Bangladesch

Bangladesch
গণপ্রজাতন্ত্রী বাংলাদেশ
Ganaprajātantrī Bāṃlādeś

Volksrepublik Bangladesch

Flagge Bangladeschs
Wappen Bangladeschs
Flagge Wappen
Amtssprache Bengalisch
Hauptstadt Dhaka
Staatsform Parlamentarische Republik
Staatsoberhaupt Zillur Rahman
Regierungschef Hasina Wajed
Fläche 147.569 km²
Einwohnerzahl 142.319.000 (2011)[1]
Bevölkerungsdichte 1.074,6 Einwohner pro km²
Bruttoinlandsprodukt nominal (2009)[2] 94.507 Mio. US$ (57.)
Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner 574 US$ (157.)
Human Development Index 0,543 (146.)[3]
Währung 1 Taka = 100 Poisha
1 € = 104,64 BDT
100 BDT = 0,96 EUR
(Stand: 1. Nov 2011)
Unabhängigkeit 16. Dezember 1971 von Pakistan
Nationalhymne Amar Sonar Bangla
Nationalfeiertag 26. März
Zeitzone UTC +6
Kfz-Kennzeichen BD
Internet-TLD .bd
Telefonvorwahl +880
Bangladesh in its region.svg
Bangladesch.png

Bangladesch (bengalisch বাংলাদেশ Bāṃlādeś) ist ein Staat in Südasien. Er grenzt im Süden an den Golf von Bengalen, im Südosten an Myanmar und wird sonst von Indien umschlossen. Er nimmt den östlichen Teil der historischen Region Bengalen ein, der 1947 aufgrund der muslimischen Bevölkerungsmehrheit von Indien abgespalten und unter der Bezeichnung Ostpakistan zum Bestandteil Pakistans wurde. 1971 erlangte Ostpakistan infolge des Bangladesch-Krieges unter dem Namen Bangladesch seine Unabhängigkeit. Bangladesch bedeutet in der Landessprache „Land der Bengalen“ (bangla = bengalisch + desh = Land). Die offizielle Bezeichnung eines Bewohners Bangladeschs lautet Bangladescher.[4]

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Bangladesch grenzt an die indischen Bundesstaaten Westbengalen, Assam, Meghalaya, Tripura und Mizoram (im Uhrzeigersinn, beginnend im Westen), sowie an Myanmar und den Golf von Bengalen (Teil des Indischen Ozeans). Die Gesamtlänge der Grenze beträgt 4.246 km, davon mit Myanmar 193 km und mit Indien 4.053 km. Die Küstenlänge beträgt 580 km.

Klimadiagramm Chittagong

Der größte Teil Bangladeschs wird vom Deltabereich der Flüsse Brahmaputra, Ganges und Meghna gebildet; ein von vielen Wasserläufen durchzogenes ebenes Gebiet, das häufig von Überschwemmungen bedroht ist, da die großen Flüsse aufgrund der Abholzungen im Himalaya immer öfter große Wassermassen führen müssen. Die Hauptstadt Dhaka liegt nur sechs Meter über dem Meer. Bei einem Meeresspiegelanstieg um einen Meter würden ohne Küstenschutzmaßnahmen 25.000 km² Landfläche (17 Prozent der gesamten Fläche von Bangladesch) überschwemmt werden.[5] Nach den gängigen Szenarien ist jedoch ein wesentlich geringerer Meeresspiegelanstieg zwischen 18 und 59 cm wahrscheinlich, dessen Folgen sich mit effektiven Küstenschutzmaßnahmen, deren Kosten etwa 0,1 % des BIP betragen, vermeiden lassen.[6] Im Mündungsbereich des Ganges und Brahmaputra erstrecken sich über weite Teile entlang der Küste die Mangrovengebiete der Sundarbans. Aufgrund des flachen, breiten Küstenstreifens vor Bangladesch verlief sich die Wucht des Tsunamis infolge des Erdbebens im Indischen Ozean 2004 fast vollständig vor der Küste.

Das Klima Bangladeschs ist tropisch mit zunehmenden Niederschlägen von West nach Ost. Bangladesch liegt im Einflussbereich des Südwest-Monsuns, so dass durchschnittlich 1.500 bis 2.250 mm Jahresniederschlagssumme erreicht werden. Im Osten, am Fuß der Tripura-Lushai-Berge, fallen 3.000 bis 4.000 mm (siehe Klimadiagramm Chittagong). Dort befindet sich mit dem Mowdok Mual die höchste Erhebung Bangladeschs (1003 m). Mehr als die Hälfte der Jahresniederschläge entfällt auf die Monate Juni bis August. Im März/April und im Oktober kommt es häufig zu tropischen Wirbelstürmen über dem Golf von Bengalen, die oft katastrophale Folgen haben, da die damit verbundenen Fluten weite Teile des Landes überschwemmen. So forderten sowohl der Zyklon in Ostpakistan 1970 als auch der Bangladesch-Zyklon von 1991 jeweils weit über 100.000 Todesopfer.

Die ursprüngliche Waldvegetation ist weitgehend vernichtet, die außerordentlich hohe Bevölkerungsdichte von 1.066 Einwohner/km² (die höchste aller Flächenländer) hat zu einer umfassenden Umwandlung in Ackerland geführt, auf dem überwiegend Reis angebaut wird.

Umwelt

Bezogen auf die Zahl der betroffenen Menschen ist die Küstenregion Bangladeschs die weltweit am stärksten von der globalen Erwärmung betroffene Region. 15 Millionen Bewohner im flachen Schwemmland von Bangladesch am Ganges-Delta sind vom Meeresspiegel-Anstieg betroffen. Wirbelstürme wie Zyklon Sidr im November 2007 fordern immer mehr Opfer. Verschärfend wirkt sich für die Mangrovenwälder des Sundarbarns-Nationalpark aus, dass durch Staudämme am Oberlauf des Ganges nicht mehr genügend Süßwasser ankommt. Der steigende Salzgehalt schädigt die Mangroven.[7][8]

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung (in Tausend)

Mit 158,5 Millionen Einwohnern (Stand: 2011) steht Bangladesch in der Liste der Landesbevölkerungen an siebter Stelle und ist mit einer Bevölkerungsdichte von 1.071 Menschen je Quadratkilometer der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Welt. Lange Zeit hatte Bangladesch eine hohe Geburtenrate. Durch Selbsthilfeinitiativen der Bevölkerung, die von Entwicklungshilfeorganisationen unterstützt wurden, konnte die zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer zwischen 1979 und 1999 von 7,0 auf 3,3 Kinder pro Frau gesenkt werden. 2009 lag die zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer bei 2,5 Kindern pro Frau.[9]

Umfragen von 1999 zeigten, dass die Menschen in Bangladesch mit damals 3,3 Kindern pro Frau weit mehr Kinder bekamen, als sie sich eigentlich wünschten (im Durchschnitt nur 2,3 Kinder). Aufgrund der in Bangladesch weit verbreiteten Armut hatte ein Teil der Frauen noch immer keinen Zugang zu sicheren und wirksamen Methoden der Familienplanung.[10]

Im Jahr 2009 lebten 25 Prozent der Bevölkerung in den Städten.[9]

Verteilung

Einwohner von Rangabali, 2007

In fast allen Landesteilen liegt die Bevölkerungsdichte über 500 Einwohner/km². Nur in den Distrikten um Chittagong (außer Cox's Bazar) liegt sie zwischen 75 Einwohner/km² und 500 Einwohner/km². Zu den Gebieten mit der höchsten Bevölkerungsdichte zählen Narsingdi und Narayanganj mit über 2000 Einwohner/km² und die Hauptstadt Dhaka mit mehr als 7000 Einwohner/km².

Völker und Sprachen

Im Gegensatz zu den anderen Staaten Südasiens ist Bangladesch ethnisch relativ einheitlich. Etwa 98 Prozent der Bevölkerung sind Bengalen mit Muttersprache Bengali. Unter der Mittel- und Oberschicht ist Englisch als Bildungssprache weit verbreitet. Zu den wenigen Minderheiten gehören die Bihari (1 Prozent), die aufgrund religiöser Konflikte infolge der Teilung Britisch-Indiens bei dessen Unabhängigkeit aus Bihar in das damalige Ostpakistan kamen. Sie sprechen zumeist Urdu. Daneben gibt es in den Chittagong Hill Tracts im Südosten und im Norden des Landes matriarchalische Minderheiten, meist tibetobirmanischer Abstammung und Sprache. Insgesamt werden 39 verschiedene Sprachen und Idiome gesprochen.

Religion

Der Großteil der Bevölkerung, rund 90 Prozent, bekennt sich zum Islam, gefolgt vom Hinduismus mit etwa neun Prozent und dem Buddhismus mit weniger als einem Prozent. Der Islam ist Staatsreligion, die Religionsfreiheit wird in der Verfassung erwähnt. Dem Christentum gehören etwa 0,3 Prozent der Bevölkerung an.

Der Sufismus ist bereits seit Jahrhunderten verbreitet; der Einfluss islamischer Fundamentalisten hingegen wächst seit den 1980er Jahren. Seit 1988 ist die Scharia, das islamische Recht, Grundlage des Rechtssystems. Der Fundamentalismus hat die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit radikalisiert. So wurde die Schriftstellerin Taslima Nasrin wegen ihres Romans Scham, in dem sie die Unterdrückung der Frauen in Bangladesch kritisiert, 1994 zum Tode verurteilt. Sie floh ins Exil nach Schweden - wie viele Literaten. Erst 2003 wurde das Urteil umgewandelt, den exilierten Frauenrechtlern droht nun bei Rückkehr ein Jahr Haft.[11]

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren 33,9 Prozent der Bevölkerung Hindus. Seit diesem Zeitpunkt und besonders seit der Abspaltung von Indien ging der Anteil dieser Religion zugehörigen Personen stark zurück. Heute beträgt er noch etwa 40 Prozent des Anteils von 1951 und 30 Prozent von 1941. Grund dafür sind vor allem Flucht und Vertreibung der Hindus. Im Jahre 1971 gab es Massaker an Hindus, Maximalschätzungen sprechen von bis zu drei Millionen Toten. Bevor 1941 fast vier Millionen Hindus nach Indien flohen, waren noch 28 Prozent der Bevölkerung hinduistischen Glaubens.

Religion 1951 1961 1974 1981 1991 2001
Islam 76,91 % 80,43 % 85,40 % 86,65 % 88,30 % 89,7 %
Hinduismus 22,05 % 18,45 % 13,53 % 12,13 % 10,51 % 9,2 %
Buddhismus 0,76 % 0,74 % 0,61 % 0,62 % 0,59 % 0,7 %
Christentum 0,26 % 0,29 % 0,30 % 0,32 % 0,33 % 0,3 %

Soziales

Bangladesch ist (Stand 2004) noch immer ein Entwicklungsland, doch hat es in den vergangenen 25 Jahren beachtliche Fortschritte erreicht. Dazu haben nichtstaatliche Entwicklungsorganisationen beigetragen. In diesen Organisationen haben sich Bangladescher zusammengeschlossen, um die Armut zu bekämpfen und größere Gerechtigkeit in ihrem Land zu schaffen. Unterstützung erhielten und erhalten sie unter anderem von Entwicklungshilfeorganisationen aus dem Ausland.[12]

Bildung

In Bangladesch sind viele Erwachsene, insbesondere Frauen, Analphabeten.[13] 2007 gab es 45 Schüler pro Grundschullehrer.[14] Lediglich eine Minderheit der entsprechenden Altersgruppe ist in tertiärer Bildung.[14]

Gesundheit

Die weibliche Lebenserwartung bei der Geburt betrug 2007 66,7 Jahre und die männliche 64,7.[15] Ein hoher Anteil der Kleinkinder in Bangladesch ist untergewichtig. [15] Die Regierungsausgaben für die Gesundheit betrugen 2006 26 US-Dollar (Kaufkraftparität) pro Person.[15] Die HIV-Infektionsrate ist niedrig. [16] Die Kindersterblichkeit konnte stark gesenkt werden. 1979 lag sie noch bei 21 Prozent der Kinder, die vor ihrem 5. Geburtstag sterben, im Jahr 2004 waren es nur noch 8 Prozent.[12]

Geschichte

Historische Karte von Ostbengalen und Assam (1907)
  • Unabhängigkeit: Proklamation 26. März 1971, anerkannt am 16. Dezember 1971 (ehem. Teil von Britisch-Indien; ab 1947 Teil von Pakistan)

Bangladesch bildete bis 1947 einen Teil Britisch-Indiens. Nach der Teilung des Landes in einen mehrheitlich hinduistischen, säkularen Staat (Indien) und einen muslimischen Staat (Pakistan) wurde das ebenfalls überwiegend islamische Ost-Bengalen Pakistan zugeschlagen, von dem es geographisch durch Indien getrennt war. Trotz der gemeinsamen islamischen Religion trennten Westpakistan und Ostpakistan nicht nur sprachliche und kulturelle Verschiedenheiten. Der fruchtbare Osten erzielte mit seinen Jute- und Reisexporten Überschüsse, die fast ausschließlich dem Westteil zugute kamen, wo sie wiederum vorrangig für das Militär ausgegeben wurden. Insbesondere im pakistanisch-indischen Kaschmirkrieg im Jahr 1965 wurde deutlich, dass einerseits Westpakistan keinerlei Anstrengungen zur militärischen Sicherung Ostpakistans unternahm, andererseits die Kaschmirfrage in Ostpakistan kaum auf Interesse stieß. Zudem waren Bengalen sowohl im Militär als auch in der Staatsverwaltung stark unterrepräsentiert. Scheich Mujibur Rahman, der charismatische Führer der ostpakistanischen Awami-Liga, forderte deshalb weitestgehende Autonomie für Bengalen (Ostpakistan). Nach dem Rücktritt von Präsident Mohammed Ayub Khan 1968 sah sein Nachfolger General Yahya Khan keine Alternative zur Ausschreibung der ersten freien Wahlen in Gesamtpakistan seit der Staatsgründung. Angesichts des Erdrutschsieges der Awami-Liga im Osten, der durch die Unzufriedenheit mit der Zentralregierung nach dem verheerenden Zyklon im November 1970 mit beeinflusst wurde, und der Bevölkerungsverhältnisse in beiden Landesteilen hätte dies zu einer Awami-Regierung für den Gesamtstaat führen müssen. Diese stieß in Westpakistan vor allem beim dortigen Wahlsieger Zulfikar Ali Bhutto und der pakistanischen Armee auf Widerstand. Sie entschlossen sich zu einer blutigen Unterdrückung der separatistischen Bestrebung, die vor allem auf eine Eliminierung der bengalischen Eliten hinauslief. Nur einen Tag nach der Machtübernahme der Armee proklamierte Mujibur Rahman die Unabhängigkeit des Landes. Eine endgültige Entscheidung konnte aber erst durch ein Eingreifen Indiens in Ostpakistan, das sich im Bangladesch-Krieg für die bengalische Seite stark gemacht hatte, herbeigeführt werden (3. – 16. Dezember 1971). Am 17. Dezember 1971 erlangte Ost-Pakistan schließlich auch völkerrechtlich die Unabhängigkeit, und gab sich den Namen Bangladesch. Nach Darstellung der Regierung von Bangladesch kostete der Unabhängigkeitskrieg drei Millionen Bangladeschern das Leben und mehr als 20 Millionen Flüchtlinge flohen nach Indien. Viele Inder sehen die unermessliche Zahl an Flüchtlingen nach Nordostindien als eigentlichen Grund für das indische Eingreifen in den Konflikt. Ab dem Frühjahr 1972 wurde Bangladesch nach und nach von der Mehrheit der Staatengemeinschaft anerkannt; Pakistan erkannte das Land im Februar 1974 an.

Das National Martyrs' Monument in Savar bei Dhaka erinnert an die Opfer des Unabhängigkeitskampfes

Nach seiner Unabhängigkeit wurde Bangladesch eine parlamentarische Demokratie mit Mujib als Premierminister. 1973 gewann die Awami-Liga die absolute Mehrheit. 1973, 1974 und Anfang 1975 traten landesweit Hungersnöte auf. Mujib führte ein Ein-Parteien-Regime ein und benannte die Awami-Liga in BAKSAL um. Am 15. August 1975 wurden Mujib und seine Familie bei einem Militärputsch umgebracht. In den nächsten drei Monaten folgten eine Reihe von Putschen und Gegenputschen, bis General Ziaur Rahman an die Macht kam. Er führte wieder ein Mehr-Parteien-System ein und gründete die BNP (Bangladesh Nationalist Party). Zia wurde 1981 von Militärs umgebracht. 1983 kam General Hossain Mohammad Ershad bei einem unblutigen Staatsstreich an die Macht. Gegen das Kriegsrecht und gegen die von der Regierung verfolgte Islamisierung der Gesellschaft gab es zahlreiche Protestaktionen und Streiks. Zu sozialen Spannungen kam es auch mit den 500.000 in Bangladesch lebenden Biharis, die überwiegend in Lagern leben mussten. General Ershad versuchte mit der Privatisierung von Staatsbetrieben, Anreize für ausländische Investoren zu schaffen und die Arbeitslosigkeit von um die 30 Prozent zu senken. Er regierte bis zu einem Volksaufstand 1990. Seit diesem Zeitpunkt ist Bangladesch zur parlamentarischen Demokratie zurückgekehrt. Zias Witwe Khaleda Zia errang mit der BNP 1991 und 2001 Wahlsiege und war von 1991 bis 1996 und von 2001 bis 2006 Regierungschefin. Von 1996 bis 2001 war Hasina Wajed, eine überlebende Tochter von Mujib und Führerin der Awami-Liga, Regierungschefin. Dieses Amt hat sie seit 2009 wieder inne.

In Bangladesch gibt es massive Korruption, Unordnung und politische Gewalt. 2007 machte Bangladesch aufgrund einer umstrittenen Parlamentswahl von sich reden, die im Januar 2007 stattfinden sollte. Anfang Januar 2007 kam es zu so schweren Unruhen unter Führung der oppositionellen Awami-Liga, dass Staatspräsident Iajuddin Ahmed am 11. Januar den Ausnahmezustand über das Land verhängte.[17] Eine Übergangsregierung unter dem Ökonomen Fakhruddin Ahmed übernahm die Amtsgeschäfte. Ein neuer Wahltermin wurde zunächst nicht festgesetzt. Aus Regierungskreisen hieß es, dass die Übergangsregierung zunächst Reformen durchführen wolle, um freie und faire Wahlen zu garantieren. Außerdem solle die Korruption bekämpft werden. Im Zeitraum 11. Januar–13. März 2007 wurden in ganz Bangladesch fast 100.000 Menschen verhaftet.[18] Unter den Verhafteten waren viele Spitzenpolitiker, wie der Sohn der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia (BNP). Er galt als einer der korruptesten Politiker des Landes.

Obwohl die Notstandsregierung in der Bevölkerung gewisse Popularität erlangen konnte, formierten sich im August 2007 Studentenproteste, die bald auf das ganze Land übergriffen. Ende August sah sich die Regierung daher gezwungen, eine Ausgangssperre zu verhängen.[19]

Zu Neuwahlen kam es am 30. Dezember 2008, die die Awami-Liga unter Sheik Hasina Wajed deutlich gewann. Sie verfügt nun über mehr als dreiviertel der Sitze im Parlament.[20]

Politik

Siegel des Präsidenten von Bangladesch
Siegel des Premierministers von Bangladesch

Das Parlament im Gebäude Jatiya Sangsad Bhaban (deutsch: „Haus der Nationalversammlung“) hat 330 Abgeordnete, von denen 300 direkt gewählt werden, 30 Sitze sind für Frauen reserviert. Parlamentswahlen finden alle fünf Jahre statt. Das allgemeine Wahlrecht gilt ab 18 Jahren.

Regierungschef des Landes ist der Premierminister, der vom Parlament gewählt wird. Der Präsident übernimmt als Staatsoberhaupt zeremonielle Aufgaben. Er wird ebenfalls vom Parlament auf fünf Jahre gewählt. Es ist eine einmalige Wiederwahl möglich.

  • Staatsoberhaupt: Zillur Rahman, seit 12. Februar 2009
  • Regierungschefin: Sheikh Hasina Wajed, seit 6. Januar 2009
  • Außenminister: Dipu Moni, seit 6. Januar 2009
  • Parteien, Wahlen zum Parlament vom 30. Dezember 2008: Awami League/AL 231 von 300 Sitzen (2001: 62), Bangladesh Nationalist Party/BNP 30 (193), Jatiya Party (Ershad) 25 (14), Jatiya Samajtantric Dal 3 (1), Jamaat-e-Islami 2 (17), Bangladesh Workers Party 2 (1), Jatiya Party (Naziur)/BJP 1 (4), Liberal Democratic Party 1 (-), Unabhängige 4 (6).[21]
  • Nationalfeiertage: 26. März, 16. Dezember

Verfassung

Nach der Verfassung von 1972 (letztmalig geändert 2004[22]) ist Bangladesch eine Republik mit einem Einkammerparlament. Nach der Verfassung in der jetzigen Version ist der Islam Grundlage und Richtschnur allen Handelns. Der Verfassungsartikel Nr. 8 “Fundamentale Prinzipien” wurde im Jahr 1977 ergänzt durch den Zusatz: “Absolute trust and faith in the Almighty Allah shall be the basis of all actions." (Das absolute Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein.) [23]

Außenpolitik

Seit sechs Jahren baut Indien an einem mit Stacheldraht gesicherten Grenzwall, welcher die 4.000 km lange Grenze gegen illegale Migration aus Bangladesch abriegeln soll. In Indien leben nach Schätzungen etwa 20 Millionen Bangladescher.

Bangladesch ist zudem Gründungsmitglied der SAARC (Südasiatische Vereinigung für regionale Kooperation).

Verwaltungsgliederung

Verwaltungseinheiten Bangladeschs
Verwaltungsgliederung in Distrikte (districts) und Unterdistrikte (subdistricts)

Bangladesch ist in sieben Verwaltungseinheiten (Divisions), die wiederum in 64 Bezirke (Districts) untergliedert sind, aufgeteilt. Die Divisions sind:

Städte

Stadtzentrum von Dhaka

Die Hauptstadt Dhaka, vor Chittagong und Khulna die größte Stadt des Landes, hatte bei der Volkszählung am 22. Januar 2001 in der eigentlichen Stadt 5.378.023 Einwohner (9.912.908 in der Agglomeration). Im Jahre 2010 wird die Zahl der Bewohner auf etwa 15 Millionen geschätzt.[24] Fast die Hälfte von ihnen lebt in Elendsvierteln. Dhaka gehört als eine der am schnellsten wachsenden Städte weltweit zu den Megastädten.

Die größten Städte sind (Volkszählung 2001):

  1. Dhaka: 5.378.023 Einwohner
  2. Chittagong: 2.095.846 Einwohner
  3. Khulna: 773.216 Einwohner
  4. Rajshahi: 383.655 Einwohner
  5. Sylhet: 285.308 Einwohner

Militär

Die Streitkräfte Bangladeschs umfassen rund 125.500 Soldaten. Rund 8.000 Soldaten sind hierbei im Einsatz als Friedenstruppen der Vereinten Nationen, damit rangiert Bangladesch hinter Pakistan an zweiter Stelle. Die eingesetzten Soldaten gelten weitgehend als diszipliniert und zuverlässig, mehrmals wurde militärisches Führungspersonal aus Bangladesch zu Kommandeuren von Friedensmissionen ernannt. Bangladesch bezieht jährlich 200 Millionen US-Dollar an Rekompensation für diese Einsätze (Stand 2006), dies stellt eine wichtige Einkommensquelle für das Land und die Streitkräfte dar. Weiterhin gilt das daraus entstehende Interesse der Streitkräfte Bangladeschs an einer guten Beziehung zur UN als ein innenpolitisch wichtiger stabilisierender Faktor. [25]

Beteiligung Bangladeschs an UN-Missionen im Juli 2008
UN-Mission Soldaten Militärbeobachter Polizisten
BINUB (Burundi) 1
MINURCAT (Zentralafrik. Rep., Tschad) 1
MINURSO (Westsahara) 8
MONUC (Dem. Rep. Kongo) 1.331 25 248
UNAMA (Afghanistan) 1
UNAMID (Darfur, Sudan) 5 162
UNIOSIL (Sierra Leone) 65
UNMEE (Äthiopien, Eritrea) 2 2
UNMIK (Kosovo) 2 150
UNMIL (Liberia) 2.392 18 17
UNMIS (Sudan) 1.542 9 35
UNMIT (Osttimor) 4 193
UNOCI (Elfenbeinküste) 2.717 11 252
UNOMIG (Georgien) 7

Wirtschaft

Bangladeschs Wirtschaft ist, wie in vielen anderen ärmeren Staaten, auf solidem Wachstumskurs. In den letzten Jahren bewegte sich das Wirtschaftswachstum bei 5 %, 2005 erreichte es 6,2 %.

Nach wie vor ist die Bedeutung der Landwirtschaft sehr groß; 56 % aller Erwerbstätigen arbeiten im Agrarbereich. Dessen Beitrag zum BIP beläuft sich nur auf 23 %, während die Industrie 25 % und der Dienstleistungssektor 52 % erwirtschaften.

Die Hauptprodukte der Landwirtschaft sind Reis und Jute. Von wachsender Bedeutung sind Weizen, Mais und Gemüse. Weitere Produkte sind Zuckerrohr, Holz und Tee. Jute war ein bedeutendes Exportprodukt, doch sie wird als Verpackungsmaterial zunehmend von Kunststoffen verdrängt.

An eigenen fossilen Energieträgern besitzt Bangladesch Erdgas und Kohle, die hauptsächlich im Nordosten des Landes für den Eigenbedarf gefördert werden.

Die Industrie in Bangladesch erzeugt Textilien, Jute und Juteprodukte, Leder, Lederprodukte und Keramik. Außerdem gibt es ein Stahlwerk, Werften und Chemieunternehmen sowie Pharmaunternehmen.

Die international operierende Fluggesellschaft Biman Bangladesch Airlines gehört zu 100 % dem Staat.

Mit einem BIP pro Kopf von etwa 460 US-Dollar im Jahr 2007 gehört Bangladesch zu den ärmsten Ländern der Erde. Bangladesch nimmt den 146. Platz von 182 Ländern beim Human Development Index ein.

Ein großes Problem des Staates ist der hohe Grad an Korruption. Bangladesch liegt auf Platz 134 von 178 im Corruption Perceptions Index 2010, der von Transparency International veröffentlicht wird[26].

Außenhandel

Im Jahr 2000 wurden für 8,403 Milliarden US-Dollar Waren importiert und für 5,762 Milliarden US-Dollar exportiert, so dass die Außenhandelsbilanz einen negativen Saldo von 2,641 Milliarden US-Dollar aufwies. Hauptexportgut sind mit einem Anteil von über 75 % Textilien, die hauptsächlich im Auftrag von ausländischen Unternehmen (hauptsächlich aus Deutschland und den USA) produziert werden.

Kennzahlen

Die wichtigen Wirtschaftskennzahlen Bruttoinlandsprodukt, Inflation, Haushaltssaldo und Außenhandel entwickelten sich in den letzten Jahren folgendermaßen:

Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), real in % gegenüber dem Vorjahr
Jahr 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Veränderung in % gg. Vj. 5,4 5,2 4,9 5,9 5,2 4,9 5,4 5,4 ~ 5,5 ~ 6
Quelle: bfai[27] ~ = geschätzt
Entwicklung des BIP (nominal)
absolut (in Mrd. US$) je Einwohner (in Tsd. US$)
Jahr 2003 2004 2005 Jahr 2003 2004 2005
BIP in Mrd. US$ 53 56 62 BIP je Einw. (in Tsd. US$) 0,36 0,38 0,41
Quelle: bfai[28]
Entwicklung der Inflationsrate in % gegenüber dem Vorjahr Entwicklung des Haushaltssaldos in % des BIP
("minus" bedeutet Defizit im Staatshaushalt)
Jahr 2003 2004 2005 2006 Jahr 2002 2003 2004 2005
Inflationsrate 5,4 6,1 ~ 5,7 ~ 4,5 Haushaltssaldo −4,7 −3,4 −3,2 −4,2
Quelle: bfai[29] ~ = geschätzt
Entwicklung des Außenhandels in Mrd. US$ und seine Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
2003 2004 2005
Mrd. US$  % gg. Vj. Mrd. US$  % gg. Vj. Mrd. US$  % gg. Vj.
Einfuhr 8,7 13 9,8 13 11,6 18
Ausfuhr 6,5 10 7,5 15 7,8 4
Saldo −2,2 −2,3 −3,8
Quelle: bfai[30]

Staatshaushalt

Der Staatshaushalt umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 16,3 Mrd. US-Dollar; dem standen Einnahmen von umgerechnet 11,4 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 5,3 % des BIP.[31]
Die Staatsverschuldung betrug 2009 35,2 Mrd. US-Dollar oder 38,2 % des BIP.[31]

2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:

Infrastruktur

Die Infrastruktur Bangladeschs ist in einem unsoliden Zustand, unter anderem durch häufige und starke Überschwemmungen während der Monsunzeit. Das Straßennetz hat eine Länge von 222.990 Kilometern, davon sind 15,7 Prozent (35.038 Kilometer) befestigt. Das Schienennetz des Staates umfasst 2706 Kilometer (Stand: 1995). Es gibt drei internationale Flughäfen (Dhaka, Chittagong und Sylhet) und zwei Seehäfen (Chittagong, Mongla).

Kultur

Kinospielfilmproduktion von Bangladesch[33]
Jahr Anzahl
1975 34
1985 63
1995 k.A.
2005 102

Die Filmindustrie Bangladeschs hat ihr Zentrum in der Hauptstadt Dhaka. Vor der Teilung Indiens im Jahre 1947 wurden Filme in bengalischer Sprache meist in Kolkata (Kalkutta) produziert. Der größte Teil der bangladeschischen Filmproduktion sind Unterhaltungsfilme im typischen südasiatischen Stil mit Tanz- und Gesangseinlagen. Zu den von Kritikern meistbeachteten Filmemachern gehören Zahir Raihan, Alamgir Kabir, Humayun Ahmed, Tanvir Mokammel und Tareque Masud. Seit 2003 reicht das Land Filme für die Wahl zum Oscar für den besten fremdsprachigen Film ein.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Bangladesch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Bangladesch – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wikiatlas Wikimedia-Atlas: Bangladesch – geographische und historische Karten

Einzelnachweise

  1. Volkszählung 2011
  2. International Monetary Fund: World Economic Outlook Database
  3. Human Development Index
  4. http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/332368/publicationFile/3097/Staatennamen.pdf
  5. Robert J. Nicholls: Synthesis of vulnerability analysis studies (PDF, 1,1 MB). In: Ministry of Transport, Public Works and Water Management, the Netherlands (Hrsg.): Proceedings of WORLD COAST 1993. 1995, S. 181-216
  6. Robert J. Nicholls und Richard Tol: Impacts and responses to sea-level rise: a global analysis of the SRES scenarios over the twenty-first century. In: Phil. Trans. R. Soc. A, Volume 364, Number 1841, April 2006, S. 1073-1095. doi:10.1098/rsta.2006.1754
  7. taz.de: Salzige Mangroven, Folgen des Meeresspiegelanstiegs für Bangladesch, 29. März 2008
  8. taz.de: Donatien Garnier: Klimaflüchtlinge in Bangladesch, 14. April 2007
  9. a b Länderdatenbank der "Deutschen Stiftung Weltbevölkerung"
  10. DSW-Info: Menschenrecht Familienplanung
  11. Meyers Großes Länderlexikon. Meyers Lexikonverlag, Mannheim 2004.
  12. a b Redebeitrag von Peter Dietzel (Peter Dietzel ist Koordinator für Projekte und Öffentlichkeitsarbeit von NETZ Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V.) auf der Jubiläumsveranstaltung am 15. Mai 2004 in Wetzlar
  13. https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html
  14. a b UNESCO Institute for Statistics: Statistics in Brief, abgerufen am 22. Dezember 2009 (englisch).
  15. a b c Human Development Reports.org: Bangladesh HDI Rank - 146
  16. Unicef.org: Bangladesh: Statistics
  17. Tagesschau.de: Ausnahmezustand in Bangladesch: Gespannte Ruhe in der Hauptstadt Dhaka (nicht mehr online verfügbar), 12. Januar 2007
  18. The Daily Star, 14. März 2007
  19. BBC-news: Bangladesh clashes spark curfew, 22. August 2007
  20. Bangladesch - Aktuelle innenpolitische Lage. Auswärtiges Amt, 1. März 2011, abgerufen am 30. März 2011.
  21. Total seats won by political parties (unofficial), National Election Result 2008
  22. HAROON HABIB: World Affairs: A controversial amendment, Frontline Nr.12, 5. Juni 2004
  23. Regierung der Volksrepublik Bangladesch – Büro des Premierministers: Fundamental Principles of State Policy, Verfassung Bangladesch: Teil II
  24. Bangladesch. auswaertiges-amt.de (Oktober 2010). Abgerufen am 7. Juni 2011.
  25. BBC-news: Roland Buerk: The cream of UN peacekeepers, 18. Januar 2006, Abgerufen am 20. September 2009.]
  26. http://www.transparency.org/policy_research/surveys_indices/cpi/2010/results Index 2010
  27. Entwicklung des BIP von Bangladesch bfai, 2006, siehe: Wirtschaftsdaten kompakt
  28. Entwicklung des BIP von Bangladesch (absolut): bfai 2006, siehe: Wirtschaftsdaten kompakt
  29. Entwicklung der Inflationsrate von Bangladesch: bfai 2006, siehe: Wirtschaftsdaten kompakt
  30. Entwicklung des Außenhandels von Bangladesch: bfai 2006, siehe: Wirtschaftsdaten kompakt
  31. a b c d The World Factbook
  32. Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten, Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4
  33. Weltfilmproduktionsbericht (Auszug), Screen Digest, Juni 2006, S. 205–207 (eingesehen am 15. Juni 2007)

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