Organismische Integrationstheorie

Organismische Integrationstheorie
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Die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan (engl. Self-determination theory) ist eine humanistische allgemeine Motivations- und Persönlichkeits-Theorie (Deci & Ryan, 1985; 2000). Selbstbestimmtheit bezieht sich dabei darauf, inwiefern Menschen auf der höchsten Reflexionsebene ihre Handlungen selbst frei wählen und ausführen. Die Theorie beschäftigt sich mit der Förderung von menschlicher Selbstbestimmtheit und damit wie soziale Umgebungen so gestaltet werden können, dass sie persönliches Wachstum, Leistung und das Wohlbefinden fördern.

Die Theorie enthält zwei Subtheorien:

  • Die kognitive Evaluationstheorie (engl. cognitive evaluation theory) beschäftigt sich mit intrinsischer Motivation durch Befriedigung psychischer Grundbedürfnisse.
  • Die Organismische Integrationstheorie (engl. organismic integration theory) beschäftigt sich mit extrinischer Motivation und unterscheidet verschiedene Grade der Internalisierung dieser Motivation.

Inhaltsverzeichnis

Die kognitive Evaluationstheorie und Psychische Grundbedürfnisse

Um intrinsische Motivation zu fördern, müssen der Theorie nach bestimmte psychische Grundbedürfnisse befriedigt werden. Ein (physisches wie psychisches) Grundbedürfnis wird definiert als ein angeborener, universeller, „energetisierender“ Zustand, der, wenn er befriedigt ist, zu Gesundheit und Wohlbefinden führt, wenn er jedoch nicht befriedigt ist, zu Pathologie und Unwohlsein beiträgt (Ryan & Deci, 2000). Wenn diese Bedingung nicht gegeben ist, handelt es sich bei dem Kandidaten höchstens um ein Verlangen (Bsp: Macht; Siehe auch: Sheldon, Elliot, Kim, & Kasser, 2001)

Die Befriedigung dieser Bedürfnisse ist somit die Voraussetzung (der „Nährstoff“) für eine positive menschliche Entwicklung. (Bedürfnisse werden somit nicht als Verlangen betrachtet, das in der Stärke variiert.)

Es werden 3 universelle psychische Grundbedürfnisse postuliert:

1. Bedürfnis nach Autonomie (Selbstbestimmtheit)

2. Bedürfnis nach Kompetenz (z. B. optimale Herausforderungen meistern)

3. Bedürfnis nach Verbundenheit (Involviertsein & Zugehörigkeit, soziale Beziehungen)

Die Unterstützung der Bedürfnis-Befriedigung fördert intrinsische Motivation. Beispiele:

  • Kompetenz: Optimale Herausforderungen und positives Feedback fördern die wahrgenommene Kompetenz, was wiederum intrinsische Motivation erhöht (Vallerand & Reid, 1984).
  • Verbundenheit: Schüler von wenig interessierten, wenig fürsorglichen Lehrern zeigen weniger intrinsische Motivation (Ryan & Grolnick, 1986).

Die jeweilige Tätigkeit muss für die Person jedoch auch von intrinsischem Interesse sein, d. h. für sich allein ansprechend sein oder Spaß machen z. B. aufgrund ihres Neuheits-Charakters. Dies ist notwendige Voraussetzung für intrinsische Motivation und somit für die Anwendung dieser Theorie. Ist dies nicht gegeben kommt die Organismische Integrationstheorie (OIT) ins Spiel.

Die Organismische Integrationstheorie und die Selbst-Regulation Extrinsischer Motivation

Eine Besonderheit dieser Theorie ist ihre Sicht auf Motivation. Es geht hier weniger um die Stärke der Motivation, sondern um qualitativ unterschiedliche Formen von Motivation. Hierfür postuliert die OIT ein Selbstbestimmungs-Kontinuum der Motivation:

Amotivation => external regulierte EM => introjeziert regulierte EM => identifiziert regulierte EM => integriert regulierte EM => Intrinsische Motivation

(für eine graphische Veranschaulichung siehe Ryan & Deci, 2000)

Neben der klassischen Trennung von extrinsischer und intrinsischer Motivation, unterscheidet die Theorie unterschiedliche Formen der Regulation von extrinsischer Motivation. Das bedeutet, dass extrinsische Motivation in unterschiedlichem Maße verinnerlicht und selbstbestimmt sein kann. Es werden die folgenden Formen der Motivation unterschieden, die im zunehmenden Umfang selbstbestimmt sind:

  • Amotivation
  • Extrinsische Motivation:
    1. externale extrinsische Motivation (Erwartung von Belohnung/Bestrafung; z. B. Schulnoten oder Lohn)
    2. introjezierte extrinsische Motivation (z. B. Pflicht- oder Schuldgefühl)
    3. identifizierte extrinsische Motivation (Akzeptanz und volle Einsicht in die Notwendigkeit; Identifikation mit der Tätigkeit)
    4. integrierte extrinsische Motivation (Die Tätigkeit in Einklang bringen mit den anderen Aspekten des eigenen Lebens)
    5. Intrinsische Motivation (Interesse und Spaß an der Tätigkeit an sich)

Dabei werden externale & introjezierte extrinsische Motivation auch als kontrollierte Motivation bezeichnet. Identifizierte und integrierte extrinsische Motivation werden auch als autonome extrinsische Motivation bezeichnet. Sie basiert auf der Wichtigkeit die man einer Aufgabe zuweist, während intrinsische Motivation auf Interesse basiert. Beides sind Formen autonomer Motivation.

Studien belegen, dass stärker integrierte Regulation von extrinsischer Motivation mit einer Reihe positiver Ergebnisse assoziiert ist, wie z. B. mehr Einsatz und bessere Leistung (siehe Ryan & Deci, 2000 für einen Überblick).

Anders formuliert bedeutet dies, dass nicht nur Tätigkeiten die Spaß machen zu höherem Wohlbefinden führen (intrinsisch motivierte Tätigkeiten), sondern auch Tätigkeiten, die die Person frei gewählt hat, weil sie ihr wichtig sind (identifiziert/integriert), auch wenn sie nicht intrinsisch motiviert sind.

Ein Beispiel: Sinnvolle Pflegetätigkeiten im Altersheim, bei denen die andere Person auf Hilfe angewiesen ist, müssen nicht unbedingt Spaß machen. Sie können aber dennoch für das Wohlbefinden, die psychische Gesundheit und das persönliche Wachstum förderlich sein, wenn sich die helfende Person damit identifizieren kann und die Tätigkeit gut in das eigene Leben integrieren kann.

Auch hier führt eine Unterstützung der Bedürfnis-Befriedigung zur Integration von extrinsischer Motivation. Genauer gesagt kann die Befriedigung der Bedürfnisse nach Kompetenz und Verbundenheit zu einer Internalisierung extrinsischer Motivation führen, zumindest auf die Ebene der Introjektion. Es bedarf aber eines Gefühls von Autonomie, damit sich die Person mit der Tätigkeit identifiziert bzw. sie vollständig in ihr Leben integriert.

Befund: Autonome Motivation (als Mix aus Integrierter EM und IM) ist leistungsfördernd für komplexe und interessante Aufgaben, sowie für weniger komplexe Aufgaben, die Disziplin erfordern – jedoch nicht wenn die Aufgaben langweilig sind. In letzterem Fall führt Autonome Motivation aber immer noch zu höherer Arbeits- & Lebenszufriedenheit.

Zentrale Befunde

1. Der Korrumpierungseffekt: Extrinsische Belohnung kann Intrinsische Motivation reduzieren

Ein von den Autoren der Selbstbestimmungstheorie angeführter Befund ist, dass externale Faktoren (wie z. B. Bezahlung für eine Tätigkeit) intrinsische Motivation reduzieren können, weil sie als Autonomie-Einschränkungen angesehen werden (für eine Meta-Analyse siehe Deci et al., 1999). Dieser negative Effekt trat nicht auf,

  • wenn die Belohnung unabhängig von einer spezifischen Leistung gegeben wurde (wie dies beim Gehalt der Fall wäre)
  • wenn die Belohnung unerwartet kam, oder
  • wenn die Belohnung in einem „Autonomie-unterstützenden Klima“ gegeben wurde.

Ähnliche Befunde:

  • Bezahlung nach Leistung führte zu geringerem Wohlbefinden unter Arbeitern – besonders solchen, die ihre Arbeit als monoton empfanden (Shirom et al, 1999)
  • Leistungsabhängige Bezahlung führte zu geringerer intrinsischer Motivation in einer Nonprofit Organisation. (Quelle?)


2. Ein Autonomieunterstützendes (Arbeits-)Umfeld hat eine Vielzahl positiver Konsequenzen

Aus der Theorie lassen sich direkte Handlungsanweisungen ableiten, die zur Befriedigung der Grundbedürfnisse und somit zu Motivation, Leistung, Wohlbefinden, psychischer Gesundheit und persönlichem Wachstum führen. Eine Zusammenfassung von Studien zu diesen positiven Effekten von Interventionen findet sich u. a. bei Gagne & Deci, 2005.

Kritik

Die Theorie hat sich in einer Vielzahl von Bereichen bestätigt. Im Bereich der Arbeits-& Organisationspsychologie ist die Anzahl der Studien jedoch noch gering (siehe aber Gagné & Deci, 2005)

Die sparsame Annahme von lediglich drei basalen Grundbedürfnissen wird gelegentlich als verkürzt kritisiert. So argumentiert z. B. Kasser (2002) für ein viertes Bedürfnis nach Sicherheit und beruft sich dabei u. a. auf Maslow.

Literatur

Siehe auch

Weblinks


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