- Parthische Kunst
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Als Parthische Kunst bezeichnet man die Kunst im Partherreich und in den von den Parthern kulturell beeinflussten angrenzenden Gebieten. Das Partherreich bestand von etwa 250 v. Chr. bis 220 n. Chr im Gebiet des heutigen Iran und Irak. Kunst in parthischer Tradition wurde auch nach dieser Zeit und außerhalb dieses Gebietes produziert.
Die Kunst im Partherreich orientierte sich zunächst an dem hellenistischen Kunstschaffen. Ab der Zeitenwende hat sich eine Abkehr von dieser Tradition vollzogen. Eine starke Frontalität der Figuren in Malerei und Plastik sind von da an die Hauptstilmerkmale. Selbst in erzählenden Darstellungen schauen die Handelnden nicht auf das Objekt ihrer Handlung, sondern wenden sich dem Betrachter zu. Dies sind Merkmale, die die Kunst des europäischen Mittelalters und von Byzanz vorwegnehmen.
Parthische Orte und Schichten werden bei Ausgrabungen sehr oft übergangen. Die Forschungslage und der Kenntnisstand zur parthischen Kunst sind daher noch sehr lückenhaft.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Das Partherreich erstreckte sich über ein großes Gebiet, das vor allem vom heutigen Iran und Irak abgedeckt wird und viele verschiedene Völkerschaften beheimatete. Es bestand über 400 Jahre. Von diesen Voraussetzungen ausgehend ist es klar, dass man mit starken regionalen Unterschieden in der Kunst dieses Reiches zu rechnen hat und dass es eine erhebliche Entwicklung über die Jahrhunderte hinweg gab. Obwohl es zahlreiche Beispiele parthischer Kunst gibt, sei vorausgeschickt, dass aus einigen Perioden viele bedeutende Werke, auch solche des königlichen Hofes, erhalten sind, während diese für andere Jahrhunderte fehlen.
Parthische Kunst ist auch in Syrien, in zahlreichen Städten, wie Palmyra, Edessa und Dura Europos bezeugt. Nicht alle von ihnen gehörten zum Machtbereich der Parther. Im Norden scheint diese Kunst in Armenien geblüht zu haben, obwohl wenig erhalten ist. Im Süden gehörte Bahrain eindeutig zum parthischen Kunstbereich, während im Osten der Übergang zur Gandharakunst fließend ist und es schwer ist, hier eine klare Linie zu ziehen. In der älteren Forschung, die die griechische Kunst der griechischen Klassik als Ideal ansah, wurde die parthische Kunst oftmals als dekadente oder barbarische Kunst abgetan. Die neuere Forschung sieht dies jedoch differenzierter. Die parthische Kunst hat viel Neues und Originelles geschaffen und war vor allem für die Byzantinische Kunst und die Kunst des Mittelalters richtungsweisend.
Die starke Frontalität der parthischen Kunst ist im Flachbild für Vorderasien neu und scheint von dem Erlebnis griechischer Kunst, das der Orient seit dem dritten vorchristlichen Jahrhundert durchmachte, geprägt zu sein. Die parthische Kunst kann deshalb als eine orientalische Schöpfung nach dem Erlebnis der hellenistischen Kunst bezeichnet werden.
Stilepochen
Die parthische Kunst kann grob in zwei Stilepochen unterteilt werden: Eine griechische Stilphase und eine eigentlich parthische. Diese Stilphasen folgten nicht unbedingt chronologisch aufeinander, sondern es kann mit starken chronologischen Überschneidungen gerechnet werden. Eine griechisch geprägte Stadt wie Seleukia am Tigris produzierte noch länger Kunst in griechischer Tradition als die Königsstädte im Osten des Reiches wie Ekbatana. Ein Beispiel sind die Münzen von Vonones I. (6–12 n. Chr). Die Exemplare, die in der Stadt Seleukia am Tigris geprägt wurden, zeigen einen rein griechischen Stil. Die Münzen desselben Herrschers aus Ekbatana zeigen einen Stil, der sich schon stark von griechischen Vorbildern entfernt hat.
Griechischer Stil
Zu Beginn der parthischen Geschichte war ihre Kunst noch sehr stark der griechischen Kunst verpflichtet. Vor allem in der ältesten Hauptstadt Nisa konnten Zeugnisse aus der parthischen Frühzeit entdeckt werden. Es fanden sich rein griechische Marmorplastiken und eine Reihe von Elfenbein-Rhyta in hellenistischem Stil, die figürlich verziert waren.
Die Marmorstatuen sind im Schnitt 50 bis 60 cm hoch. Eine von steht dem Typ haarwringenden Aphrodite nahe. Der untere Teil der Figure ist in einem dunklen Stein gearbeitet, so dass der marmorne Körper besser zur Geltung kommt.[1] Eine andere Frauenfigur trägt einen Chiton und einen darüberliegenden Peplos, auf der rechten Schulter liegt ein Schal.
Die Ornamentbänder der Rhyta zeigen Szenen aus der griechischen Mythologie.[2] Nisa und die Provinz Parthien, wo das Parthische Reich seinen Ursprung hatte, sind dem griechischen Baktrien benachbart und es ist deshalb die Vermutung geäußert worden, dass vor allem die baktrischen Griechen die frühen Parther künstlerisch beeinflussten.[3]
In der Architektur ist von Anfang an eine gewisse Mischung griechischer mit iranischer Elemente zu beobachten. Der Bauschmuck in Nisa ist meist rein griechisch. Es fanden sich ionische und korinthische Kapitelle mit Akanthusblättern. Stufenzinnen, die man in Nisa fand, haben dagegen ihren Ursprung im iranischen Raum.
Ohne Inschriften und genaue Ausgrabungen sind frühe parthische von seleukidischen Bauten oftmals kaum zu unterscheiden. In Khurab im Iran stehen noch heute große Tempelanlagen in einem stark hellenistischen Stil mit ionischen und dorischen Säulen. Die Proportionen einzelner Bauteile (die Säulen wirken zu lang und dünn) deuten aber an, dass diese Tempel keine rein griechischen Baumeister hatten. Seine genaue Datierung ist deshalb umstritten. Er mag noch seleukisch, kann aber auch schon parthisch sein.[4]
Dieser hellenistische Stil der parthischen Frühzeit ist auch auf den Münzen der parthischen Herrscher zu verfolgen. Die frühsten Exemplare wirken noch etwas unbeholfen, sind aber im Stil griechisch, wenn auch die Herrscher parthische Attribute tragen, was den Münzen ein ungriechisches Aussehen verschafft. Unter Mithridates I., der große Teile des hellenistischen Seleukidenreiches eroberte, sind die Münzen im Stil kaum von denen hellenistischer Königshöfe zu unterscheiden. Beachtenswert ist außerdem, dass die Parther ausschließlich Silber- und Kupfermünzen, aber keine Goldmünzen prägen ließen. Die wenigen bekannten Goldmünzen sind anscheinend Prestigeobjekte und sind von lokalen Fürsten im parthischen Einflussbereich geprägt worden.[5]
Parthischer Stil
Neben dem griechischen Stil dürften an zahlreichen Orten im Partherreich vorhellenistische Traditionen in der Kunstproduktion weitergelebt haben. In Assur fand man zwei Stelen, die in einem solchen Stil gehalten sind. Sie zeigen jeweils einen stehenden Mann in parthischer Tracht. Die Figur und der Kopf sind im Profil wiedergegeben und stehen damit in mesopotamischer Tradition. Eine dritte Stele zeigt eine vergleichbare Figur, nun allerdings mit dem Gesicht zur Front. Die Stelen sind datiert und könnten einen Hinweis auf den Zeitpunkt der Einführung des neuen Stils liefern. Im parthischen Reich waren verschiedene Datierungssysteme gleichzeitig im Gebrauch und es ist nicht bekannt, nach welcher Ära diese Stelen datiert sind.[6]
Immerhin, ab der Zeit um Christi Geburt lässt sich ein neuer Stil, der vor allem durch die strenge Frontalität der Figuren gekennzeichnet ist, im Partherreich beobachten. Dieser Stil kehrt sich von griechischen Vorbilder ab, ist aber auch nicht direkt an die vorhellenistische Kunst anzuschließen. Dieser Stil scheint in Mesopotamien entstanden zu sein. Die besten Beispiele dieser nun rein parthischen Kunst stammen allerdings nicht aus der Hauptstadt, sondern aus Orten am Rande des Partherreiches, wie Dura Europos, Hatra oder Palmyra. Letztere Stadt gehörte eigentlich nicht zum parthischen Reich, übernahm aber dessen Kunst. Ein gut datierbares Monument ist der Tempel des Baal in Palmyra, der um 32 n. Chr. errichtet wurde. Die dortigen Figurenfriese zeigen schon voll die Frontalität des parthischen Stils.
Am besten ist das Entstehen eines neuen Stils aber in der Münzkunst zu verfolgen. Die Bilder der parthischen Könige sind ab der Zeit um Christi Geburt oftmals stark stilisiert. Eckige Formen ersetzten die runden, fließenden Formen des griechischen Stil, wobei zumindest auf den Münzen das Profil weiter vorherrschte. Ab der Zeit um ca. 50 v. Chr. kam es vermehrt zu Auseinandersetzungen mit dem hellenistisch orientierten Rom. Der neue Stil ist deshalb vielleicht auch eine bewusste Abkehr von den hellenistischen Traditionen und eine Besinnung auf eigene Traditionen und Werte.
Malerei
Besonders deutlich ausgeprägt ist die parthische Kunst allerdings in der Wandmalerei. Zahlreiche Beispiele sind in Dura Europos erhalten. Einige wenige Beispiele stammen aus Palmyra und Hatra und Fragmente von Wandmalereien sind in Assur und Babylon gefunden worden. Die Figuren sind nun alle frontal dargestellt. Während in der hellenistischen Kunst die Frontaldarstellung in der Malerei nur eine Möglichkeit von vielen war, ist sie nun in der parthischen Kunst die Regel. Die Figuren sind dem Betrachter zugewandt und selbst in erzählenden Darstellungen hat man das Gefühl, dass einzelne Figuren nicht mehr miteinander agieren, sondern nur noch auf den Betrachter gerichtet sind. Die Perspektive, die es in der griechischen Kunst gab, hat sich weitestgehend aufgelöst. Eine gewisse Räumlichkeit der Figuren ist nur durch Schattierungen auf einzelnen Körperpartien angedeutet. Die Standlinie, die in der vorderasiatischen Kunst eine bedeutende Rolle gespielt hatte, hat nun keine Bedeutung mehr. Die Figuren scheinen jetzt oftmals frei im Raum zu schweben.
Es gibt jedoch so gut wie keine Beispiele figürlicher Wandmalerei aus der Anfangsphase der parthischen Kunst, als diese noch unter griechischen Einfluss stand. Der Beginn parthischer Malerei bleibt für uns vorerst im Dunkeln. An das Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts können die Wandmalereien im Tempel der palmyrischen Götter in Dura Europos datiert werden. Eine Szene zeigt das Opfer des Konon. Sie gehört zu den frühsten bekannten parthischen Malereien und ist sicherlich auch zu den qualitätsvollsten Beispielen parthischen Kunst zu rechnen und zeigt schon voll deren Stilmerkmale. Obwohl die einzelnen Figuren in einer perspektivisch gezeichneten Architektur angeordnet sind, stehen nur wenige von ihnen auf dem Boden, die meisten scheinen im Raum zu schweben. Alle Figuren sind frontal wiedergegeben.
Zumindest in Dura Europos wurden die meisten Malereien von privaten Stiftern in Auftrag gegeben. Sie ließen sich an den Tempelwänden mit ihrer Familie darstellen. Die Namen sind neben ihren Figuren niedergeschrieben. Viele der dort gefundenen Wandbilder sind auch von Künstlern signiert.
In die Jahre 244/245 datiert die Synagoge von Dura Europos, die größtenteils mit Szenen aus dem Alten Testament ausgemalt wurde (und schon deshalb eine Einmaligkeit darstellt). Einzelne Szenen finden sich in kleine Panele wiedergegeben, die wiederum aneinandergereiht die ganze Wand bedeckten.[7] Die Figuren wirken etwas gedrungener als im Tempel der palmyrischen Götter, zeigen aber prinzipiell die gleichen Stilmerkmale. Sie sind in der Regel frontal wiedergegeben und scheinen oftmals im Raum zu schweben. Perspektivische Architekturen kommen kaum noch vor.
Die gut erhaltenen Beispiele parthischer Malereien stammen meist aus Tempeln und Gotteshäusern. Die profane Malerei ist nicht ganz so gut erhalten und daher weniger bekannt. Eine besondere Spezialität scheinen hier aber Schlacht- und Jagdszenen gewesen zu sein, die den Lebensstil der herrschenden Klasse verherrlichten. Besonders einflussreich war das Motiv des Reiters. Die Pferde sind hier im fliegenden Galopp wiedergegeben. Die Reiter selbst sind sitzend auf ihnen mit dem Gesicht dem Betrachter zugewandt dargestellt. In Kampfszenen handelt es sich meist um schwer bewaffnete Kataphrakte, in Jagdszenen um eher leicht ausgestattete Bogenschützen. Reste solch einer Reiterszene fanden sich in dem Palast von Assur und scheinen die Repräsentationsräume des Gebäudes dekoriert zu haben. Andere Beispiele fanden sich im Mithraeum von Dura Europos.[8] Solche Reiterszenen, in leicht veränderter Form, werden dann besonders bei den Sassaniden beliebt.
Freiplastik
Diese Stilelemente finden sich auch in der Plastik. Skulpturen, in Kalkstein, Marmor und Bronze, sind meist frontal konzipiert.[9] Selbst bei Gruppenfiguren ist keine Interaktion zu beobachten, sondern eine völlige Orientierung auf den Betrachter.
Besonders viele Beispiele parthischer Skulptur fanden sich in Palmyra, wo die Grabbauten der lokalen Oberschicht mit Platten dekoriert waren, die die Verstorbenen zeigen. Nur wenige dieser Bilder vermitteln den Eindruck eines wirklichen Portraits. Die Gesichter der Dargestellten wirken stilisiert und verklärt. Männer und Frauen sind meist einschließlich des Oberkörpers wiedergegeben und reich mit Schmuck behangen. Aus Palmyra sind kaum vollplastische Skulpturen bekannt, die es sicherlich hier einst auch gab, aber wohl in Bronze gegossen waren und eingeschmolzen wurden.
In Hatra fanden sich dagegen zahlreiche Statuen in Stein, die Gottheiten oder lokalen Herrscher darstellen. Diese Werke stiftete die hiesige Oberschicht in die Tempel der Stadt, wo sie von den Ausgräbern gefunden wurden. Neben Werken in klassisch griechisch-hellenistischer Tradition (vor allem von klassischen Gottheiten[10]), zeigen sie die Personen sitzend oder stehend, frontal und in reichem parthischen Ornat. Auffällig ist die Liebe zum Detail.[11] Die Muster der Stoffe, Waffen und Schmuckstücke sind genau wiedergegeben.
Das wohl bekannteste parthische Kunstwerk ist die Bronzestatue eines lokalen Fürsten, die sich bei Shami, in der iranischen Provinz Bachtiyārī fand. Sie wurde in den Resten eines kleinen Schreines griechischer Götter und seleukidischer Könige gefunden, die eventuell dem Kult dieser Götter aber auch von Herrschern diente. Sie ist fast vollkommen erhalten, nur die Arme fehlen. Sie ist aus zwei Teilen gearbeitet und besteht aus dem Körper und dem Kopf, der getrennt gearbeitet wurde und später aufgesetzt wurde. Der Fürst steht aufrecht in parthischer Kleidung mit einem Dolch an der Seite. Er trägt mittellanges Haar und einen Schnurrbart. Er trägt lange Beinkleider und einer darüber gelegten Tunika, die die Brust teilweise frei lässt. Die Figur ist wieder frontal ausgerichtet, scheint dabei aber Macht und Autorität auszudrücken, auch wenn der Kopf proportional etwas zu klein geraten scheint.[12] Die Datierung ist unbekannt. Der dargestellte konnte bisher nicht identifiziert werden, auch wenn, ohne jeglichen Beweis, gerne Surenas genannt wird. Wie viele Inschriften, Statuenbasen aus Susa und von anderen Orten belegen, scheinen solche Rundbilder zu großer Zahl in parthischen Städten aufgestellt gewesen zu sein.
Beispiele parthischer Plastik
Relief
Es lassen sich prinzipiell zwei Arten von Reliefs unterscheiden. Es gibt einerseits Skulpturen mit einer Rückenplatte, die technisch und formal sehr eng mit der Vollplastik verwandt sind. Daneben findet man aber auch flache Reliefs, in dem die Figuren nur einige Zentimeter aus dem Stein gehauen sind. Diese setzten assyrische und persische, vorhellenistische Traditionen fort. Diese Reliefs stehen formal der Malerei nahe. Hier, wie in der Malerei, finden sich erzählende Darstellungen. Die Figuren sind meist frontal dem Betrachter zugewandt. Vor allem im Südwesten des heutigen Iran fanden sich viele in den Fels gehauene parthische Reliefs in diesem Stil. Ihre Ausführung wirkt meist eher grob.[13] Reliefs an anderen Orten, wie z. B. aus Palmyra wirken dagegen vergleichsweise ausgereift.
Architektur
In der Architektur findet sich eine Mischung griechischen Bauschmuckes mit neuen Formen. Hier ist vor allem der Iwan als neue Bauform bemerkenswert, bei dem es sich um eine große, zu einem Hof offene Halle handelt. Diese war in der Regel gewölbt. Eine weitere Eigenheit ist die Verfremdung klassischer Baustrukturen. In Assur fand sich ein parthischer Palast, dessen Eingangsbereich einen Hof aufwies, der einem griechischen Peristyl nachempfunden war. In der hellenistischen Architektur befand sich ein Peristyl eher im Mittelpunkt des Hauses, hier wurde es zu einem Eingangshof umfunktioniert.
Die Tempel in Hatra erinnern auf den ersten Blick an griechisch-römische Tempel. Die Art der Aneinanderreihung bestimmter klassischer Strukturen ist aber parthisch. Auch erscheinen in diesen Tempeln die typisch parthischen Iwane mit großen Rundbögen als oberer Abschluss. Ein vergleichbarer Tempel fand sich in Assur. Er besteht aus drei hintereinanderliegenden Räumen mit dem Allerheiligsten als letzten Raum. Um den Tempel herum sind Säulen angeordnet, soweit ähnelt dies einem griechischen Tempel. Das besonders parthische Element ist aber der Umstand, dass die Säulen sich nur auf drei Seiten befinden und dass vor allem die Front nicht mit Säulen dekoriert war. Bei bestimmten Typen griechischer Tempel kam es auch vor, dass eine oder mehrere Seiten ohne Säulen auskamen, doch war immer die Front- bzw. Eingangsseite mit diesen geschmückt.[14]
Als Bauschmuck wurde in parthischen Gebäuden reichlich ornamentaler Stuck verwendet, der einerseits griechische Muster weiterführt, aber auch eigene, neue parthische Muster aufweist. Der Stuck an sich ist von den Griechen übernommen worden, erfreut sich jetzt aber eine besondere Beliebtheit und viele Architekturteile werden jetzt nur noch in Stuck gearbeitet. Es finden sich auf die Wand aufgesetzte Säulen und Ornamentbänder. Gerade die Säulen aus Stuck sind meist nur auf die Wand aufgesetzt und sind reine ornamentale Elemente. Sie haben keinerlei Stützfunktion und versuchen auch nicht der Wand Tiefe zu verleihen, wie es in der griechisch-römischen Architektur üblich war. Bögen fanden reichlich in der parthischen Architektur Verwendung. Die Baumaterialien richteten sich meist nach den Baustoffen, die vor Ort vorhanden waren. In Mesopotamien ist deshalb viel in Ziegeln errichtet worden, die dann wiederum stuckiert waren. In Hatra und Palmyra ist dagegen Kalkstein das vorherrschende Material.
Terrakotten
An allen parthischen Fundorten fand sich eine große Anzahl von Terrakottafiguren. Auch diese lassen sich stilistisch in zwei Gruppen teilen. Es gibt rein griechische, oder griechisch beeinflusste Figuren und auf der anderen Seite solche, in einem vorderasiatischen und später dann parthischen Stil. Bei den griechischen Typen erfreuten sich Heraklesfiguren besondere Beliebtheit, da dieser mit dem parthischen Gott Verethragna gleichgesetzt wurde. Nackte Frauenstatuen, meist in griechischer Tradition mögen als Fruchbarkeitsidole gedient haben. Parthische Typen sind vor allem liegende und stehende Männerfiguren.[15]
Der Hauptfundort, an dem parthische Terrakotten im Detail stratifigrafisch beobachtet wurden ist Seleucia am Tigris. Überraschenderweise kommen beide, griechische und orientalische Typen in fast allen Epochen parthischer Geschichte nebeneinander vor.[16]
Ende und Ausblick
Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert hatte das Partherreich mit zahlreichen inneren und äußeren Feinden zu kämpfen. Die Römer zogen mehrmals durch Mesopotamien und die Pest (siehe Antoninische Pest) scheint im Partherreich gewütet zu haben. Diese Krisenfaktoren hatten offensichtlich auch einen negativen Einfluss auf die Kunstproduktion. Während viele der besseren parthischen Kunstwerke, trotz oder gerade wegen ihrer Naturferne, Erhabenheit und eine gewisse Transzendenz ausstrahlen, so sind ab dem späten zweiten nachchristlichen Jahrhundert gewisse Verfallserscheinungen unübersehbar. Die Münzlegenden sind kaum noch lesbar, und aus Susa stammt ein Relief, dessen Darstellung eigentlich nur als verzeichnet bezeichnet werden kann.[17]
Um 226 wurde die Partherherrschaft durch die Sassaniden beseitigt. In Persien und großen Teilen von Mesopotamien verschwand damit die parthische Kunst, auch wenn bestimmte Kunsttraditionen, wie die Stuckreliefs und die Reiterszenen unter den Sassaniden fortlebten. In Syrien lebte die parthische Kunst jedoch auch nach dem Untergang der Parther weiter, wobei bedacht werden muss, dass Städte wie Palmyra und Dura Europos gar nicht zum parthischen Machtbereich gehörten und dadurch mit dem Ankommen der Sassaniden zunächst für diese Orte auch keine neue Epoche begann. Erst mit dem Fall dieser Städte (Hatra, kurz nach 240; Dura Europos, um 256; Palmyra 272) verschwindet die parthische Kunst aus unserem Blickfeld. In der syrischen und armenischen Buchmalerei vom 6. bis 10. Jahrhundert sind jedoch viele parthische Elemente wiederzufinden, die ein Weiterleben dieser Kunst bezeugen.[18]
Vor allem die strenge Frontalität der parthischen Kunst findet man auch in der Kunst von Byzanz und im europäischen Mittelalter, so dass man sicherlich mit Recht sagen kann, dass die parthische Kunst vor allem die christliche Kunst für die folgenden 1000 Jahre beeinflusste. In der Architektur wurde vieles, wie der Ivan, entwickelt, was in der islamischen Welt bestand haben sollte. Daneben strahlte die parthische Kunst auch stark nach Osten aus und hatte wohl einen bedeutenden Anteil an der buddhistischen Kunst und gelangte damit indirekt sogar bis nach China.
Anmerkungen
- ↑ Aphrodite aus Nisa, fig. 6
- ↑ Rhyton (fig.4)
- ↑ Colledge: The Parthians, S. 148
- ↑ E. Herzfeld: Iran in the Ancient East, Oxford 1941, figs. 380, 383.
- ↑ V. Schiltz: Tillya Tepe, Tomb I, in: Friedrik Hiebert und Pierre Cambon (Hrsg). Afghanistan: Hidden Treasures from the National Museum, Kabul. Washington, D.C.: National Geographic, 2008, S. 292-93, Nr. 146 ISBN 978-1-4262-0295-7 (Nachahmung in Gold einer Münze von Gotarzes I.)
- ↑ Schlumberger, Orient, S. 124, fig. 43
- ↑ Wand in der Synagoge
- ↑ Colledge: The Parthians, Tafel. 69
- ↑ siehe Beispiel: [1]
- ↑ Figur des Poseidon aus Hatra
- ↑ Statue aus Hatra
- ↑ Bild des Kopfes
- ↑ Felsreliefs in Behistun
- ↑ Colledge: The Parthians, S. 126, Fig. 32
- ↑ diverse Terrakottafiguren in verschiedenen Stilen (unten)
- ↑ Wilhelmina Van Ingen: Figurines from Seleucia on the Tigris: discovered by the expeditions conducted by the University of Michigan with the cooperation of the Toledo Museum of Art and the Cleveland Museum of Art, 1927-1932, Ann Arbor, Mich.: University of Michigan Press, 1939
- ↑ Stele aus Susa, datiert 215 (Bild ist seitenverkehrt
- ↑ Schlumberger: Orient, S. 215
Literatur
- Malcolm A. R. Colledge: The Parthians. Thames and Hudson, London 1967, S. 143-165.
- Malcolm A. R. Colledge: Parthian art. London 1977.
- R. Ghirshman: Iran, Parthes et Sassanides. Paris 1962.
- Harald Ingholt: Parthian sculptures from Hatra: Orient and Hellas in art and religion. The Academy, New Haven 1954.
- Trudy S. Kawami: Monumental art of the Parthian period in Iran. Diffusion, E. J. Brill, Leiden 1987.
- D. Schlumberger: Der hellenisierte Orient. Holle Verlag, Baden-Baden 1980, ISBN 3873552027.
- D. Schlumberger: Nachkommen der griechischen Kunst außerhalb des Mittelmeerraums. In: Der Hellenismus in Mittelasien. Hrsg. v. F. Altheim u. J. Rehork. (= Wege der Forschung, Bd. XCI). Darmstadt 1969, S. 281-405.
- Michael Sommer: Hatra. Geschichte und Kultur einer Karawanenstadt im römisch-parthischen Mesopotamien. Mainz 2003, ISBN 3805332521.
Weblinks
Dieser Artikel wurde am 23. Oktober 2006 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen.
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