- Odds-Strategie
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Die Odds-Strategie (abgeleitet von Odds) bzw. der Bruss-Algorithmus oder die Bruss-Strategie (nach dem Entwickler des Verfahrens Franz Thomas Bruss) ist ein mathematisches Verfahren aus der Entscheidungstheorie, das es ermöglicht, mit großer Wahrscheinlichkeit eine optimale „Gelegenheit“ aus einer Folge von Ereignissen auszuwählen.
Die Strategie kann angewendet werden, wenn eine zeitliche Abfolge von unabhängigen Ereignissen vorliegt, von denen einige als „Gelegenheiten“ gelten, und bei Eintreten einer Gelegenheit nicht bekannt ist, ob später noch eine bessere Gelegenheit folgt. Ein Beispiel ist die Situation eines Gebrauchtwagenhändlers oder Immobilienmaklers, der bei Vorliegen eines Kaufangebots nicht weiß, ob später ein weiterer Kaufinteressent ein besseres Angebot macht.
Ein spezieller Fall für die Anwendung der Odds-Strategie ist das Sekretärinnenproblem, in dem der/die beste Kandidat(in) ausgewählt werden soll. Die Odds-Strategie ist wesentlich allgemeiner anwendbar, da sie eine beliebige Definitionen "interessanter Ereignisse" zulässt. Der Algorithmus zur Berechnung der Strategie ist außerdem selbst optimal.[1]
Inhaltsverzeichnis
Definitionen
Um die Odds-Strategie anwenden zu können, muss die Realität mathematisch modelliert werden. Dazu wird eine Folge von n Ereignissen angenommen, zum Beispiel könnte jedes Ereignis ein Kaufangebot sein. Die Ereignisse werden mit dem Index k von 1 bis n durchnummeriert: E1, E2, ... Ek, ... En
Jedes Ereignis Ek ist mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit pk eine „Gelegenheit“.
Wenn pk die Wahrscheinlichkeit dafür ist, dass Ek die gesuchte Gelegenheit ist, dann ist qk = 1 − pk die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie es nicht ist.
Ihren Namen hat die Strategie vom Quotienten , der englisch Odds genannt wird.
Algorithmus
Die Strategie besteht darin, ab einem bestimmten Index s, dem „Stoppindex“ die erste Gelegenheit wahrzunehmen. Im Beispiel des Gebrauchtwagenhändlers heißt das, dass er die Angebote der ersten s-1 Kunden nicht annimmt und ab dem Ereignis Es die erste Gelegenheit wahrnimmt, also demjenigen Kunden verkauft, der als erster ab dem s-ten ein besseres Angebot als alle seine Vorgänger macht.
Der Stoppindex s wird bestimmt, indem die odds rückwärts aufgeschrieben werden: rn, rn-1, rn-2 usw. Dabei werden sie aufsummiert, und zwar solange, bis die Summe 1 erreicht wird. Dasjenige k, bei dem diese Summe erreicht wird, bildet den Stoppindex.
Erfolgswahrscheinlichkeit
Diese Strategie ist mathematisch beweisbar die beste unter all den Strategien, die unter gleichen Annahmen eine optimale Gelegenheit wählen müssen.
Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die beste Gelegenheit genutzt wird, berechnet sich aus der Summe Rs der rk und der Wahrscheinlichkeit Qs dafür, dass unter den in Frage kommenden Ereignissen keine Gelegenheit ist.
Dann ist die Erfolgswahrscheinlichkeit .
Beispiel
k pk qk rk 16 0,0625 0,9375 0,0667 0,0667 15 0,0667 0,9333 0,0714 0,1381 14 0,0714 0,9286 0,0769 0,2150 13 0,0769 0,9231 0,0833 0,2984 12 0,0833 0,9167 0,0909 0,3893 11 0,0909 0,9091 0,1000 0,4893 10 0,1000 0,9000 0,1111 0,6004 9 0,1111 0,8889 0,1250 0,7254 8 0,1250 0,8750 0,1429 0,8682 7 0,1429 0,8571 0,1667 1,0349 Angenommen, der Gebrauchtwagenverkäufer weiß, dass sich in einem Monat durchschnittliche 16 Kunden für ein Auto interessieren, und er möchte natürlich demjenigen Kunden verkaufen, der den höchsten Preis bietet. Ein Ereignis ist für den Gebrauchtwagenhändler also dann eine „Gelegenheit“, wenn es besser ist als alle vorherigen. Für das erste Angebot gilt das mit Sicherheit, also ist p1 = 1. Für das zweite Angebot ist , wenn jede Ankunftsreihenfolge als gleichwahrscheinlich vorausgesetzt wird. Allgemein gilt dann .
Daraus folgt und .
Da der Gebrauchtwagenhändler durchschnittlich 16 Kunden pro Monat hat, ist n = 16. Die nebenstehende Tabelle zeigt, dass der Stoppindex 7 ist, weil bei k = 7 die Summe 1 erreicht wird.
Der Gebrauchtwagenhändler muss also bis zum siebten Angebot warten, und dann das erste annehmen, das besser ist als alle vorherigen.
Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist , also zirka 39 %. Mit anderen Worten: Der Gebrauchtwagenhändler verkauft das Auto in 39 % aller Fälle zum besten Preis.
Verallgemeinerungen
Das vorherige Beispiel ist das "Sekretärinnenproblem". Die Lösung ist weniger interessant, sobald der Gebrauchtwagenhändler Zusatzinformationen hat. Hier zeigt sich der Vorteil der allgemeinen Definition der . Nehmen wir als einfaches Beispiel an, der Gebrauchtwagenhändler kennt drei der letzten potentiellen Kunden und glaubt aus Erfahrung, dass jeder den bisherigen Höchstpreis (unabhängig) mit Wahrscheinlichkeit p überbietet. Wenn p zumindest 1/4 ist (also die entsprechenden odds zumindest 1/3) zeigt nun die Odds-Strategie, dass es optimal ist, zumindest auf eine weitere Angebotserhöhung zu setzen. Verallgemeinerungen für eine unbekannten Anzahl von potentiellen Kunden sind ebenfalls möglich mittels einer Integralversion (Bruss 2000) der Odds-Strategie.
Siehe auch
Verwandte Themen, bei denen man aus Teilinformation die optimale Entscheidung des Restproblems treffen kann:
- 37-%-Regel
- Gefangenenparadoxon
- Sekretärinnenproblem
- Umtauschparadoxon
- Ziegenproblem
- Zwei-Zettel-Spiel
Literatur
- F. Thomas Bruss: Die Kunst der richtigen Entscheidung. In: Spektrum der Wissenschaft. Juni 2005. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Seiten 78–84. ISSN 0170-2971
- F. Thomas Bruss: Sum the odds to one and stop, Annals of Probability,Band 28, Seiten 1384-1391,
2000.
Einzelnachweise
- ↑ Bruss, Louchard: The Odds-algorithm based on sequential updating and its performance. AAP, Nr. 41, 2009, S. 131-153. (ps)
Weblinks
- Bruss-Algorithmus http://www.p-roesler.de/odds.html
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