Oskar Goldberg

Oskar Goldberg

Oskar Goldberg (* 5. November 1885 in Berlin; † 13. August 1953 in Nizza) war ein deutsch-jüdischer Arzt, der besonders als rückwärtsgewandter Religionsphilosoph hervortrat.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Oskar Goldberg wurde von seinem Großvater aufgezogen, da sein Vater früh starb, und ging im großbürgerlich-deutschnationalen Berlin-Lichterfelde zur Schule. Er studierte Medizin, obwohl er seit seiner Jugend sich für viele Wissenschaftsgebiete interessierte. Bekannt wurde er durch sein Werk Die Wirklichkeit der Hebräer, in dem er die rituelle Praxis des jungen Israel und der hebräischen Vorzeit anhand des Pentateuches analysiert. Bereits während seiner Schulzeit am Friedrich-Gymnasium in Lichterfelde war er Mitglied in einem literarisch-philosophischen Verein von Untersekundanern, in dessen Mittelpunkt er schnell stand. Dort traf er auch mit dem späteren Philosophen Erich Unger zusammen. Goldberg tat sich in den Berliner Clubs der Zeit um und hatte mit seinem „gefährlich-dämonischen Wesen“ im Neuen Club großen Einfluss auf junge Expressionisten wie Jakob van Hoddis und Georg Heym. Bereits im Jahr 1908 veröffentlichte er sein erste Werk „Die fünf Bücher Mosis – ein Zahlengebäude“, in dem er anhand von Zahlensystemen die göttliche Herkunft nachweisen wollte (ähnlich anderen kabbalistischen Theorien). In den Jahren 1937/38 arbeitete er als redaktioneller Mitarbeiter bei Thomas Manns Exil-Zeitschrift Maß und Wert mit. Bereits 1938 emigrierte er aus Deutschland und ging, eingeladen vom Zürcher Rabbiner Zwi Taubes (dem Vater von Jacob Taubes), nach Genf. Von dort ging er nach Frankreich, wo er schon 1941 interniert wurde. Aber ihm gelang die Flucht in die USA. Dort arbeitete er als Mediziner. 1949 kehrte er nach Europa zurück.

Die Philosophische Gruppe

Im Jahr 1925 gründete Goldberg mit befreundeten Künstlern die Philosophische Gruppe als eines der intellektuell interessantesten Diskussionsforen des Berlins der Zwanziger Jahre. Viele bedeutende Vertreter der deutschen Intelligenz, darunter viele Juden, waren dort versammelt. So unter anderem Bertolt Brecht, Walter Benjamin, Gershom Scholem, Alfred Döblin, Karl Korsch und Robert Musil. Durch Anfeindung und Verfolgung ab 1933 löste sich die Gruppe schnell auf.

Goldbergs Hauptwerk Die Wirklichkeit der Hebräer

Das Hauptwerk Goldbergs, welches erst 1924/25 erschien, aber nach seinen Worten schon vor dem Ersten Weltkrieg in den Grundzügen fertig gedacht war, heißt: „Die Wirklichkeit der Hebräer“. G. Scholem, der Kabbalaforscher aus Jerusalem, und Thomas Mann, zwei Bekannte mit Fühlung am Puls der Zeit, gelten M. Voigts, dem Herausgeber der Neuauflage des Hauptwerkes Goldbergs als Intimfeinde. Thomas Mann nennt ihn einen „typisch jüdischen Faschisten“ und hat ihn in der Figur des Dr. Chaim Breisacher im Dr. Faustus der Lächerlichkeit preisgegeben. Für Goldberg war der Pentateuch Paradigma des Lebens und Analyse desselben. Jegliche Aufklärung im allgemeinen Sinne war ihm fremd, ja galt ihm, als Gegenteil, als Verdunkelung der transzendenten, empirisch erfahrbaren Realität. Die Transzendenz war Goldberg empirisch erfahrbar. Das ist der Grundgedanke seines Werkes. Und darüber hinaus gibt es Mittel, in der Transzendenz zu wirken, denn einerseits ist diese zwar der Realität vorgeordnet, andererseits aber auch wieder von ihr abhängig. Eines der wesentlichen Mittel dazu ist nach ihm das Opfer, welches von ihm nicht mit dem überall zu hörenden „do ut des?“ erklärt wird, sondern mit einer Transzendentalmechanik „sui generis?“. Dabei nähert Goldberg sich den Zentralgedanken der Magie. Im Grunde aber war er kein Kabbalist. Die Kabbala galt ihm als vorsintflutliches, hebräisches Gut, dem die pentateuchische Ritualistik haushoch überlegen ist. Die Begriffe Rasse, Volk und Bevölkerung erfahren innerhalb seines Denkens eine präzise Definition, und eine uns schon virtuos erscheinende Etymologie verhilft seiner stringenten Beweisführung zu einer ihren Effekt nicht verhehlenden Plausibilität.

Wenn es so etwas wie ein säkulares Glaubensbekenntnis des Szientismus gibt, dann ist es Karl Poppers „The open society and her enemies“. Mit Sicherheit fällt von Poppers Standpunkt aus Oskar Goldberg unter die Feinde der Offenen Gesellschaft, aber vom Standpunkt Goldbergs aus ist Karl Popper kein Feind, weil für ihn vollkommen egal ist, ob die Gesellschaft offen oder geschlossen ist. Die Gesellschaft ist keine Kategorie seines Denkens mehr, weil sie im Zustand der „Fixation“, also ohne transzendenten Bezug mehr, lebend, nach Goldberg so etwas wie die Leiche eines Volkes ist.

Ein Lieblingssteckenpferd Goldbergs scheint der „liebe Gott“ der modernen Zivilreligion zu sein, der so manch passenden Seitenhieb einzustecken hat. Goldberg bricht zum Beispiel mit der Allmachtshypothese, also mit der zum Axiom verfestigten Vermutung, dass Gott omnipotent sei, ein Tatbestand, der ihn mit Sicherheit in keiner Religion zum Kanoniker werden lässt. Darüber hinaus lässt er die Quellenscheider Quellenscheider sein, und behauptet einfach, Tetragrammaton und Elohim sei etwas Unterschiedenes, ja sie seien sogar gegeneinander und stritten widereinander.

Werke (Auswahl)

Literatur

  • Manfred Voigts: Oskar Goldberg – Der mythische Religionswissenschaftler. Ein verdrängtes Kapitel jüdischer Geschichte, Agora Verlag 1992, ISBN 978-3870081164
  • Henning Ritter: Von Berlin-Lichterfelde nach New York, FAZ 28. November 2007, Seite N 3

Quellen

Weblinks


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