- Baktrien
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Baktrien (griechisch Βακτριανή, persisch باختر / Bākhtar, lat. Bactria, chines. 大夏 Da Xia) ist der historische Name einer Landschaft um die ehemalige Hauptstadt Baktra (das heutige Balch), die nördlich des Hindukusch und südlich des Flusses Amu Darja liegt. Das Gebiet, aus dem eventuell der Religionsgründer Zarathustra stammt, gehört heute großteils zum Norden Afghanistans und zum südlichen Turkestan. Die Bewohner Baktriens waren die Baktrer sowie einige Skythen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der persische Großkönig Kyros II. eroberte Baktrien um 538 v. Chr. und machte aus Baktrien eine Satrapie des Achämenidenreichs. Das Land war für seine Fruchtbarkeit und seinen Reichtum berühmt. Es wurde daher auch das „Reich der 1000 Städte“ genannt. Das lässt vermuten, dass der Urbanisierungsgrad Baktriens sehr hoch war. Das Land war außerdem für seine Pferde berühmt, die baktrische Reiterei stellte einen wichtigen Bestandteil des persischen Heeres dar. Nach der weitgehenden Eroberung Persiens durch Alexander den Großen um 330 v. Chr. versuchte der Satrap von Baktrien, Bessos, sich zum selbstständigen König von Baktrien zu machen, doch unterlag er Alexander. Bessos, der Dareios III. in Baktrien ermorden ließ, nachdem dieser von Stadt zu Stadt Zuflucht vor Alexander gesucht hatte, wurde ebenfalls von Alexander ermordet.
Nach Alexanders Tod gehörte Baktrien zum Reich der Seleukiden. Alexanders Nachfolger, die Diadochen, beseitigten dessen Familie. Der Diadoche Antiochos I. bemühte sich von Baktrien aus, der wachsenden Macht des indischen Mauryareichs Herr zu werden, doch machten sich bald schon separatistische Tendenzen bemerkbar, zumal die Seleukiden diesen weit entfernten Raum von Syrien und Mesopotamien aus ohnehin nicht effektiv kontrollieren konnten. Der seleukidische Statthalter Diodotos spaltete dann um 240 v. Chr. Baktrien vom Seleukidenreich ab und wurde unabhängig, wobei das Land ohnehin bald darauf durch die Angriffe der Parther vom Rest des Reiches isoliert wurde. Damit begründete Diodotos das griechisch-baktrische Reich, das sich über fast ganz Khorasan ausgebreitet hatte und das später auch einen Teil Indiens umfassen sollte. Antiochos III. stieß Ende des 3. Jahrhunderts noch einmal bis nach Baktrien vor, doch mehr als eine formale Unterordnung Baktriens erreichte er nicht. Das griechisch-baktrische Reich löste sich dann 80 Jahre nach seiner Loslösung vom Seleukidenreich nach einem Krieg zwischen Demetrios und Eukratides in zwei Reiche auf: das eigentlich griechisch-baktrische Reich und das indo-griechische Reich. Beide Reiche wurden von den Parthern und Saken hart bedrängt. Unter den Königen dieser Reiche werden als die bedeutendsten die Griechen Alexandros und Hermaios genannt. Die Parther eroberten den Süden Khorasans (heute Afghanistan), die Saken wanderten nach Sistan, wo sie teilweise sesshaft wurden. Ein Teil der Saken ließ sich auch nördlich des Hari-Rud nieder.
141–129 v. Chr. war Baktrien von den Yüe-tschi besetzt. Auf Hermaios folgte im 1. Jahrhundert v. Chr. ein nichtgriechischer König, Kadphizes (Kushana, Yüe-tschi-Reich).
Im 1. Jahrhundert n. Chr. herrschte der von den Parthern abstammende König Gondophares über den größten Teil des Reichs; unter ihm verkündete nach der Legende der heilige Thomas das Christentum in Baktrien. Bis 200 herrschte die Dynastie der Turuschkas, bis die Herrschaft der Kushana und (im Südwesten) der neupersischen Sassaniden diesem Rest hellenistischer Kultur im Osten ein Ende machte und die griechische Sprache durch die einheimische wieder verdrängte.
Nach der Eroberung Baktriens durch die Kushana wurden diese in Baktrien kulturell und sprachlich assimiliert. So nahmen die Kushana die baktrische Sprache, Kultur und sogar Religion an, jedoch ohne zu vergessen, dass sie die neuen Herrscher Baktriens sind. Später konvertierten auch einige Herrscher zum Buddhismus. So war der Herrscher der Kushana Kanishka selbst ein Zoroastrier. Das beweist der Fund eines zoroastrischen Feuertempels in Baghland, den Kanishka sich selbst gewidmet hatte. Die Kushana errichteten ein Reich, das sich vom Aral-See bis zum westlichen China und nach Zentral-Indien erstreckte. Damit war Baktrien neben dem Sassaniden-Reich, dem Kaiserreich China und Rom das mächtigste Reich der damaligen Welt und gleichzeitig eines der höchstentwickelten. Baktrien, generell, Khorasan wurde zum Zentrum von Wissenschaft, buddhistisch-hinduistischer Theologie und Weltwirtschaft. Auch die von den paschtunischen Taliban zerstörten Buddha-Statuen im Bamyan-Tal gehen auf die Zeit der Kushana zurück. All diese Leistungen waren sowohl durch die Seidenstraße als auch durch die Popularität der Kushana sowohl in Asien als auch in Europa bedingt.
Mit dem Aufkommen der Sassaniden im Westen verschmolz die Kushana-Zivilisation mit der der Sassaniden. Viele Gelehrte und Historiker sprechen daher von einer kushano-sassanidischen Zivilisation. Als die „Hunnen“ (die genaue Identität der angreifenden Gruppen ist nicht immer genau zu klären, vgl. Chioniten) beide Reiche überfielen, waren es in erster Linie die Kushana, die die fremden Krieger aus (Groß-)Khorasan vertrieben. Die Herrschaft der Kushana dauerte fast vier Jahrhunderte, bis sie von den Kidariten (die wohl zu den „hunnischen Invasoren“ zu zählen sind, doch ist dies nicht ganz klar) unter ihren Anführer Kidara ersetzt wurden.
Die Hephtaliten, eine Konföderation verschiedener indoeuropäisch geprägter nomadischen Völker, wurden in Baktrien die neuen Herrscher und übernahmen die baktrische Sprach- und Administrationstradition. Die Hephtaliten errichteten sowohl in (Groß-)Khorasan als auch im heutigen Iran für kurze Zeit ein eigenes Reich. Zeitweise war sogar das Sassanidenreich tributpflichtig, bis Chosrau I. mit Hilfe türkischer Nomaden das Hephthalitenreich völlig zerschlug. Daraufhin wurde Baktrien wieder eine persische Provinz, während die Länder jenseits des Oxus (Transoxanien) von den Türken eingenommen wurden.
Infolge der Islamischen Expansion (642 Hauptschlacht mit den Sassaniden bei Nehawend, 712 Eroberungen an Chinas Grenze) wurde Baktrien Teil des arabischen Kalifats. Zur gleichen Zeit wurde das Land von vor den Arabern flüchtenden Persern heimgesucht. Wie in Gandhara, machten die Immigranten die Hauptbevölkerung aus und assimilierten komplett die eigentliche indigene Bevölkerung. Nach den Forschern Dupree und Richard Nelson Frye war die Zahl der persischstämmigen Bevölkerung so hoch, dass sie in kurzer Zeit bzw. im Laufe der folgenden 200 Jahrhunderte die einheimische, Ost-Iranisch sprechende Bevölkerung assimilierte. Nur vereinzelt überlebten die ost-iranischen Dialekte. Überbleibsel der persisch-baktrischen Bevölkerung, die heute noch östliche Dialekte sprechen, sprechen Pamiri.
Seit dem 10. Jahrhundert wurde das Gebiet Baktriens von verschiedenen persischen, türkischen und mongolischen Dynastien beherrscht, später schließlich im 19. Jahrhundert von den Afghanen.
Im 19. Jahrhundert stritten sich auch Großbritannien und das zaristische Russische Reich um die Einflussnahme in dieser Region.
Das „Gold von Baktrien“
Baktrien war schon in der Antike bekannt für sein Gold. Das Baktrische Gold war legendär. Schon der persische König Darius I. nennt Gold aus Baktrien in seiner Bauinschrift zum Palast von Susa. Allerdings war Baktrien nur ein Zwischenhändler. Die eigentliche Herkunftsregion war dagegen Sibirien, wovon es nach Baktrien gehandelt wurde.[1] Obwohl griechisch-baktrische Goldmünzen nicht sehr zahlreich sind, stammt doch die größte antike Goldmünze aus Baktrien und ist eine Prägung von Eukratides I. (etwa 171 bis 145 v. Chr.).
Der Begriff Gold von Baktrien wird neuerdings wieder aufgegriffen um auf einen reichen Goldschatz zu verweisen. Ende der 1970er Jahre fanden sowjetische Archäologen unter Viktor Sarianidi im heutigen Afghanistan bei Tilla Tepe die Überreste eines antiken Gräberfelds. Aus sechs Gräbern konnten mehr als 20.000 großteils aus Gold und Halbedelsteinen bestehende Objekte geborgen werden, die einen der bedeutendsten archäologischen Funde des 20. Jahrhunderts darstellen. Wegen der unruhigen politischen Lage mussten die Grabungen abgebrochen werden, wobei die Sammlung dem Nationalmuseum Kabul übergeben wurde. Im Jahr 1989 wurden sie in der sich im Präsidentenpalast befindlichen Zentralbank deponiert. Erst 2004 konnten die zwischenzeitlich verloren geglaubten Funde in den dortigen Kellerräumen geborgen werden. Sie hatten die Wirren der Kriegsjahre völlig unbeschadet überstanden.
Einzelnachweise
- ↑ W. W. Tarn: The Greeks in Bactria and India (3rd Edit.) Chicago 1984, S. 105 ISBN0-89005-524-6
Literatur
- Michael Alram: Die Geschichte Ostirans von den Griechenkönigen in Baktrien und Indien bis zu den iranischen Hunnen (250 v. Chr.–700 n. Chr.). In: Wilfried Seipel (Hrsg.): Weihrauch und Seide. Alte Kulturen an der Seidenstraße. Wien 1996, ISBN 3-900325-53-7, S. 119–140.
- Baktrien. In: Kleines Lexikon des Hellenismus. Harrassowitz, Wiesbaden 1993, ISBN 3-447-03278-2, S. 93–96, (dort auch weiterführende Literatur).
Weblinks
Commons: Bactria – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Baktrien. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica (englisch, inkl. Literaturangaben)
- Jona Lendering: Artikel. In: Livius.org (englisch)
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