Origo Constantini

Origo Constantini

Als Anonymus Valesianus (genauer Excerptum Valesianum [I und II]) wird ein lateinischer Text bezeichnet, der von dem französischen Gelehrten Henricus Valesius (Henri de Valois, 1603–1676) in seiner 1636 veröffentlichen Ausgabe des Werkes des Ammianus Marcellinus mitpubliziert wurde.

Der Name ist leicht irreführend, da es sich um zwei Schriften handelt (daher auch teils als Anonymi Valesiani bezeichnet), die zudem keine inhaltliche Gemeinsamkeit haben, außer dass sie beide über Abschnitte der spätantiken Geschichte berichten. Die Texte stammen aus einer mittelalterlichen Handschriftensammlung, die im 8. oder 9. Jahrhundert wohl in Verona angefertigt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Excerptum Valesianum I

Bei der sogenannten Origo Constantini Imperatoris handelt es sich um einen Text, der sich mit der Geschichte Kaiser Konstantins des Großen befasst. Der Autor ist unbekannt, doch war er wohl Heide und dürfte die Schrift kurz nach dem Tod des Kaisers (337) verfasst haben. Die wenigen christlichen Bezüge wurden später aus dem Geschichtswerk des Orosius angehängt. Der Verfasser urteilt jedoch recht ausgewogen über Konstantin und bietet trotz der Kürze des Textes teils wichtige Informationen, die sich nirgendwo anders finden. So behandelt er auch die oft vernachlässigte Frühzeit Konstantins, ansonsten vor allem die politische Geschichte; ebenso wird nur in diesem Werk die Truppenstärke bei der Schlacht von Cibalae angegeben. Als eine Quelle diente wohl eine heute verlorene Biographie Konstantins (Praxagoras?), die auch später noch von Johannes Zonaras benutzt wurde. Ansonsten finden sich viele Gemeinsamkeiten mit anderen spätantiken Quellen, etwa mit Eutropius oder Aurelius Victor. Dies ist sehr wahrscheinlich auf eine gemeinsame Quelle zurückzuführen. Es könnte sich dabei um die sogenannte Enmannsche Kaisergeschichte handeln.

Excerptum Valesianum II

Das Excerptum Valesianum II (von Theodor Mommsen Chronica Theodericiana genannt) befasst sich mit der Geschichte Italiens von der Herrschaft des Julius Nepos bis zum Tod des Ostgotenkönigs Theoderich des Großen. Der knappe Text stellt bezüglich der Herrschaft Theoderichs eine wichtige Quelle dar. Der ebenfalls anonyme Autor – möglicherweise handelt es sich sogar um zwei verschiedene, was eine Erklärung für die unterschiedliche Bewertung Theoderichs sein würde – schrieb wohl um die Mitte des 6. Jahrhunderts und war anti-arianisch eingestellt. Stilistisch ist die vulgär-lateinische Schrift niedriger einzuschätzen als die Origo Constantini Imperatoris. Obwohl der Verfasser größtenteils die Herrschaft Theoderichs und die Ausgleichspolitik zwischen Goten und Romanen lobt, urteilt er am Schluss recht böswillig über den König; so könne dieser nicht schreiben. Dies ist vor allem auf das arianische Bekenntnis Theoderichs und seiner Goten zurückzuführen, kaum jedoch auf irgendeine „anti-germanische“ Stimmungslage. Allerdings wird der König, ähnlich wie in anderen spätantiken Quellen (Prokopios von Caesarea, Liber Pontificalis), bereits seit der Hinrichtung des Philosophen Boëthius vom Verfasser negativer beurteilt.

Ausgaben und Übersetzungen

  • Ingemar König: Origo Constantini: Anonymus Valesianus 1. Verl. Trierer Histor. Forschungen. Trier 1987 (mit deutscher Übersetzung und Kommentar).
  • Ingemar König: Aus der Zeit Theoderichs des Großen. Einleitung, Text, Übersetzung und Kommentar einer anonymen Quelle. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1997.
  • Samuel N. C. Lieu, Dominic Montserrat: From Constantine to Julian: Pagan and Byzantine Views. A Source History. New York 1996 (zur origo Constantini siehe S. 39ff.).

Literatur

  • J. N. Adams: The Text and Language of a Vulgar Latin Chronicle (Anonymus Valesianus II). BICS Suppl. 36. London 1976.
  • S. J. B. Barnish: The Anonymus Valesianus II as a Source for the Last Years of Theoderic. In: Latomus 42, 1983, S. 572–596.
  • E. Mensching: Anonymus Valesianus. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). Bd. 1, S. 344f.

Weblinks


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