Orcinus Orca

Orcinus Orca
Großer Schwertwal
Springende Orcas

Springende Orcas

Systematik
Ordnung: Wale (Cetacea)
Unterordnung: Zahnwale (Odontoceti)
Überfamilie: Delfinartige (Delphinoidea)
Familie: Delfine (Delphinidae)
Gattung: Orcinus
Art: Großer Schwertwal
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Orcinus
Fitzinger, 1860
Wissenschaftlicher Name der Art
Orcinus orca
(Linnaeus, 1758)

Der Orca (Orcinus orca von lat. orcus „Unterwelt“) oder Große Schwertwal (in Abgrenzung zum Kleinen Schwertwal) ist eine auch unter Namen wie „Killerwal“ und „Mörderwal“ bekannte Art der Wale. Er gehört zur Familie der Delfine (Delphinidae).

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Männliche Orcas können bis zu acht Meter lang und bis zu neun Tonnen schwer werden. Weibliche Orcas sind mit bis zu sechs Meter und bis zu fünfeinhalb Tonnen deutlich kleiner. Mit diesen Ausmaßen ist der Orca die größte Art der Delfine, und einer der größten Zahnwale überhaupt. Der Name „Schwertwal“ kommt von der mächtigen Rückenflosse (Finne), die beim Männchen bis zu 1,8 Meter lang wird. Oberkopf, Brustflossen (Flipper) sowie Rücken- und Schwanzflosse (Fluke) sind schwarz, die Kehle und der Bauch weiß. Die Seiten und der Rücken sind tief schwarz mit Ausnahme eines weißen, ovalen Flecks über und hinter dem Auge und eines variablen „Sattels“ hinter der großen Rückenfinne. Der „Sattel“ und die Form der Rückenflosse dienen der Walforschung zur Identifizierung der einzelnen Tiere.

Verbreitung

Verbreitungsgebiet des Großen Schwertwals

Orcas sind weltweit anzutreffen, kommen aber in arktischen und antarktischen Gewässern am häufigsten vor. In gemäßigten Meeren sind sie seltener zu finden und in den Tropen Ausnahmeerscheinungen. Bevorzugt werden küstennahe Gewässer und Buchten. Der Große Schwertwal bewohnt auch europäische Atlantikküsten, insbesondere die heringreichen Gewässer um Island und vor Norwegen. Orcas werden aber auch im westlichen Mittelmeer gesehen, z. B. in der Meerenge von Gibraltar. In der Nordsee sind sie nur sehr selten zu finden. Über die Jahrzehnte sind auch etwa ein Dutzend Fälle von Orcas bekannt geworden, die sich in die Ostsee verirrt hatten.

Lebensweise

Orca in der Arktis

Der Orca kann bis zu 15 Minuten lang tauchen und schwimmt bis zu 55 km/h schnell, er ist damit das schnellste bekannte Meeressäugetier. Seine Wandergeschwindigkeit beträgt 5 km/h. Ein weiblicher Orca wird im Durchschnitt etwa 50 Jahre alt, kann aber auch ein Alter von 80 oder mehr Jahren erreichen. Männchen haben eine geringere Lebenserwartung von etwa 30 Jahren, es sind aber auch Fälle von über 50 Jahre alten Walbullen bekannt.

Die Orcas leben in Schulen, die von einem älteren Weibchen angeführt werden. Die Jungen bleiben ein Leben lang bei ihrer Familie, sowohl die Männchen als auch die Weibchen, deren eigener Nachwuchs ebenfalls bei der Gruppe bleibt. Diese Form des Matriarchats wurde früher nicht erkannt, als man analog zu anderen Raubtieren von dominanten Bullen mit Harems ausging. Erst die intensive Forschung in der Wildnis seit Mitte der 1970er führte zu einer Korrektur dieses Bildes.

Nach Erreichen der Geschlechtsreife kalbt der weibliche Orca etwa alle vier bis fünf Jahre nach einer Tragzeit von etwa 15 bis 16 Monaten. Nach Beobachtungen von Jerome Siegel et al. der University of California in Los Angeles an in Gefangenschaft lebenden Tieren schläft das Muttertier nach der Geburt zwei Wochen lang fast überhaupt nicht. Das Kalb bleibt in dieser Zeit ebenfalls ununterbrochen wach, doch dieser Schlafmangel schwächt es nicht, es nimmt im Gegenteil an Gewicht zu. Anschließend stellen sich bei der Mutter und ihrem Kalb kurze Schlafphasen ein, und das Muttertier erreicht erst nach 22 Wochen die normale Schlafdauer. Ein Jungtier wiegt bei der Geburt etwa 160 Kilogramm.

Populationstypen

Orcaskelett

Vom Großen Schwertwal sind drei Populationstypen bekannt, die als Resident, Transient und Offshore bezeichnet werden. So leben an der Südspitze von Vancouver Island nur 85 Orcas, die man als resident bezeichnen kann und die dementsprechend am stärksten unter den hochmotorisierten Whalewatchern leiden. An der Nordspitze gibt es eine weitere Gruppe Residents mit etwa 225 Tieren, die in dem nur sehr dünn besiedelten Gebiet ungestörter sind. Ihr Lärm macht die Jagd, die auf Ultraschallsignale angewiesen ist, immer wieder unmöglich. Andererseits ist über diese Gruppe am meisten bekannt, z. B., dass die ältesten Weibchen bis zu 95 Jahre alt sind („Granny“), die Männchen aber kaum über 50 Jahre alt werden. Der Resident verbleibt ständig in einem Gebiet, die Wanderschaft zwischen warmen und kalten Gebieten in Winter und Sommer wie beim Transient finden nicht statt. Während der Resident und der Transient sich hauptsächlich in Küstennähe aufhalten, ist der Offshore Typ hauptsächlich außerhalb der Küstengewässer anzutreffen. Weiterhin unterscheiden sich diese drei Populationen im sozialen Verhalten, in der äußeren Erscheinung und in der bevorzugten Nahrung. Außerdem konnten Unterschiede in den Walgesängen beobachtet werden.

Bei den Populationen vor Norwegen sind so genannte nomadische Männchen bekannt, die keiner festen Familie angehören und sich zu Jagdzwecken unterschiedlichen Orcagruppen anschließen.

Fischfressende Orcagruppen (bis zu 100 und mehr Tieren) sind zumeist deutlich größer als Orcagruppen, die sich von anderen Meeressäugetieren ernähren (oft weniger als 10 Tiere). Wissenschaftler sehen als Ursache die unterschiedlichen Jagdtechniken.

Bekannte Jagdmethoden

Orcas jagen meist im Verbänden von mehr als 5 Tieren und haben sich, je nach Nahrungsangebot, auf verschiedene Jagdmethoden spezialisiert:

  • In Südamerika wurde eine Jagdmethode beobachtet, bei der sich Orcas kontrolliert stranden, eine Robbe ins tiefere Wasser schleppen und dort erlegen. Die Ausbildung von Jungtieren beginnt bereits früh und dauert etwa bis zum 15. Lebensjahr an.
  • Die Orcas vor der isländischen Küste pflegen Heringe zu betäuben, indem sie mit ihrer Fluke in den Schwarm hineinschlagen.
  • Ein Fischschwarm kann durch das Ausstoßen von Luftblasen an der Flucht gehindert werden, nachdem er von den Orcas zusammen getrieben wurde.
  • Handelt es sich bei den Beutetieren um Wale oder andere Delfinarten, so nehmen Orcas an Treibjagden teil und greifen ihre Beute erst nach deren Erschöpfung an.
  • Einige Orcas beißen Delfine in ihre Fluke, um sie an der Flucht zu hindern. Beißen sie einen Delfin hingegen in Augennähe, so hindern sie ihn am Tauchen.
  • Im August 2005 wurde ein Fall bekannt, bei welchem ein in Gefangenschaft lebender Orca selbständig erlernte, Möwen zu fangen. Dabei hinterließ er zerkaute Fischteile an der Wasseroberfläche und wartete darunter .[1]
  • Von einigen Transient Orcas ist bekannt, dass sie Robben und Pinguine gezielt von Eisschollen fegen, indem sie dicht nebeneinander schwimmen und dadurch eine Welle erzeugen.[2] [3]
Delfinecho

Nahrung

Die Nahrung der Orcas ist sehr umfangreich und breit gefächert. Sie besteht zumeist aus:

  • Fischen (wie Heringe und Sardinen aber auch Thunfisch, Lachs, Stachelrochen, Dorsch usw.)
  • Pinguinen
  • Robben (wie Seelöwen, Walrosse, Seebären, Mähnenrobben usw.)
  • Seevögeln
  • Kalmaren
  • Anderen Walen und Delfinen (Grauwalen, Buckelwalen, Schweinswalen, Großen Tümmlern, Entenwalen, Pottwalen usw.)

Orcas und Menschen

Größenvergleich mit einem Taucher

Namen wie „Killerwal“ oder „Mörderwal“ zeigen, dass menschliche Beobachter lange Zeit keine hohe Meinung von diesem Wal hatten. Beobachtungen von – aus menschlicher Sicht – brutalen Angriffen auf Delfine, Seehunde und Pinguine haben zu diesem Namen geführt. In der freien Wildbahn ist allerdings nicht ein einziger Fall eines Orca-Angriffs auf Menschen dokumentiert. Der US-amerikanische Film Free Willy mit dem darin vorkommenden Orca Keiko und die Entdeckung des Orcas durch die Plüschtier-Industrie haben ihm in jüngerer Zeit das Image eines liebevollen Menschenfreundes verliehen. Die Wahrheit liegt wohl zwischen den beiden Extremen.[4]

Orcas waren so gut wie nie ein Ziel des kommerziellen Walfangs. Lediglich die Sowjetunion jagte in den 1960ern Orcas als Futter für Pelztierfarmen. Allerdings sah man in ihnen oft eine lästige Konkurrenz der Fischer. In den 1950ern bat die isländische Regierung die USA um Hilfe bei der Ausrottung des Orcas in isländischen Gewässern. Die darauf folgende von Flugzeugen gestützte Operation wurde damals als großer Erfolg angesehen.

Showtiere

Ein Orca in Sea World

Seit Mitte der 1960er Jahre werden Orcas in Delfinarien oder Meeres-Themenparks vorgeführt. Hierzu wurden bis dato mehr als 200 Orcas gefangen. Seit Mitte der 1980er wird der Bedarf für die Delfinarien verstärkt über eigene Nachzucht gedeckt. Kritiker bemängeln, dass es in der Enge eines künstlichen Beckens einem Wal nicht möglich ist, artgerechte Bedingungen vorzufinden. Tatsächlich leiden fast alle gefangenen Orcas unter Krankheiten. In Delfinarien kam es auch schon vereinzelt zu Aggressionen gegenüber Menschen. Bei den beiden Vorfällen mit Todesfolge handelt es sich aber nach übereinstimmender Meinung der Experten um Unfälle und nicht um absichtliche Tötungen.

Das dauerhafte Umknicken der Rückenflosse, in freier Natur eine selten beobachtete Erscheinung, widerfährt vielen in Gefangenschaft gehaltenen Orcas. Bei der Rückenflosse handelt es sich um reines Zellgewebe, das nicht knochengestützt ist. Durch das gegenüber der Wildnis viel häufigere Verharren oder kreisförmige Schwimmen an der Wasseroberfläche ist die Rückenflosse vermehrt der Schwerkraft und höheren Temperaturen ausgesetzt. Dadurch verliert das Zellgewebe insbesondere bei den größeren Rückenflossen der Männchen mit fortschreitendem Wachstum an Stabilität. Aber auch bei Weibchen kommt dieses Umknicken vor.

Schwertwalgesänge

  •  Residente Orcas?/i
  •  Orcas?/i
  •  Orcagesang?/i

Einzelnachweise

  1. Wie die Wale lernten, Möwen zu fressen Wissenschaft.de – Natur, 25.08.2005
  2. Orcas auf Robbenjagd – Ausgeliefert auf der Eisscholle Stern.de, Artikel vom 17. Dezember 2007
  3. Orca Attack Seal with Waves Video auf Youtube (englisch)
  4. In der Zeitschrift Nature (Band 445, Heft 7129 vom 15. Februar 2007, S. 703–705) wurde die Bezeichnung Killerwal in einem Bericht zur Ökologie der Orcas auf eine Fehlübersetzung der alten spanischen Bezeichnung asesina ballenas = Wal-Killer zurückgeführt.

Literatur

  • John Ford, Graeme Ellis, Kenneth Balcomb: Killer Whales. University of Washington Press, 2000 ISBN 0-295-97958-5
  • Erich Hoyt: Orca – The Whale Called Killer. Firefly Books, 1990, ISBN 0-920656-25-0
  • Peter Knudtson: Orca – Visions Of The Killer Whale. Sierra Club Books, 1996, ISBN 0-87156-906-X
  • Alexandra Morton: Listening To Whales. Ballantine Books, 2002, ISBN 0-345-43794-2
  • Elisabeth Lehmke, Jean C. Roche: Wale – Giganten der Meere. Kosmos (Franckh-Kosmos), 2002 -Greenpeace-Buch + CD mit Walgesängen-

Weblinks


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