Norddeutsche Steingut

Norddeutsche Steingut
Norddeutsche Steingut AG
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 2. Oktober 1869
Sitz Bremen Grohn
Mitarbeiter zirka 300
Branche Keramische Industrie
Website norddeutsche-steingut.de

Die Norddeutsche Steingut ist ein Bremer Hersteller von keramischen Wand- und Bodenfliesen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründungsbericht der Norddeutsche Steingut Actiengesellschaft

Am 2. Oktober des Jahres 1869 wurde die Actiengesellschaft Norddeutsche Steingutfabrik von Vegesacker und Bremer Kaufleuten gegründet, deren Aufgabe in der Herstellung von feinkeramischem Haushaltsgeschirr lag. Direkt an der Weser gelegen, errichtete man im folgenden Jahr die Fabrikationsstätte, die aufgrund der Transporteinschränkungen durch den Deutsch-Französischen Krieg erst im Jahr 1871 die Produktion in vollem Umfang aufnehmen konnte. Der gute Absatz der Waren ermöglichte eine stete Steigerung der Produktion und die Errichtung energiesparender Mendheim-Gasöfen.

Ab 1879 senkten die feinkeramischen Betriebe der Rheinlande die Preise, um den stagnierenden Markt durch verstärkten Reiz zum Ankauf zu beleben. Zu dieser regionalen Konkurrenz kam die hohe englische Steingutfabrikation, die im Überangebot eine weitere Senkung der deutschen Inlandspreise nach sich zog.

Trotz der Preisabsprache mit anderen Firmen ab Frühjahr 1883 war es der Actiengesellschaft Norddeutsche Steingutfabrik in Grohn nicht möglich, die Verluste voll abzufangen; aus diesem Grund war sie gezwungen, sich ab dem Jahr 1886 auf die günstigere Herstellung von Leichtsteingut zum Export in Länder mit Gewichtszoll umzustellen.

Gegen Ende des Jahres 1889 wurden neben Haushaltsgeschirr auch Wandfliesen im Nasspressverfahren hergestellt. Hier konnte eine lebhafte Nachfrage verzeichnet werden. Nach dem Wiederaufbau des abgebrannten Werks führte man neue Produktionsverfahren ein, die eine Trockenpressung der Fliesen vorsahen. Durch das rationellere Verfahren konnte die Produktion von Wandfliesen auf 70.000 Stück pro Woche gesteigert werden, so dass das Unternehmen in der Lage war, entscheidende Marktanteile zu gewinnen.

Mit der kompletten Produktionsumstellung auf Wandfliesen ab dem Jahr 1891 wurde nach zehn Jahren erstmalig wieder eine Dividende in Höhe von 6 Prozent ausgeschüttet. Die Senkung der Plattenstärke von 10 auf 6 mm hatte auf den Export der Ware einen nachhaltig positiven Einfluss, da der Gewichtszoll bei erhöhten Stückzahlen gleichblieb. So war es trotz hoher Zölle möglich, den Absatz in die Exportgebiete zu steigern. Während man das Rohmaterial per Schiff aus England bezogen hatte, stellte der mit dem Jahr 1902 alleinige Leiter Otto Freise ab 1904 die Rohstofflieferung auf Bahnfracht aus dem Rheinland um und erwarb darüber hinaus ein eigenes Sandlager in günstiger Nähe zur Fabrikationsstätte.

Ab dem 19. Jahrhundert begann auch bei der Fliese die Industrialisierung. England übernahm in Europa die führende Rolle. Druck- und Vervielfältigungsverfahren wurden erfunden und halfen Kosten zu senken. Von nun an waren Fliesen für jeden erschwinglich, und es gehörte zum guten Ton, Wohnräume mit Bildern zu schmücken. Auch Küchen und Bäder wurden phantasievoll gestaltet. Besonders Eingangshallen und Treppenhäuser glänzten mit bunter Fliesenverlegung.

Auch die Norddeutsche Steingutfabrik produzierte eine Vielzahl dekorativer Jugendstilfliesen. Das Unternehmen und sein Markenzeichen GROHN waren bereits damals über die Grenzen hinaus ein Begriff. Eine Auszeichnung mit der silbernen Medaille auf der Weltausstellung in St. Louis (USA) im Jahr 1904 machte den Namen zu einem Qualitätsbegriff.

Die Grohner Wandplattenfabrik wurde von Vegesacker und Bremer Geschäftsleuten am 11. Januar 1906 in Lesum bei Bremen gegründet. Zur Fabrikation und für den Verkauf von Steingut, Wand- und Fußbodenplatten wurde eine weitere Fabrikanlage in Schönebeck an der Bremen-Vegesacker-Eisenbahn errichtet, die den Betrieb im Herbst des Jahres 1907 aufnahm. In den darauf folgenden Jahren wurde die Fabrik um einen Dampfkessel und eine Pulverisierungsanlage für die Rohstoffe erweitert. Um eine zusätzliche Steigerung der Produktion zu erreichen, wurde der Biskuitofen vergrößert, und man entschloss sich zum Bau einer zusätzlichen Ofenanlage.

Fabrikansicht Werk I um 1920

Im Geschäftsjahr 1920 ging die Grohner Wandplattenfabrik völlig in den Besitz der Actiengesellschaft Norddeutsche Steingutfabrik über. Unter der neuen Führung konnte bis zum Jahr 1927 die wirtschaftliche Situation des Unternehmens verbessert werden, wobei der gute Absatz ins Ausland die Lage wesentlich beeinflusste. Infolge dieses Aufschwungs wurde 1930 eine neu entwickelte Tunnelofenanlage für den Biskuitbrand der Fliesenscherben in Betrieb genommen. Aufgrund der hohen Investitionen und der allgemein absinkenden Preise, die unmittelbar mit dem Sturz des englischen Pfundes zusammenhingen, wurde das Werk vom 18. Januar bis zum 15. Oktober 1932 stillgelegt.

Erst im Jahr 1933 war die Vollbeschäftigung wieder erreicht, da sich die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Reichsregierung auch auf den Baumarkt auswirkten. Nach dem Zweiten Weltkrieg, und zwar am 1. Januar 1958, wurde das Unternehmen ebenso wie die Steingutfabrik Witteburg und die Bremer Wandplattenfabrik von der alleinigen Gesellschafterin Norddeutsche Steingutfabrik Grohn übernommen.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges lag auch die Actiengesellschaft Norddeutsche Steingutfabrik Grohn still und nahm erst um 1945 mit dem Abschluss notwendiger Umbaumaßnahmen die Produktion feinkeramischer Waren wieder auf, um dann, nach der Währungsreform, die Anlagen erneut für die Herstellung von Wandfliesen umzurüsten. Während das Tochterwerk II, die Grohner Wandplattenfabrik, und das Werk III, die Bremer Wandplattenfabrik mbH, in den Jahren 1948 und 1950 die Arbeit wieder aufnahmen, musste das Werk IV, die Steingutfabrik Witteburg AG, nach der Umstellung auf Bodenfliesen im Jahr 1949 durch die unrentable Produktion in den veralteten Anlagen im Jahr 1953 stillgelegt werden. Nach der Einführung der 45-Stunden-Woche im Mai des Jahres 1957 wurden im Folgejahr die drei Tochtergesellschaften auf die alleinige Gesellschafterin umgewandelt.

In der 1980er Jahren wurde die gesamte Fertigung der Norddeutsche Steingutfabrik auf moderne Einbrand-Schnellbrandtechnologie umstellen. Zeit- und Energieverbrauch wurden dadurch drastisch gesenkt. Weitere Vorteile lagen im geringeren Platzverbrauch und einer erhöhten Flexibilität.

Im Jahre 2002 wurde die Firma NordCeram als 100%ige Tochter der Norddeutschen Steingut AG gegründet. Im Bremerhavener Fischereihafen direkt am seeschifftiefen Wasser entstand eine moderne Produktionsstätte für Feinsteinzeug-Bodenfliesen, deren Anbindung an das Wasser, die Schiene und die Autobahn gute logistische Voraussetzungen bietet. Am 23. August wurde mit dem ersten Schnellbrennofen die Produktion begonnen. 2003 wurde der zweite und 2006 der dritte Ofen in Betrieb genommen. Mit einer Leistung von zirka 5,8 Mio m² Feinsteinzeug pro Jahr ist die NordCeram der größte Bodenfliesenproduzent Deutschlands.

Tochtergesellschaften

  • 1918 übernahm die Norddeutsche Steingut die angeschlagene Steingutfabrik Witteburg in Farge, die mit Unterbrechungen noch bis 1958 produzierte.
  • 1995 gründete die Norddeutsche Steingut AG zusammen mit Steuler-Fliesen die Fa. Kerateam in Leisnig in Sachsen. Kerateam ist damit eine 50 %ige Tochter der Norddeutschen Steingut AG.
  • 2002 wurde in Bremerhaven das Feinsteinzeugwerk NordCeram als 100 %ige Tochtergesellschaft der Norddeutschen Steingut AG gegründet.

Produkte

Am Standort in Bremen Grohn werden Wandfliesen in den Formaten 20 × 25, 25 × 33 25 × 40 und 30 × 50 cm hergestellt. Daneben werden Feinsteinzeug-Bodenfliesen in den Formaten 25 × 25, 33 × 33 und 25 × 50 produziert. Am Standort NordCeram in Bremerhaven werden ausschließlich Feinsteinzeug- Bodenfliesen in den Formaten 33 × 33, 45 × 45, 30 × 60 und 60 × 60 cm hergestellt.

Literatur

  • Michael Weisser: Jugendstilfliesen. Schmalfeldt, Bremen 1978, ISBN 3-921749-04-2, S. 57–65 (mit zahlreichen Abbildungen und weiteren Literatur- und Quellenangaben zur Firmengeschichte).

Weblinks

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