Ol Chiki

Ol Chiki

Ol Chiki (Ol Chiki in Ol Chiki.svg[ɔl ˈciki] Schreibsymbol, Schreibschrift), manchmal auch Ol Chemet’ (Ol cemet in ol chiki.svg [ɔl cemet̚] schreiben lernen) genannt, ist eine Schrift, die zum Schreiben der in Indien gesprochenen Munda-Sprache Santali dient. Die Schrift ist rechtsläufig.

Während alle anderen autochthonen indischen Schriften auf die Brahmi-Schrift zurückgehen, gehört Ol Chiki nicht zum indischen Schriftenkreis.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Herkömmlicherweise werden Munda-Sprachen mit den Schriften der benachbarten indoarischen Sprachen Hindi, Bengalisch und Oriya oder mit der von christlichen Missionaren eingeführten Lateinschrift geschrieben. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde von Pandit Raghunath Murmu (1905–1982) eigens für Santali die neue Schrift Ol Chiki geschaffen. Sie sollte auch für andere Munda-Sprachen geeignet sein. Schon früh wurde versucht die Entstehung dieser Schrift auf göttliche Einwirkung zurückzuführen. Auf der Home Page der Santals liest man hierzu: „Die epochale Erfindung der Ol-Chiki-Schrift wurde 1925 enthüllt. In dem Roman Bidu Chandan hat er (d. h. Murmu) anschaulich beschrieben, wie der Gott Bidu und die Göttin Chandan auf Erden als menschliche Wesen erschienen und auf natürliche Weise die Ol-Chiki-Schrift erfanden, um miteinander in geschriebenem Santali kommunizieren zu können.“

Es gibt einige Santali-Zeitungen in Ol Chiki. Das Verwenden dieser Schrift wird von den Santals stark propagiert (s. Internetseite). Die Regierungen der Staaten Orissa und Bengalen haben Ol Chiki schon akzeptiert. Die Schrift ist zwar noch nicht offizielles Schreibmedium geworden. Angesichts der Tatsache, dass Santali inzwischen Amtssprache ist, kann man dies jedoch erwarten.

Typologische Einordnung

Wesentliches Kennzeichen von Ol Chiki ist, dass im Gegensatz zur Brahmi-Schrift und ihren Abkömmlingen alle Vokale voll geschrieben werden. Damit sind wie in den europäischen Schriften Konsonanten und Vokale in jeder Position graphisch gleichranging. Ol Chiki ist also eine echte Buchstabenschrift. Sie gibt den Phonembestand des Santali weitgehend, aber nicht vollständig wieder. Es fehlen Zeichen für einige Vokale und für die synchron phonemischen aspirierten Plosive; statt dessen gibt es ein Diakritikum für Aspiration.

Eine Besonderheit stellen die beiden Diakritika zum Öffnen und Schließen einer Junktur dar.

Namen und Form der Zeichen

Für die Form der Schriftzeichen gab es offenbar keine Vorbilder. Allenfalls bei den beiden Vokalen OlCh a.gif [ɔ] und OlCh aa.gif [a] könnte die Bengali- (অ আ) oder die Devanagari-Schrift (अ आ) Pate gestanden haben. Alle Buchstaben sind stark stilisierte Darstellungen von Objekten und Vorgängen aus der Umwelt der Santals. Es wurden solche Objekte gewählt, die jedem Santal vertraut sind, und zu deren Bezeichnung im Santali einsilbige, aus einem oder zwei Lauten bestehende Wörter dienen. Diese sind zugleich die Namen der Buchstaben. Die Namen der Vokale bestehen nur aus einem Vokal; das zugehörige Zeichen steht für diesen Laut. Die Namen der Konsonanten bestehen aus Vokal + Konsonant, wobei das Zeichen für diesen Konsonanten steht (vergl. dt. „ef“ für 〈f〉, „em“ für 〈m〉).

Die Spalten der folgenden Tabelle zeigen nacheinander das Zeichen, die Beschreibung der Form, den Lautwert in der üblichen lateinischen Schreibweise und in IPA-Umschrift, den Namen des Zeichens, die Aussprache des Namens in Lateinschrift und in IPA-Umschrift und die Bedeutung des Namens, so weit sie ermittelt werden konnte.

OlCh Namen.gif

Alphabetische Anordnung

Vermutlich angeregt durch die in allen anderen indischen Alphabeten übliche zweidimensionale Anordnung der Zeichen hat man folgende Darstellung gewählt:

OlCh Alphabet.gif

Bei der Wahl dieser Anordnung stand offenbar das leichte Memorieren der Reihenfolge anhand der Buchstabennamen im Vordergrund. So stehen in den Zeilen jeweils Zeichen, deren Namen mit demselben Vokal beginnt, hintereinander, z. B. 1. Zeile: ɔ - ɔt - ɔk̚ - ɔŋ - ɔl. Eine phonetische Gruppierung nach Artikulationsstellen und -arten, die eine bedeutende Errungenschaft der übrigen indischen Alphabete ist, wurde demgegenüber offensichtlich bewusst als nachrangig betrachtet. Immerhin enthält die 1. Spalte die Vokale, die 2. Spalte lauter stimmlose Konsonanten, die 3. Spalte größten Teils stimmhafte Plosive mit ihren stimmlosen, „glottalisiertenAllophonen (soweit vorhanden), die 4. Spalte 5 Nasale und ein nasaliertes [w̃], für welches eigentlich kein eigener Buchstabe erforderlich wäre, die 5. Spalte 5 Sonoranten und 1 Diakritikum für Aspiration. Horizontal sind praktisch keine Gemeinsamkeiten der Artikulation festzustellen.

Dieses Alphabet ist nicht vollständig. Es gibt eine Reihe weiterer Diakritika, mit deren Hilfe u. a. fehlende Vokale dargestellt werden können.

Ol Chiki und die Phonologie des Santali

Vokale

Der Grundvorrat an Ol-Chiki-Zeichen deckt nur die folgenden Vokale ab:

OlCh Vok1.gif

Die fehlenden werden durch einen Punkt („Gahla Tudag“ [ɡəhlə ʈuɖək̚]) als Diakritikum aus den obigen Zeichen abgeleitet:

OlCh Vok2.gif

Der lautliche Unterschied zwischen OlCh a.gif und OlCh o2.gif ist nicht klar definiert. Es heißt, es gebe nur einen marginalen phonemischen Unterschied zwischen beiden, und OlCh o2.gif werde nur selten benutzt.

Als Diakritikum für die Nasalierung wird in Anlehnung an den Anusvara der anderen indischen Schriften ein hochgestellter Punkt („Mu Tudag“ [mu ʈuɖək̚]) verwendet:

OlCh Vok nas.gif

Obwohl nach Neukom die Vokallänge nicht distinktiv sein soll, wurde auch hierfür ein Diakritikum („Rela“ [rela]) geschaffen:

OlCh Vok lang.gif

Emerson et al. (2002) geben hierzu 2 Beispiele, jedoch keine Minimalpaare.

Konsonanten

Für folgende Phoneme sind Entsprechungen im Ol-Chiki-Alphabet vorhanden:

OlCh Kons.gif

Zusätzlich gibt es OlCh N.gif für [ɳ]. Dieses ist jedoch nach Neukom kein Phonem, sondern Allophon von /n/ vor retroflexem Plosiv, während Everson et al. (2002) Phonemstatus behaupten. OlCh w nas.gif [w̃] ist nur die nasalierte Version von OlCh w.gif [w]. Ob es als eigenes Phonem anzusehen ist, ist unklar.

Aspiration ist synchron betrachtet phonemisch. Sie kommt jedoch vorwiegend bei Entlehnungen aus dem Indoarischen vor und fehlte im Proto-Munda. Diachron wäre es daher verständlich, dass sie bei Ol Chiki mit einem Diakritikum bedacht wird. Fälschlicherweise wird dieses jedoch als „Konsonant“ bezeichnet und ist als solcher (OlCh Aspir.gif, abgeleitet von OlCh h.gif) im „Alphabet“ enthalten. Die Darstellung der Aspiraten erfolgt also als Digraphen (ähnlich der Transliteration für indische Schriften nach ISO 15919):

OlCh Kons aspir.gif

Ol Chiki trägt der Allophonie zwischen stimmhaften und „glottalisiertenPlosiven Rechnung, indem sie für beide dasselbe Zeichen vorsieht (3. Spalte des Alphabets).

Es gibt zwei Diakritika, die das Öffnen oder Schließen von Junkturen bewirken und damit die „glottalisierte“ Aussprache von /b/ /d/ /ɟ/ /ɡ/ regeln. Ohne Diakritikum erkennt man eine offene Junktur an einem nachfolgenden Leer- oder Satzzeichen, z. B. OlCh mit.gif [mit̚] eins; OlCh dak.gif [dak̚] Wasser. Um „Glottalisierung“ vor nachfolgendem Vokal sicherzustellen, hat man als Diakritikum einen hochgestellten waagerechten Strich „Pharka“ [pʰarka] geschaffen. Er bewirkt also das Öffnen einer Junktur: OlCh hijuk a.gif [hiɟuk̚ (ʔ)a]. Ohne Diakritikum wäre [hiɟuɡa] zu lesen. Pharka dient allerdings auch als Bindestrich.

Das Gegenstück zu Pharka ist OlCh Ahad.svg „Ahad“ [ɔhɔt̚]. Es bewirkt das Schließen einer Junktur und damit die stimmhafte, nicht „glottalisierte“ Aussprache von /b/ /d/ /ɟ/ /ɡ/ im Auslaut, z. B. OlCh raj.gif [raɟ] Herrschaft gegen OlCh raja.gif [raɟa] König; OlCh gidra.gif [ɡidrə] Kind. In der Ol-Chiki-Schreibschrift wird Ahad mit dem davor stehenden Konsonanten zu einer Ligatur verbunden.

Die Schreibung des Glottalverschlusses erfolgt durch „h + Ahad“ OlCh h Ahad.svg (kontrahiert zu OlCh Aspir.gif). Ein Beispiel hierfür ist OlCh nhate.gif[nˀate] hier, in der herkömmlichen lateinischen Schreibweise〈nhate〉.

Ziffern

Es wurden auch eigene Zahlzeichen geschaffen:

OlCh Ziffern.gif

Ol Chiki in Unicode

Der Unicode-Block Ol Chiki umfasst den Bereich von 1C50 bis 1C5F.

Literatur

  • Campbell’s English-Santali Dictionary, Calcutta 1984
  • Campbell’s Santali-English Dictionary, Calcutta 1988
  • Everson, Michael; Hansdah R. C.; Murmu, N. C.: (Antrag für Aufnahme von Ol Chiki in Unicode) 2002
  • Lukas Neukom: Santali. LINCOM Europa, München 2001, ISBN 3-89586-610-5 (Languages of the world, Materials. Nr. 323)

Weblinks


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