Pan Twardowski

Pan Twardowski
Pan Twardowski lässt den Geist der Königin Barbara Radziwiłł vor König Sigismund II. August erscheinen, Gemälde von Wojciech Gerson (19. Jahrhundert)
Der „Teufelsfels“ (Czarcia Skała) bei Pieskowa Skała. Der Legende nach stellte der Teufel ihn auf Wunsch Twardowskis auf seine Spitze.
Holzschnitt aus dem
19. Jahrhundert zur Ballade von Adam Mickiewicz

Pan Twardowski ist eine polnische Sagengestalt, ein Zauberer, der einen Pakt mit dem Teufel einging. Ähnlich wie die Gestalt des Faust im deutschen Kulturraum verkaufte Pan Twardowski seine Seele als Gegenleistung für großes Wissen und übernatürliche Fähigkeiten und erlitt letztlich ein tragisches Schicksal. Die Geschichte von Pan Twardowski existiert in verschiedenen, voneinander abweichenden Varianten und bildet die Grundlage für zahlreiche Werke, u.a. von Adam Mickiewicz.

Der Legende nach war Pan Twardowski ein Adeliger, der im 16. Jahrhundert in der damaligen polnischen Hauptstadt Krakau lebte. Möglicherweise basiert die Gestalt auf dem Leben einer authentischen Person, die sich von 1565 bis 1573 am Hofe des Königs Sigismund II aufhielt. Dabei handelte es sich um einen deutschen Adeligen namens „Laurentius Dhur“ bzw. latinisiert „Durus“, der in Nürnberg geboren wurde und in Wittenberg Magie studiert hatte, bevor er sich in Krakau niederließ. Der Name „Twardowski“ wäre demnach eine polonisierte Form von dessen latinisiertem Nachnamen (durus und twardy bedeuten im Lateinischen bzw. Polnischen „hart“). Als Vorname Twardowskis wird gelegentlich „Jan“ (Johann) genannt, die meisten Versionen erwähnen jedoch keinen Vornamen. Der Namensbestandteil Pan bedeutet „Herr“ und war damals Adeligen vorbehalten; die Endung -ski weist ebenfalls auf eine adelige Person hin. In einigen Versionen wird die Hauptfigur auch als Mistrz Twardowski („Meister Twardowski“) bezeichnet. Die Gestalt des Pan Twardowski weist zahlreiche Parallelen zur im deutschen Kulturraum beheimateten Figur des „Doktor Faust(us)“ auf, die wahrscheinlich auf dem ungefähr zur gleichen Zeit lebenden Johann Faust basiert. Ob zwischen beiden Geschichten eine Beziehung besteht, ist nicht bekannt.

Mithilfe der ihm vom Teufel verliehenen Fähigkeiten erlangte Twardowski in Krakau rasch Ruhm, Reichtum und Einfluss. Als sein bekanntestes Werk gilt die Beschwörung des Geistes der 1551 verstorbenen polnischen Königin Barbara Radziwiłł im Auftrag des trauernden Königs Sigismund II.. Dazu soll er einen magischen Spiegel verwendet haben, der sich bis heute in einer Kirche in der zentralpolnischen Kleinstadt Węgrów befindet. Einer Fortsetzung der Legende zufolge konnte man bis ins 19. Jahrhundert zukünftige Ereignisse in dem Spiegel sehen – bis Napoléon Bonaparte ihn 1812 beschädigte, nachdem er darin seine Niederlage in Russland vorhergesehen hatte.

Weiterhin soll der Teufel auf Wunsch Twardowskis die gesamten Silbervorkommen im polnischen Boden an einer einzigen Stelle bei der Stadt Olkusz zusammengetragen haben, wo er daraufhin eine Silbermine anlegte. Im Ojcowski-Nationalpark, nahe dem ca. 30 Kilometer von Krakau entfernten Schloss Pieskowa Skała (Peskenstein), befindet sich eine scheinbar auf der Spitze stehende Felsnadel. Sie wird im Volksmund Maczuga Herkulesa („Herkuleskeule“) oder auch Czarcia Skała („Teufelsfels“) genannt, da Twardowski den Teufel veranlasst haben soll, sie auf die Spitze zu stellen.

Ein weiterer Schauplatz der Sage ist ein vor Krakau gelegener stillgelegter Steinbruch, bei dem es sich um einen durch eine Explosion in Twardowskis Laboratorium entstandenen Krater handeln soll und der daher im Volksmund Skałka Twardowskiego („Twardowskis Felsen“) genannt wird. Seitdem 1990 darin ein See angelegt wurde, entwickelte sich der Ort zu einem beliebten Ausflugsziel.

Twardowski soll zwei Bücher verfasst haben – eines über Magie sowie eine Enzyklopädie.

Twardowski hatte versucht, den Teufel zu überlisten, indem er in seinem Pakt mit ihm eine Klausel unterbrachte, nach der der Teufel sich nur in Rom seiner Seele bemächtigen dürfe – einem Ort, den Twardowski niemals zu besuchen beabsichtigte. Mit dieser List gelang es ihm jahrelang, seinem Schicksal zu entgehen – bis er eines Tages unbedacht in ein Wirtshaus namens Rzym einkehrte, dem polnischen Namen Roms. Ein Wirtshaus dieses Namens in der kleinpolnischen Stadt Sucha Beskidzka ist die bekannteste von mehreren gleichnamigen Gaststätten in Polen, die behaupten, der Ort von Twardowskis Entführung zu sein.

Während Twardowski vom Teufel entführt wurde, begann er, reuevoll zur heiligen Maria zu beten. Diese veranlasste den Teufel tatsächlich, sein Opfer loszulassen. Statt in der Hölle zu landen, stürzte Twardowski auf den Mond, wo er bis heute ein einsames Dasein fristet. Gesellschaft leistet ihm nur sein Gehilfe, den er in eine Spinne verwandelt hatte und nun von Zeit zu Zeit an einem Faden zur Erde herablässt, um sich Neuigkeiten von dort berichten zu lassen.

Die Legende von Twardowski inspirierte zahlreiche Künstler. Allerdings gibt es – im Gegensatz zu der des Doktor Faust, die heute unauflöslich mit der Bearbeitung Johann Wolfgang von Goethes verbunden ist – keine „kanonisierte“ Version. Somit ist Twardowski in Polen, anders als Faust in Deutschland, bis heute eher ein Bestandteil der Folklore als der gehobenen Literatur. Der vielleicht bekannteste Autor, der sich des Stoffs annahm, ist Adam Mickiewicz. In seiner 1822 erschienenen komischen Ballade Pani Twardowska („Frau Twardowski“) kann der Protagonist mit einer anderen List seinem Schicksal entgehen: Er verweist auf die Bedingung, dass der Teufel (in diesem Fall „Mefistofeles“ genannt), ehe er sich Twardowskis Seele bemächtigen kann, drei Wünsche „bis auf das i-Tüpfelchen“ erfüllen muss. Nachdem der Teufel zwei unmöglich scheinende Aufgaben erfüllt, kommt die schwerste. Twardowski verlangt, dass der Teufel an seiner Statt ein Jahr mit Frau Twardowski in Treue und Gehorsam verbringen müsse. Wie Twardowski vermutet, wartet der Teufel nicht mal den Beginn dieser Prüfung ab und flüchtet durch ein Schlüsselloch, womit Twardowski gerettet ist. Pani Twardowska wurde 1869 von Stanisław Moniuszko vertont und erschien 1987 als Comic.

Das Motiv des Pan Twardowski taucht auch in einigen Werken der russischen Literatur auf, so etwa von Alexander Nikolajewitsch Radischtschew.

Auf der Legende basierende Werke


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