- Ordnungsruf
-
Der Ordnungsruf ist im Parlament ein Mittel der Sitzungsleitung, einzelne Mitglieder zu verwarnen.
Der Ordnungsruf ist für gewöhnlich in der Geschäftsordnung geregelt und wird gegen Mitglieder ausgesprochen, die durch Zwischenrufe, Beleidigungen oder andere Störungen auffallen. Die Sitzungsleitung kann gegebenenfalls auch den Sitzungausschluss folgen lassen. Der Ordnungsruf ermahnt zur Disziplin, ist aber meist nicht direkt an Konsequenzen gebunden. Für den Ordnungsruf darf die Sitzungsleitung den Redner oder die Rednerin unterbrechen.
In der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages ist der Ordnungsruf in § 36 des Abschnitts VI geregelt.[1]
Unangefochtener Rekordhalter auf der „ewigen Bestenliste“ in Sachen Ordnungsrufe ist Herbert Wehner (SPD). Er kam im Bundestag auf 57[2] beziehungsweise 58[3] Verwarnungen. Zählt man noch seine Entgleisungen als kommunistischer Abgeordneter während seiner Mitgliedschaft im Sächsischen Landtag Anfang der 30er Jahre dazu, kommt man sogar auf 75 parlamentarische Ordnungswidrigkeiten.[3] Karl Carstens (CDU) nannte Wehner daher verärgert den „größten Schimpfbold im ganzen Bundestag“[2], und der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler bezeichnete ihn – eher anerkennend – sogar als die „größte parlamentarische Haubitze aller Zeiten“.[4]
Hinter Wehner rangieren Heinz Renner (KPD) mit 47 und Ottmar „Schreier“ Schreiner (SPD) mit 40 Ordnungsrufen. Schreiner hat es sich laut Günter Pursch sogar zum erklärten Ziel gemacht, Wehner zu übertreffen.[2] Auf den vierten Platz kommen Joschka Fischer (Grüne) und Gerhard O. Pfeffermann (CDU), die sich beide je ein ganzes Dutzend Ordnungsrufe einhandelten. Platz 5 teilen sich Walter Fisch (KPD) und Gertrud Schilling (Grüne) mit je elf parlamentarischen Rüffeln. [3]
Der ebenfalls als Polit-Polterer berüchtigte Franz Josef Strauß (CSU) beschränkte seine Verbalattacken hingegen vornehmlich auf Gelegenheiten außerhalb parlamentarischer Sitzungen: Er hat im Bundestag lediglich einen Ordnungsruf erhalten.[2]
Literatur
- Günter Pursch: Das parlamentarische Schimpfbuch. Stilblüten und Geistesblitze unserer Volksvertreter in 60 Jahren Bundestag. Mit einem Geleitwort von Gerda Hasselfeldt. Herbig, München 2009, 303 S., ISBN 978-3-7766-2594-3
Weblinks
- Günter Pursch: Auch Abgeordnete sind nur Menschen... Politische Debattenkultur in 50 Jahren Deutscher Bundestag. In: Blickpunkt Bundestag Nr. 07/1999 (Online-Fassung)
Einzelnachweise
- ↑ Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages: VI. Tagesordnung, Einberufung, Leitung der Sitzung und Ordnungsmaßnahmen. 2. Juli 2009, abgerufen am 11. August 2009.
- ↑ a b c d N.N.: Mit Florett und Holzhammer, im Textarchiv des Deutschen Bundestags; abgerufen am 9. Januar 2010
- ↑ a b c Günter Pursch: Auch Abgeordnete sind nur Menschen... Politische Debattenkultur in 50 Jahren Deutscher Bundestag. In: Blickpunkt Bundestag Nr. 07/1999 (Fassung im Webarchiv des Deutschen Bundestags 2006)
- ↑ Heiner Geißler: Laudatio auf Ottmar Schreiner anlässlich der Verleihung der Goldenen Ente 2003
Wikimedia Foundation.