scheinen die Schweine gegenüber einer erneuten Infektion immun zu sein; ein entsprechender Impfstoff für Schweine konnte mittlerweile entwickelt werden,[5] der jedoch noch nicht produziert wird oder zugelassen ist.

Das sehr wahrscheinliche biologische Reservoir des Nipah-Virus sind Flughunde der Gattung Pteropus. Nachdem man zunächst nur serologische Hinweise fand, konnte kürzlich im Urin der Spezies Pteropus lylei aus Thailand auch der Erreger direkt nachgewiesen werden.[6] Von diesen Flughunden geht wahrscheinlich die Infektion der Schweine durch einen noch ungeklärten Übertragungsweg aus. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sich Menschen durch den Kontakt mit den Flughunden oder ihren Ausscheidungen infizieren können.

Die Erkrankung beim Menschen beginnt nach einer Inkubationszeit von weniger als zwei Wochen mit einer akuten Enzephalitis mit Fieber, Kopfschmerzen und Schwindel. Bei 75% der Patienten zeigen sich früh abnormale Befunde einer viralen Infektion in der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit. Sehr schnell, innerhalb von 24 bis 48 Stunden, werden die Patienten komatös; etwa 40 % der bislang beschriebenen Erkrankungen verlaufen tödlich, die Gabe von Ribavirin konne die Letalität auf 36 % senken.[7] Neben der akuten Erkrankung gibt es auch bei 7,5 % der Erkrankten ein Rezidiv der Enzephalitis oder bei bislang symptomlosen Infizierten erst nach Monaten eine fokal begrenzte Enzephalitis (3,4 %). Die Zeitspanne zwischen akuter Erkrankung und Spätkomplikation (Rezidiv) beträgt im Schnitt 8,4 Monate. Dauerhafte Schäden wie chronisches Anfallsleiden (Epilepsie) und Persönlichkeitsveränderung nach überstandener Infektion sind beschrieben.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Lim CC, Sitoh YY, Lee KE, Kurup A, Hui F: Meningoencephalitis caused by a novel paramyxovirus: an advanced MRI case report in an emerging disease. Singapore Medical Journal 1999 May;40(5):356-358.
  2. Outbreak of Hendra-like virus--Malaysia and Singapore, 1998-1999. MMWR Morbidity and Mortality Weekly Report (CDC) o9. April 1999, Vol. 48, Nr. 13, S. 265 - 269
  3. Hsu VP, Hossain MJ, Parashar UD, et al.: Nipah virus encephalitis reemergence, Bangladesh. Emerging Infectious Diseases (2004) Dec;10(12):2082-2087
  4. Tan CT und Wong KT: Nipah encephalitis outbreak in Malaysia. Ann Acad Med Singapore (2003) Jan;32(1):112-117 (Review)
  5. Weingartl HM, Berhane Y, Caswell JL, et al.: Recombinant nipah virus vaccines protect pigs against challenge. Journal of Virology (2006) Aug;80(16):7929-7938
  6. S. Wacharapluesadee & T. Hemachudha: Duplex nested RT-PCR for detection of Nipah virus RNA from urine specimens of bats. Journal of Virological Methods, Volume 141, Nr.1, April 2007, S. 97-101 doi:10.1016/j.jviromet.2006.11.023
  7. Tan CT und Wong KT: Nipah encephalitis outbreak in Malaysia. Ann Acad Med Singapore (2003) Jan;32(1):112-117 (Review)

Weblinks


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