- Partielle Integration
-
Die partielle Integration, auch Produktintegration genannt, ist in der Integralrechnung eine Möglichkeit zur Bestimmung von Stammfunktionen. Sie kann als die Umkehrung der Produktregel der Differentialrechnung aufgefasst werden.
Für die partielle Integration verwendet man die folgende Regel, die für stetig differenzierbare Funktionen f und g gilt:
Diese Regel ist insbesondere dann von Vorteil, wenn durch Ableiten von g eine einfachere Funktion entsteht und eine Stammfunktion zu (d. h. die Funktion f) leicht zu finden ist.
Inhaltsverzeichnis
Herleitung
Die Produktregel über die Ableitung eines Produktes zweier Funktionen u(x) und v(x) besagt:
- also
Daraus folgt für die partielle Integration:
Folglich gilt für bestimmte Integrale:
oder dasselbe, wie man es in vielen Mathematikbüchern finden kann:
Für die konkrete Ausführung ist es oft übersichtlicher, sich zunächst auf das unbestimmte Integral zu beschränken, da die Grenzen die Sicht auf das Wesentliche versperren.
Beispiel
Als Beispiel wird das Integral
betrachtet, wobei ln(x) der natürliche Logarithmus ist. Setzt man und g(x) = ln(x), so erhält man
- und
Dies ergibt dann:
Alternative Schreibweise
Es seien u und v stetig differenzierbare Funktionen, U und V ihre Stammfunktionen und u' und v' die Ableitungen.
Es sei u die Funktion, die man bevorzugt ableiten möchte, v die Funktion, die man bevorzugt integrieren möchte. Dann gilt:
Methoden der partiellen Integration
Zur effektiven Nutzung der partiellen Integration gibt es verschiedene Standardtricks.
Beispiel 1
Manchmal kann man es sich zunutze machen, dass nach mehreren Schritten der partiellen Integration das ursprüngliche Integral auf der rechten Seite des Gleichheitszeichens wiederkehrt, welches man dann durch Äquivalenzumformung mit dem ursprünglichen Integral auf der linken Seite zusammenfassen kann.
Setzt man f(x) = cos(x) und g'(x) = sin(x), so ergibt sich
- und
und man erhält
Addiert man auf beiden Seiten der Gleichung das Ausgangsintegral, ergibt sich:
Dividiert man beide Seiten durch 2, so erhält man schließlich:
Vertauscht man f(x) und g(x), so ergibt sich:
- .
Wegen sin 2(x) = 1 − cos 2(x) erkennt man, dass es keine ausgezeichnete Stammfunktion gibt.
Beispiel 2
Bei manchen Integralen bietet es sich an, für g'(x) einen Term zu wählen, der sich bei der Integration nicht oder nur unwesentlich verändert, beispielsweise die natürliche Exponentialfunktion oder die trigonometrischen Funktionen. Dann kann der andere Term "abgeräumt" werden.
Setzt man jedes Mal g'(x) = ex und für f(x) den übrigen Term unter dem Integral, so ergibt sich
Beispiel 3
Steht nur ein Term unter dem Integral, auf dessen Stammfunktion ohne Tabellenwert nicht ohne weiteres zu schließen ist, kann man gelegentlich durch Einfügen des (unsichtbar vorhandenen) Faktors "1" partiell integrieren.
Setzt man und , so erhält man
- .
Beispiel 4
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, ein bereits bekanntes Integral so partiell zu integrieren, dass das gewünschte Integral entsteht. Beispiel:
Um zu bestimmen, integrieren wir das folgende ähnliche Integral partiell:
Durch Umstellen folgt
Mehrdimensionale partielle Integration
Die partielle Integration in mehreren Dimensionen ist ein Sonderfall des Gaußschen Integralsatzes: Sei kompakt mit abschnittsweise glattem Rand . Der Rand sei orientiert durch ein äußeres Normalen-Einheitsfeld . Sei ferner ein stetig differenzierbares Vektorfeld auf einer offenen Umgebung von Ω und φ ein stetig differenzierbares Skalarfeld auf Ω. Dann gilt
mit der Abkürzung . Dann folgt die Verallgemeinerung der partiellen Integration in mehreren Dimensionen
- .
Stieltjesintegrale
Es seien g und f zwei Funktionen von finiter Variation, dann gilt
bzw. anders geschrieben
Siehe auch
- Integration durch Substitution, eine weitere wichtige Regel zur Berechnung von Integralen
Literatur
- Otto Forster: Analysis 1. Differential- und Integralrechnung einer Veränderlichen. Vieweg, Braunschweig 72004. ISBN 3-528-67224-2
- Konrad Königsberger: Analysis 1 Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-41282-4
Wikimedia Foundation.