Integralrechnung

Integralrechnung
Anschauliche Darstellung des Integrals als Flächeninhalt S unter einer Kurve der Funktion f im Integrationsbereich von a bis b.

Die Integralrechnung ist neben der Differentialrechnung der wichtigste Zweig der mathematischen Disziplin der Analysis. Sie ist aus dem Problem der Flächen- und Volumenberechnung entstanden. Das Integral ist ein Oberbegriff für das unbestimmte und das bestimmte Integral. Die Berechnung von Integralen heißt Integration.

Das bestimmte Integral einer Funktion ordnet dieser einen Zahlwert zu. Bildet man das bestimmte Integral einer reellen Funktion in einer Variablen, so lässt sich das Ergebnis im zweidimensionalen Koordinatensystem als Flächeninhalt der Fläche, die zwischen dem Graphen der Funktion, der x-Achse und den begrenzenden Parallelen zur y-Achse liegt, deuten. Hierbei zählen Flächenstücke unterhalb der x-Achse negativ. Man spricht vom orientierten Flächeninhalt. Diese Konvention wird gewählt, damit das bestimmte Integral eine lineare Abbildung ergibt, was sowohl für theoretische Überlegungen als auch für konkrete Berechnungen eine zentrale Eigenschaft des Integralbegriffs darstellt.

Das unbestimmte Integral einer Funktion ordnet dieser eine Menge von Funktionen zu, deren Elemente Stammfunktionen genannt werden. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass ihre ersten Ableitungen mit der Funktion, die integriert wurde, übereinstimmen. Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung besagt, dass (bestimmte) Integrale aus Stammfunktionen berechnet werden können.

Im Gegensatz zur Differentiation existiert für die Integration auch elementarer Funktionen kein einfacher und kein alle Fälle abdeckender Algorithmus. Integration erfordert trainiertes Raten, Benutzung spezieller Umformungen (Integration durch Substitution, partielle Integration), Nachschlagen in einer Integraltafel oder Benutzung spezieller Computer-Software. Oft erfolgt die Integration nur näherungsweise mittels so genannter numerischer Quadratur.

In der Technik benutzt man zur näherungsweisen Flächenbestimmung so genannte Planimeter, bei welchen die Summierung der Flächenelemente kontinuierlich erfolgt. Der Zahlenwert der so bestimmten Fläche kann an einem Zählwerk abgelesen werden, welches zur Erhöhung der Ablesegenauigkeit mit einem Nonius versehen ist. Chemiker pflegten früher Integrale beliebiger Flächen mit Hilfe einer Analysenwaage oder Mikrowaage zu bestimmen: Die Fläche wurde sorgfältig ausgeschnitten und gewogen, ebenso ein genau 10 cm × 10 cm großes Stück des gleichen Papiers; eine Dreisatzrechnung führte zum Ergebnis.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Flächenberechnungen werden seit der Antike untersucht. Im 5. Jahrhundert vor Christus entwickelte Eudoxos von Knidos nach einer Idee von Antiphon die Exhaustionsmethode, die darin bestand, einen Körper durch regelmäßige Polygone auszufüllen. Er konnte durch diese Methode sowohl Flächen als auch Volumina einiger einfacher Körper bestimmen. Archimedes (287–212 v. Chr.) verbesserte diesen Ansatz, und so gelang ihm die exakte Integration einer Parabel, alles ohne Benutzung eines Grenzwertbegriffs. Er näherte Pi auf einen Wert zwischen \textstyle{3\frac{10}{71}} und \textstyle{3\frac{10}{70}} an.

Diese Methode wurde auch im Mittelalter benutzt. Im 17. Jahrhundert stellte Bonaventura Francesco Cavalieri das Prinzip von Cavalieri auf, wonach zwei Körper das gleiche Volumen haben, wenn alle parallelen ebenen Schnitte den gleichen Flächeninhalt haben. Johannes Kepler benutzte in seinem Werk Astronomia Nova (1609) bei der Berechnung der Marsbahn Methoden, die wir heute als numerische Integration bezeichnen würden. Er versuchte ab 1612, den Rauminhalt von Weinfässern zu berechnen. 1615 veröffentlichte er die Stereometria Doliorum Vinariorum („Stereometrie der Weinfässer“), später auch als keplersche Fassregel bekannt.

Ende des 17. Jahrhunderts gelang es Isaac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz unabhängig voneinander Kalküle zur Differentialrechnung zu entwickeln und so den Fundamentalsatz der Analysis zu entdecken (zur Entdeckungsgeschichte und zum Prioritätsstreit siehe den Artikel Infinitesimalrechnung; zum Integralzeichen und dessen Geschichte siehe Integralzeichen). Ihre Arbeiten erlaubten das Abstrahieren von rein geometrischer Vorstellung und werden deshalb als Beginn der Analysis betrachtet. Bekannt wurden sie vor allem durch das Buch des Adligen Guillaume François Antoine, Marquis de L’Hospital, der bei Johann Bernoulli Privatunterricht nahm und dessen Forschung zur Analysis so publizierte. Der Begriff Integral geht auf Johann Bernoulli zurück.

Im 19. Jahrhundert wurde die gesamte Analysis auf ein solideres Fundament gestellt. 1823 entwickelte Augustin Louis Cauchy erstmals einen Integralbegriff, der den heutigen Ansprüchen an Stringenz genügt. Später entstanden die Begriffe des Riemann-Integrals und des Lebesgue-Integrals. Schließlich folgte die Entwicklung der Maßtheorie Anfang des 20. Jahrhunderts.

Integral für kompakte Intervalle

„Kompakt“ bedeutet hier beschränkt und abgeschlossen, es werden also nur Funktionen auf Intervallen der Form [a,b] betrachtet. Offene oder unbeschränkte Intervalle sind nicht zugelassen.

Motivation

Reduktion komplizierterer Flächeninhalte auf Integrale

Ein Ziel der Integralrechnung ist die Berechnung von Flächeninhalten krummlinig begrenzter Bereiche der Ebene. In den meisten in der Praxis auftretenden Fällen sind derartige Flächen beschrieben durch zwei stetige Funktionen f,g auf einem kompakten Intervall [a,b], deren Graphen die Fläche begrenzen (linkes Bild).

Integral difference.png

Der Flächeninhalt der schraffierten Fläche im linken Bild ist gleich der Differenz der schraffierten Bereiche in den beiden rechten Bildern. Es genügt also, sich auf den einfacheren Fall einer Fläche zu beschränken, die begrenzt wird von:

  • dem Graphen einer Funktion,
  • zwei vertikalen Geraden x = a und x = b
  • sowie der x-Achse.

Auf Grund seiner fundamentalen Bedeutung erhält dieser Typ Flächeninhalt eine spezielle Bezeichnung:

\int_a^b f(x)\,\mathrm dx,

gelesen als Integral von a bis b über (oder: von) f(x)\,\mathrm dx. Statt x kann auch eine andere Variable, abgesehen von a und b gewählt werden, zum Beispiel t, was den Wert des Integrals nicht ändert.

Integrale negativer Funktionen

Verschiebt man den Graphen einer Funktion in Richtung der y-Achse um ein Stück c, so kommt zu der betrachteten Fläche ein Rechteck hinzu:

Integral shift.png

Das Integral ändert sich um den Flächeninhalt dieses Rechtecks der Breite ba und der Höhe c, in Formeln

\int_a^b(f(x)+c)\,\mathrm dx=\int_a^b f(x)\,\mathrm dx+(b-a)\cdot c.

Betrachtet man eine stetige Funktion, deren Werte negativ sind, so kann man stets ein c finden, so dass die Werte von f(x) + c im Intervall alle positiv sind. Mit der vorhergehenden Überlegung erhält man

Integral über eine negative Funktion und Verschiebung ins positive
\int_a^bf(x)\,\mathrm dx=\int_a^b(f(x)+c)\,\mathrm dx-(b-a)\cdot c,

das heißt, das Integral von f ist die Differenz der Flächeninhalte des weißen Bereichs in der Mitte und dem umgebenden Rechteck. Diese Differenz ist aber negativ, das heißt, soll die obige Formel für beliebige Funktionen korrekt sein, so muss man Flächen unterhalb der x-Achse negativ zählen. Man spricht deshalb von einem „orientierten“ bzw. „gerichteten“ Flächeninhalt.

Wenn eine Nullstelle im zu untersuchenden Intervall vorliegt, gibt das Integral nicht mehr den Flächeninhalt an, sondern stellt nur noch eine Rechenregel dar. Benötigt man in einem solchen Intervall die Fläche zwischen x-Achse und Graph der Funktion, so muss das Integral aufgeteilt werden.

Das Prinzip von Cavalieri und die Additivität des Integrals

Hauptartikel: Prinzip von Cavalieri

Axiomatischer Zugang

Es ist nicht einfach, den Begriff des Flächeninhaltes mathematisch präzise zu fassen. Im Lauf der Zeit wurden dafür verschiedene Konzepte entwickelt. Für die meisten Anwendungen sind deren Details jedoch unerheblich, da sie unter anderem auf der Klasse der stetigen Funktionen übereinstimmen. Im Folgenden werden einige Eigenschaften des Integrals aufgelistet, die oben motiviert wurden und unabhängig von der genauen Konstruktion für jedes Integral gelten. Außerdem legen sie das Integral stetiger Funktionen eindeutig fest.

Es seien a < b reelle Zahlen, und es sei \mathcal F ein Vektorraum von Funktionen [a,b]\to\mathbb R, der die stetigen Funktionen umfasst. Funktionen in \mathcal F werden „integrierbar“ genannt. Dann ist ein Integral eine Abbildung

\mathcal F\to\mathbb R,

geschrieben

f\mapsto\int_a^b f(x)\,\mathrm dx,

mit den folgenden Eigenschaften:

  • Linearität: Für Funktionen f,g\in\mathcal F und \lambda\in\mathbb R gilt
    • \int_a^b(f(x)+g(x))\,\mathrm dx=\int_a^b f(x)\,\mathrm dx+\int_a^b g(x)\,\mathrm dx,
    • \int_a^b(\lambda f(x))\,\mathrm dx = \lambda\cdot\int_a^b f(x)\,\mathrm dx.
  • Monotonie: Ist f(x)\geq0 für alle x\in[a,b], so ist
    \int_a^b f(x)\,\mathrm dx\geq0.
  • Integral der charakteristischen Funktion eines Intervalls: Ist I\subseteq[a,b] ein Intervall und ist
\chi_I(x)=\begin{cases}1\ ,&\mathrm{falls}\ x\in I\ ,\\0\ ,&\mathrm{falls}\ x\notin I\ ,\end{cases}
so ist
\int_a^b \chi_I(x)\,\mathrm dx
gleich der Länge des Intervalls I.

Bezeichnungen

  • a und b heißen Integrationsgrenzen. Sie können oberhalb und unterhalb des Integralzeichens oder seitlich vom Integralzeichen geschrieben werden:
{\textstyle\int\limits_a^b} f(x)\,{\rm d}x     oder     \int\nolimits_a^b f(x)\,{\rm d}x
  • f(x) heißt Integrand.
  • Die symbolische Variable x heißt Integrationsvariable. Ist x die Integrationsvariable, so spricht man auch von Integration über x. Die Integrationsvariable ist austauschbar, statt
\int_a^b f(x)\,\mathrm dx
kann man genauso gut
\int_a^b f(t)\,\mathrm dt oder \int_a^b f(\xi)\,\mathrm d\xi
schreiben. In dem obigen Beispiel führt es zu unerwünschten Mehrdeutigkeiten, wenn man die Buchstaben a oder b verwendet, da sie bereits als Bezeichner für die Integrationsgrenzen fungieren. Daher sollte man darauf achten, dass das für die Integrationsvariable verwendete Zeichen nicht schon mit einer anderen Bedeutung belegt ist.
  • Der Bestandteil „dx“ wird Differential genannt, hat aber in diesem Kontext meist nur symbolische Bedeutung. Daher wird hier nicht versucht, ihn zu definieren. Am Differential liest man die Integrationsvariable ab.

Herkunft der Notation

Die symbolische Schreibweise von Integralen geht auf den Mitentdecker der Differential- und Integralrechnung, Gottfried Wilhelm Leibniz, zurück. Das Integralzeichen ist aus dem Buchstaben langes s (ſ) für lateinisch summa abgeleitet. Die multiplikativ zu lesende Notation f(x)\;\mathrm{d}x deutet an, wie sich das Integral – dem Riemann-Integral folgend – aus Streifen der Höhe f(x) und der infinitesimalen Breite dx zusammensetzt.

Alternative Schreibweise in der Physik

In der theoretischen Physik wird aus pragmatischen Gründen oft eine leicht andere Schreibweise für Integrale benutzt (vor allem bei Mehrfachintegralen). Dort wird statt

\int_a^b f(x)\,\mathrm dx

oft

\int_a^b \mathrm dx f(x)

geschrieben, manchmal werden an verschiedenen Stellen sogar beide Schreibweisen benutzt.

Die zweite Schreibweise hat den Nachteil, dass die zu integrierende Funktion f(x) nicht mehr durch \int_a^b und dx eingeklammert wird. Zudem können Missverständnisse z. B. beim Lebesgue-Integral auftreten. Die alternative Schreibweise hat jedoch auch einige Vorzüge:

  • Der Ausdruck \int_a^b \mathrm dx hebt hervor, dass das Integral ein linearer Operator ist, der auf alles rechts von ihm wirkt.
  • Oft tauchen in der Physik Integrale auf, bei denen die zu integrierende Funktion mehrere Zeilen lang ist oder es wird über mehrere Unbekannte x_1,x_2,\ldots,x_n integriert. Dann weiß man bei der Schreibweise \int_a^b \mathrm dx f(x) schon zu Beginn des Integrals, welche Variablen überhaupt und über welche Grenzen integriert werden. Ferner ist dann die Zuweisung von Variablen zu Grenzen einfacher.
  • Die Kommutativität der Produkte bei den in der Riemann’schen Näherung auftretenden Summanden  \Delta x_n\cdot f(x_n) wird betont.

Beispiel:

\int_{a_1}^{a_2}\mathrm dt \int_{b_1}^{b_2}\mathrm dx_1\int_{c_1}^{c_2}\mathrm dx_2\int_{d_1}^{d_2} \mathrm dx_3 \,f(x_1,x_2,x_3,t)

statt

\int_{a_1}^{a_2}\int_{b_1}^{b_2}\int_{c_1}^{c_2}\int_{d_1}^{d_2} f(x_1,x_2,x_3,t)\,\mathrm dx_3\mathrm dx_2\mathrm dx_1\mathrm dt

Einfache Folgerungen aus den Axiomen

  • Ist f(x)\leq g(x) für alle a\leq x\leq b, so ist
\int_a^bf(x)\,\mathrm dx\leq\int_a^bg(x)\,\mathrm dx.
\left|\int_a^b f(x)\,\mathrm dx\right|\leq (b-a)\cdot\|f\|_\infty.
  • Ist | f(x) − g(x) | < ε für alle a\leq x\leq b mit einer festen Zahl ε > 0, so gilt
\left|\int_a^b f(x)\,\mathrm dx-\int_a^b g(x)\,\mathrm dx \right|\leq(b-a)\cdot\varepsilon.
Daraus folgt: Ist fn eine Folge von integrierbaren Funktionen, die gleichmäßig gegen eine (integrierbare) Funktion f konvergiert, so ist
\lim_{n\to\infty}\int_a^b f_n(x)\,\mathrm dx=\int_a^b f(x)\,\mathrm dx.
Mit anderen Worten: Das Integral ist ein stetiges Funktional für die Supremumsnorm.
  • Integrale von Treppenfunktionen: Ist f eine Treppenfunktion, das heißt, ist [a,b] eine disjunkte Vereinigung von Intervallen Ik der Längen Lk, so dass f auf Ik konstant mit Wert ck ist, so gilt
\int_a^bf(x)\,\mathrm dx=\sum_{k=1}^n L_k\cdot c_k,
also anschaulich gleich der Summe der Flächeninhalte der Rechtecke unter dem Funktionsgraphen von f.

Stammfunktionen und der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung

In gewisser Hinsicht ist Integration die Umkehrung der Differentiation. Um dies zu präzisieren, wird der Begriff der Stammfunktion benötigt: Ist f eine Funktion, so heißt eine Funktion F eine Stammfunktion von f, wenn die Ableitung von F gleich f ist:

F' = f.\,

Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung stellt die Beziehung zwischen Stammfunktionen und Integralen her. Er besagt: Ist f eine stetige Funktion auf einem Intervall [a,b] und ist F eine Stammfunktion von f, so gilt

\int_a^bf(x)\,\mathrm dx=F(b) - F(a).

Die rechte Seite wird oft abkürzend als

[F(x)]_a^b = [F(x)]_{x=a}^{x=b} = F(x)\Big|_a^b = F(x)\Big|_{x=a}^{x=b} oder Ähnliches

geschrieben.

Dieser Zusammenhang ist die hauptsächliche Methode zur expliziten Auswertung von Integralen. Die Schwierigkeit liegt meist im Auffinden einer Stammfunktion.

Die bloße Existenz ist theoretisch gesichert: Die Integralfunktion

x\mapsto\int_a^xf(t)\,\mathrm dt

ist für jedes a eine Stammfunktion von f.

Eigenschaften von Stammfunktionen

Man kann zu einer Stammfunktion eine Konstante addieren und erhält wieder eine Stammfunktion: Ist F eine Stammfunktion zu einer Funktion f und ist c\in\R eine Konstante, so ist

(F+c)'=F\!\,'+0=F'=f.

Zwei Stammfunktionen derselben auf einem Intervall definierten Funktion unterscheiden sich um eine Konstante: Sind F und G Stammfunktionen derselben Funktion f, so ist

(F-G)\!\,'=F'-G'=f-f=0,

also ist die Differenz FG eine Konstante. Ist der Definitionsbereich von f kein Intervall, so ist die Differenz zweier Stammfunktionen lediglich lokal konstant.

Unbestimmtes Integral

Eine Stammfunktion wird auch als unbestimmtes Integral von f(x) bezeichnet – manchmal ist damit aber auch die Menge aller Stammfunktionen gemeint. Ist F(x) eine Stammfunktion, so schreibt man häufig unpräzise

\int f(x)\,\mathrm{d}x = F(x) + C,

um anzudeuten, dass jede Stammfunktion von f die Form F(x) + C mit einer Konstante C hat.

Man beachte, dass die Schreibweise

\int f(x)\,\mathrm dx

jedoch auch häufig in Formeln benutzt wird, um anzudeuten, dass Gleichungen für beliebige, konsistent gewählte Grenzen gelten; beispielsweise ist mit

\int cf(x)\,\mathrm dx=c\int f(x)\,\mathrm dx

gemeint, dass

\int_a^b cf(x)\,\mathrm dx=c\int_a^b f(x)\,\mathrm dx

für beliebige a,b gilt.

Bestimmung von Stammfunktionen

Siehe dazu den Artikel: Tabelle von Ableitungs- und Stammfunktionen oder unbestimmte Integrale in der Formelsammlung Mathematik

Im Gegensatz zur Ableitungsfunktion ist die explizite Berechnung einer Stammfunktion bei vielen Funktionen sehr schwierig oder nicht möglich. Oft schlägt man Integrale deshalb in Tabellenwerken (z. B. einer Integraltafel) nach. Zur händischen Berechnung einer Stammfunktion ist häufig die geschickte Anwendung der folgenden Standardtechniken hilfreich.

Partielle Integration

Hauptartikel: Partielle Integration

Die partielle Integration ist die Umkehrung der Produktregel der Differentialrechnung. Sie lautet:

 \int_a^b f'(x)\cdot g(x)\,\mathrm{d}x
= [f(x)\cdot g(x)]_{a}^{b} - \int_a^b f(x)\cdot g'(x)\,\mathrm{d}x .

Diese Regel ist dann von Vorteil, wenn die Funktion f(x)\cdot g'(x) einfacher als die Funktion f'(x)\cdot g(x) zu integrieren ist. Hierbei sind jedoch die Produkte und nicht die Faktoren selbst zu bewerten.

Beispiel:

\int_a^b x \ln(x)\,\mathrm dx.

Setzt man

f'(x)=x\, und g(x) = \ln(x)\,

so ist

f(x) = \frac{x^2}2 und g'(x)=\frac 1x,

und man erhält

\begin{align}
\int_a^b x\ln(x)\,\mathrm dx &= \frac{b^2}2 \ln(b) - \frac{a^2}2\ln(a)- \int_a^b \frac{x^2}2\cdot\frac 1x\,\mathrm dx\\
                             &= \frac{b^2}2 \left(\ln(b)-\frac 12\right) - \frac{a^2}2 \left(\ln(a)-\frac 12\right).
\end{align}

Integration durch Substitution

Die Substitutionsregel ist ein wichtiges Hilfsmittel, um einige schwierige Integrale zu berechnen, da sie bestimmte Änderungen der zu integrierenden Funktion bei gleichzeitiger Änderung der Integrationsgrenzen erlaubt. Sie ist das Gegenstück zur Kettenregel in der Differentialrechnung.

Sei \varphi(x) = f(g(x)) \cdot g'(x) mit g'\ne 0 und F eine Stammfunktion von f, so ist Φ(x) = F(g(x)) eine Stammfunktion von φ, denn es gilt

\frac{\varphi(x)}{g'(x)} = f(g(x))

und mit der Substitution

z = g(x),\quad\mathrm dz = g'(x)\mathrm dx

schließlich

\begin{align}
  \int_a^b f(g(x)) g'(x) \mathrm dx &= \int_{g(a)}^{g(b)}f(z)\mathrm dz\\
                                    &= F(g(b))-F(g(a))\\
                                    &= \Phi(b)-\Phi(a).
\end{align}

Umformung durch Partialbruchzerlegung

Bei gebrochenrationalen Funktionen führt häufig eine Polynomdivision oder eine Partialbruchzerlegung zu einer Umformung der Funktion, die es erlaubt, eine der Integrationsregeln anzuwenden.

Spezielle Verfahren

Oft ist es möglich, unter Ausnutzung der speziellen Form des Integranden die Stammfunktion zu bestimmen.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, bei einem bekannten Integral zu beginnen und dieses durch Integrationstechniken solange umzuformen, bis das gewünschte Integral entsteht. Beispiel:

Um \textstyle \int\frac{\mathrm dx}{(1+x^2)^2} zu bestimmen, integrieren wir das folgende ähnliche Integral partiell:

\begin{align}
\arctan x &= \int 1\cdot\frac{1}{1+x^2}\,\mathrm dx\\
  &= x\cdot\frac{1}{1+x^2} + \int x\cdot\frac{2x}{(1+x^2)^2}\,\mathrm dx \\
  &= \frac{x}{1+x^2} + \int\left(\frac{2x^2}{(1+x^2)^2}+\frac{2}{(1+x^2)^2}\right)\,\mathrm dx - \int\frac{2}{(1+x^2)^2}\,\mathrm dx \\
  &= \frac{x}{1+x^2} + 2\int\frac{1+x^2}{(1+x^2)^2}\,\mathrm dx - 2\int\frac{1}{(1+x^2)^2}\,\mathrm dx \\
  &= \frac{x}{1+x^2} + 2\arctan x - 2\int\frac{\mathrm dx}{(1+x^2)^2}.
\end{align}

Durch Umstellen folgt

\int\frac{\mathrm dx}{(1+x^2)^2} = \frac12\left(\frac{x}{1+x^2} + \arctan x\right).

Anwendungen

Mittelwerte stetiger Funktionen

Um den Mittelwert m einer gegebenen stetigen Funktion f auf einem Intervall [a,b] zu berechnen, benutzt man die Formel

 m=\frac{1}{b-a}\int_a^b f(x) \mathrm{d}x.

Man sieht leicht, dass diese Definition für Treppenfunktionen mit dem üblichen Mittelwertbegriff übereinstimmt und daher diese Verallgemeinerung sinnvoll ist.

Der Mittelwertsatz der Integralrechnung besagt, dass dieser Mittelwert von einer stetigen Funktion im Intervall [a,b] auch tatsächlich angenommen wird.

Beispiel für den Integralbegriff in der Physik

Ein physikalisches Phänomen, an dem der Integralbegriff erklärt werden kann, ist der freie Fall eines Körpers im Schwerefeld der Erde. Bekanntlich beträgt die Beschleunigung g des freien Falls in Mitteleuropa ca. 9,81 m/s². Die Geschwindigkeit v eines Körpers zur Zeit t lässt sich daher durch die Formel

v = g \cdot t

ausdrücken.

Nun soll aber die Wegstrecke l berechnet werden, die der fallende Körper innerhalb einer bestimmten Zeit T zurücklegt. Das Problem hierbei ist, dass die Geschwindigkeit v des Körpers mit der Zeit zunimmt. Um das Problem zu lösen, nimmt man an, dass für eine kurze Zeitspanne Δt die Geschwindigkeit v, die sich aus der Zeit g \cdot t ergibt, konstant bleibt.

Die Zunahme der Wegstrecke innerhalb des kurzen Zeitraums Δt beträgt daher

\Delta l = g \cdot t\,\cdot\Delta t.

Die gesamte Wegstrecke lässt sich daher als

l = \sum \left(g \cdot t \,\cdot\Delta t \right)

ausdrücken. Wenn man nun die Zeitdifferenz Δt gegen Null streben lässt, erhält man

l = \lim_{\Delta t \to 0} \left(\sum \left(g \cdot t \,\cdot \Delta t\right)\right) = \int_0^T \left(g \cdot t\;\mathrm{d}t\,\right).

Das Integral lässt sich analytisch angeben mit

l =\, \frac g 2 \cdot T^2.

Die allgemeine Lösung führt zur Bewegungsgleichung des im konstanten Schwerefeld fallenden Körpers:

l = \frac g 2 \cdot t^2.

Weiter lässt sich aus dieser Bewegungsgleichung durch Differenzieren nach der Zeit die Gleichung für die Geschwindigkeit:

v = g \cdot t

und durch nochmaliges Differenzieren für die Beschleunigung herleiten:

a = g.

Weitere einfache Beispiele sind:

  • Die Energie ist das Integral der Leistung über die Zeit.
  • Die elektrische Ladung eines Kondensators ist das Integral des durch ihn fließenden Stromes über die Zeit.
  • Das Integral des Produktes der spektralen Bestrahlungsstärke (Ee(ν) in W/m2Hz) mit der spektralen Hellempfindlichkeitskurve des Auges liefert die Beleuchtungsstärke (E in Lux = Lumen/m2).
  • Das Integral der Strömungsgeschwindigkeit (Längskomponente) über den Querschnitt eines Rohres liefert den gesamten Volumenstrom durch das Rohr (weitere mehrdimensionale Integrale siehe unten).

Konstruktionen

Cauchy-Integral

Augustin Louis Cauchy

Eine Regelfunktion ist eine Funktion, die sich gleichmäßig durch Treppenfunktionen approximieren lässt. Aufgrund der erwähnten Kompatibilität des Integrals mit gleichmäßigen Limites kann man für eine Regelfunktion f, die gleichmäßiger Limes einer Folge tn von Treppenfunktionen ist, das Integral definieren als

\int_a^b f(x)\,\mathrm dx=\lim_{n\to\infty}\int_a^b t_n(x)\,\mathrm dx,

wobei das Integral für Treppenfunktionen durch die oben angegebene Formel definiert wird.

Die Klasse der Regelfunktionen umfasst alle stetigen Funktionen und alle monotonen Funktionen, ebenso alle Funktionen f, für die sich [a,b] in endlich viele Intervalle Ik unterteilen lässt, so dass die Einschränkung von f auf Ik eine stetige oder monotone Funktion auf dem abgeschlossenen Intervall \bar I_k ist. Für viele praktische Zwecke ist diese Integralkonstruktion völlig ausreichend.

Riemann-Integral

Bernhard Riemann
Hauptartikel: Riemannsches Integral

Ein Ansatz zur Berechnung des Integrals ist die Approximation der zu integrierenden Funktion durch eine Treppenfunktion.

Die Fläche wird durch die Summe der Flächeninhalte der einzelnen Rechtecke unter den einzelnen „Treppenstufen“ angenähert. Zu jeder Zerlegung des Integrationsintervalls kann man dazu einen beliebigen Funktionswert innerhalb jedes Teilintervalls als Höhe der Stufe wählen.

Dies sind die nach dem deutschen Mathematiker Bernhard Riemann bezeichneten Riemann-Summen. Wählt man in jedem Teilintervall der Zerlegung gerade das Supremum der Funktion als Höhe des Rechtecks, so ergibt sich die Obersumme, mit dem Infimum die Untersumme.

Die Differenz zwischen Ober- und Untersumme lässt sich durch das Produkt aus der – ebenfalls von Riemann eingeführten – totalen Variation und der maximalen Intervalllänge in der Zerlegung abschätzen. Somit konvergieren die riemannschen Zwischensummen gegen einen bestimmtes Integral genannten Wert, wenn die Breite der Rechtecke gegen Null strebt und die totale Variation endlich ist. Dieser Grenzwert kann nicht für alle Funktionen oder Integralgrenzen explizit berechnet werden. Das beschriebene Verfahren wird als Riemann-Integration bezeichnet.

Funktionen beschränkter totaler Variation sind alle stetigen und stückweise stetigen, sowie alle monotonen Funktionen. Umgekehrt kann man zeigen, dass es für solche Funktionen nur abzählbar viele Unstetigkeitsstellen geben kann und dass deren Anzahl für jede Sprunghöhe endlich ist.

Das Riemann-Integral kann nicht bei Integranden unendlicher Schwankung, zum Beispiel Funktionen mit oszillierenden Singularitäten wie  \sin\tfrac1{x^2} oder der Indikatorfunktion der rationalen Zahlen im Intervall [0,1] angewendet werden. Deshalb wurden erweiterte Integralbegriffe von Henri Leon Lebesgue (Lebesgue-Integral), Thomas Jean Stieltjes (Stieltjesintegral) und Alfréd Haar eingeführt, die für stetige Integranden das Riemann-Integral reproduzieren.

Stieltjes-Integral

Hauptartikel: Stieltjes-Integral

Beim Stieltjes-Integral geht man von monotonen Funktionen g(x) aus, oder von solchen mit endlicher Variation, das sind Differenzen von zwei monotonen Funktionen, und definiert für stetige Funktionen f Riemann-Stieljes’sche Summen als

\sum_{i=0}^{n-1}\,f(x_i)\,\{g(x_{i+1})-g(x_i)\}.

Durch Limesbildung in der üblichen Weise erhält man dann das sogenannte Riemann-Stieltjes-Integral \textstyle \int_I\, f\, \mathrm dg.

Solche Integrale sind auch dann definiert, wenn die Funktion g nicht differenzierbar ist (andernfalls gilt \mathrm dg\equiv g'(x)\,\mathrm dx). Ein bekanntes Gegenbeispiel ist die sogenannte Heaviside-Funktion Θ(x), deren Wert gleich Null für die negativen Zahlen, Eins für positive x und z. B. = 1 / 2 für den Punkt x = 0 ist. Man schreibt, für g(x) = Θ(x), dg = δ(x)dx und erhält so die „verallgemeinerte Funktion“ δ(x), das sogenannte Diracmaß, als ein nur für den Punkt x = 0 definiertes Maß.

Lebesgue-Integral

Henri Lebesgue
Hauptartikel: Lebesgue-Integral

Einen moderneren und – in vielerlei Hinsicht – besseren Integralbegriff als den des Riemann’schen Integrals liefert das Lebesgue-Integral. Es erlaubt zum Beispiel die Integration über allgemeine Maßräume. Das bedeutet, dass man Mengen ein Maß zuordnen kann, welches nicht notwendig mit ihrer geometrischen Länge bzw. ihrem Rauminhalt übereinstimmen muss, so zum Beispiel Wahrscheinlichkeitsmaße in der Wahrscheinlichkeitstheorie (siehe hierzu auch Maßtheorie). Das Maß, welches dem intuitiven Längen- bzw. Volumenbegriff entspricht, ist das Lebesgue-Maß. In der Regel wird das Integral über dieses Maß als Lebesgue-Integral bezeichnet. Man kann beweisen, dass für jede Funktion, die über einem kompakten Intervall Riemann-integrierbar ist, auch das entsprechende Lebesgue-Integral existiert und die Werte beider Integrale übereinstimmen. Die Umkehrung gilt hingegen nicht. Das bekannteste Beispiel für eine Funktion, die Lebesgue- aber nicht Riemann-integrierbar ist, ist die Dirichlet-Funktion, also die Funktion, die für rationale Zahlen den Wert Eins, aber für irrationale Zahlen den Wert Null hat. Neben der größeren Klasse an integrierbaren Funktionen zeichnet sich das Lebesgue-Integral gegenüber dem Riemann-Integral vor allem durch die besseren Konvergenzsätze aus (Satz von der monotonen Konvergenz, Satz von der majorisierten Konvergenz).

In der modernen Mathematik versteht man unter Integral oder Integrationstheorie häufig den lebesgueschen Integralbegriff.

Uneigentliche Integrale erster und zweiter Art

Das Integral war bisher stets über kompakten Mengen definiert, also beschränkten und abgeschlossenen Intervallen, wo die Integrationsgrenzen Teil der Definitionsmenge sind. Die Verallgemeinerung auf unbeschränkte Definitionsbereiche oder Funktionen mit Singularitäten verläuft je nach gewählter Konstruktion etwas unterschiedlich. In der Lebesgue-Theorie ergibt sich die Verallgemeinerung vollkommen natürlich, in der Riemann-Theorie muss man mit Grenzwerten von Integralen über kompakte Bereiche arbeiten; man spricht in diesem Zusammenhang von uneigentlichen Integralen erster Art.

Beispiele sind das Integral

\int_{-\infty}^\infty e^{-x^2}\,\mathrm{d}x = \sqrt{\pi},

wo beide Grenzen uneigentlich sind. Besitzt der Integrand an einem Intervallende eine Singularität, so spricht man von uneigentlichen Integralen zweiter Art. Sie werden dann wie folgt definiert, wobei wir annehmen, dass der Integrand an der Stelle b singulär ist:

A = \int_a^b f(x)\,\mathrm{d}x = \lim_{b'\nearrow b} \int_a^{b'} f(x)\,\mathrm{d}x,

falls der Grenzwert existiert.

Falls eine Stammfunktion bekannt ist, kann also wie im eigentlichen Fall das Integral an der benachbarten Stelle b' ausgewertet werden und dann der Grenzwert für b'\nearrow b berechnet werden. Ein Beispiel ist

\int_0^1 \frac{\mathrm{d}x}{\sqrt x} = 2\sqrt{x}\Big|_0^1 = 2,

wo der Integrand bei x = 0 eine Singularität besitzt.

Sind beide Grenzen uneigentlich wie z. B. gleichartig bei der gaußschen Glockenkurve oder auch erste und zweite Art gemischt, kann das Integral in zwei Teile aufgeteilt und die obigen Schritte für beide Teile durchgeführt werden. Oft besteht jedoch zwischen dem Verhalten an unterer und oberer Grenze ein tieferer Zusammenhang, so dass eine Aufteilung die Berechnung erschweren würde. Z. B. ist das Integral

\int_0^{\infty}e^{-x}\ln x\,\mathrm{d}x = -\gamma

an der unteren Grenze uneigentlich zweiter Art und an oberer Grenze uneigentlich erster Art.

Verfahren zur Berechnung bestimmter und uneigentlicher Integrale

Numerische Verfahren

Oft ist es schwierig oder nicht möglich, eine Stammfunktion explizit anzugeben. Allerdings reicht es in vielen Fällen auch aus, das bestimmte Integral näherungsweise zu berechnen. Man spricht dann von numerischer Quadratur oder numerischer Integration. Viele Verfahren zur numerischen Quadratur bauen auf einer Approximation der Funktion durch einfacher integrierbare Funktionen auf, zum Beispiel durch Polynome. Die Trapezregel oder auch die simpsonsche Formel (deren Spezialfall als keplersche Fassregel bekannt ist) sind Beispiele dafür, hier wird durch die Funktion ein Interpolationspolynom gelegt und dann integriert.

Bereits lange vor der Verbreitung von Computern wurden für die numerische Integration Verfahren zur automatischen Schrittweitensteuerung entwickelt. Heute bietet die Computeralgebra die Möglichkeit, komplexe Integrale numerisch in immer kürzeren Zeiten bzw. immer genauer zu lösen. Wobei auch bei leistungsfähigen Systemen wie MuPAD, Maple und Mathematica noch Schwierigkeiten bei uneigentlichen Integralen bestehen. Häufig müssen dabei spezielle Verfahren wie Gauß-Kronrod gewählt werden. Ein Beispiel für ein solches hartes Integral ist:

\int_0^{\infty}\frac{\ln(1+x)}{\ln^2 x + \pi^2}\cdot\frac{\mathrm{d}x}{x^2} = \gamma.

Klassische Verfahren sind z. B. die Eulersche Summenformel, bei der das bestimmte Integral durch eine im Allgemeinen asymptotische Reihe approximiert wird. Weitere Methoden basieren auf der Theorie der Differenzenrechnung, als wichtiges Beispiel ist hier die Gregorysche Integrationsformel zu nennen.

Exakte Verfahren

Leonhard Euler

Es gibt eine Reihe von Verfahren mit denen bestimmte und uneigentliche Integrale exakt in symbolischer Form berechnet werden können.

Falls zu f eine Stammfunktion F bekannt ist, lässt sich das bestimmte Integral

 \int_a^b f(x)\,\mathrm dx = F(b)-F(a)

durch den Hauptsatz berechnen. Problematisch ist, dass die Operation des unbestimmten Integrierens zu einer Erweiterung vorgegebener Funktionensklassen führt. Z. B. ist das Integrieren innerhalb der Klasse der rationalen Funktionen nicht abgeschlossen und führt auf die Funktionen ln  und arctan . Auch die Klasse der so genannten elementaren Funktionen ist nicht abgeschlossen. So hat Joseph Liouville bewiesen, dass die Funktion e^{-x^2} keine elementare Stammfunktion besitzt. Leonhard Euler war einer der ersten, der Methoden zur exakten Berechnung bestimmter und uneigentlicher Integrale ohne Bestimmung einer Stammfunktion entwickelte. Im Laufe der Zeit sind zahlreiche allgemeinere und speziellere Methoden zur bestimmten Integration entstanden:

  • Benutzung des Residuensatzes
  • Darstellung des von einem Parameter abhängigen Integrals durch spezielle Funktionen
  • Differentiation oder Integration des Integrals nach einem Parameter und Vertauschung der Grenzprozesse
  • Benutzung einer Reihenentwicklung des Integranden mit gliedweiser Integration
  • durch partielle Integration und Substitution das Integral auf sich selbst oder ein anderes zurückführen

Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts sind zahlreiche (teils mehrbändige) Integraltafeln mit bestimmten Integralen entstanden. Zur Illustration der Problematik einige Beispiele:

\int_0^1\frac{\ln(1+x)}{x^2+1}\,\mathrm dx = \frac{\pi}8\ln2,
\int_0^\pi\ln\sin x\,\mathrm dx = -\pi\ln2.

Besondere Integrale

Es gibt eine Reihe von bestimmten und uneigentlichen Integrale, die eine gewisse Bedeutung für die Mathematik haben und daher einen eigenen Namen tragen:

\int_0^{\infty}e^{-t^2}\,\mathrm{d}t = \tfrac12\sqrt{\pi}
\int_0^{\infty}\cos t^2\,\mathrm{d}t
    = \int_0^{\infty}\sin t^2\,\mathrm{d}t = \tfrac14\sqrt{2\pi}
\int\limits_a^{a+1}\log\Gamma(t)\,\mathrm dt = \tfrac12\log2\pi + a\log a - a,\quad a\ge0,   und speziell für a=0: \int_0^1\log\Gamma(t)\,\mathrm dt = \tfrac12\log2\pi
\int_0^{\infty}\frac{f(ax)-f(bx)}{x}\,\mathrm dx

Mehrdimensionale Integration

Integration von vektorwertigen Funktionen

Die Integration von Funktionen, die nicht reell- oder komplexwertig sind, sondern Werte in einem allgemeineren Vektorraum annehmen, ist ebenfalls auf verschiedenste Arten möglich.

Die direkteste Verallgemeinerung des Lebesgue-Integrals auf banachraum-wertige Funktionen ist das Bochner-Integral (nach Salomon Bochner). Viele Ergebnisse der eindimensionalen Theorie übertragen sich dabei wortwörtlich auf Banachräume.

Auch die Definition des Riemann-Integrals mittels Riemann’scher Summen auf vektorwertige Funktionen f \colon [a,b]\to V zu übertragen, fällt nicht schwer. Ein entscheidender Unterschied ist hierbei jedoch, dass dann nicht mehr jede Riemann-integrierbare Funktion Bochner-integrierbar ist.

Eine gemeinsame Verallgemeinerung des Bochner- und Riemann-Integrals, die diesen Mangel behebt, ist das McShane-Integral, welches sich am einfachsten über verallgemeinerte Riemann’sche Summen definieren lässt.

Außerdem ist noch das Pettis-Integral als nächster Verallgemeinerungsschritt erwähnenswert. Es nutzt eine funktionalanalytische Definition, bei der die Integrierbarkeit auf den eindimensionalen Fall zurückgeführt wird: Sei dafür (\Omega,\mathcal{A},\mu) ein Maßraum. Eine Funktion f \colon \Omega\to V heißt dabei Pettis-integrierbar, wenn für jedes stetige Funktional \lambda\in V' die Funktion \lambda\circ f \colon \Omega\to\mathbb{R} Lebesgue-integrierbar ist und für jede messbare Menge A\in\mathcal{A} ein Vektor x_A\in V existiert, sodass

\forall\lambda\in V': \lambda(x_A)=\int_{A}{\lambda\circ f}\mathrm d\mu

gilt. Der Vektor xA wird dann passenderweise mit \textstyle \int_{A}{f}\mathrm d\mu bezeichnet.

Für Funktionen f \colon [a,b]\to V, die Werte in einem separablen Banachraum V annehmen, stimmt das Pettis-Integral mit dem McShane- und dem Bochner-Integral überein. Wichtigster Spezialfall all dieser Definitionen ist der Fall von Funktionen in den \mathbb{R}^n, welche bei allen diesen Definitionen einfach komponentenweise integriert werden.

Wegintegrale

Hauptartikel: Kurvenintegral

Reelle Wegintegrale und Länge einer Kurve

Ist \gamma\colon[a,b]\to\mathbb R^n ein Weg, also eine stetige Abbildung, und f\colon\mathbb R^n\to\mathbb R eine Funktion, so ist das Wegintegral von f entlang γ definiert als

\int_\gamma f(x)\,\mathrm dx=\int_a^b f(\gamma(t))\,\|\dot\gamma(t)\|\,\mathrm dt.

Ist f \equiv 1, so erhalten wir aus der obigen Formel die Länge der Kurve \gamma\colon[a,b]\to\mathbb R^2 (physikalisch gesprochen) als das Integral der Geschwindigkeit über die Zeit:

L(\gamma)=\int_a^b\|\dot\gamma(t)\|\,\mathrm dt=\int_a^b\sqrt{\dot x(t)^2+\dot y(t)^2}\,\mathrm dt.

Reelle Wegintegrale: Mit Skalarprodukt

In der Physik werden häufig Wegintegrale der folgenden Form verwendet: f ist eine Funktion \mathbb R^n\to\mathbb R^n, und es wird das Integral

\int_\gamma f(x)\cdot\mathrm dx = \int_a^b\langle f(\gamma(t)),\dot\gamma(t)\rangle\,\mathrm dt

betrachtet.

Komplexe Wegintegrale

In der Funktionentheorie, also der Erweiterung der Analysis auf Funktionen einer komplexen Veränderlichen, genügt es nicht mehr, untere und obere Integrationsgrenzen anzugeben. Zwei Punkte der komplexen Ebene können, anders als zwei Punkte auf der Zahlengeraden, durch viele Wege miteinander verbunden werden. Deshalb ist das bestimmte Integral in der Funktionentheorie grundsätzlich ein Wegintegral. Für geschlossene Wege gilt der Residuensatz, ein wichtiges Resultat von Cauchy: Das Integral einer meromorphen Funktion entlang einem geschlossenen Weg hängt allein von der Anzahl der umschlossenen Singularitäten ab. Es ist Null, falls sich im Integrationsgebiet keine Singularitäten befinden.

Integration über mehrdimensionale Bereiche

Den Integralbegriff kann man auf den Fall verallgemeinern, dass die Trägermenge, auf der der Integrand f operiert, nicht die Zahlengerade \R, sondern der n-dimensionale euklidische Raum \R^n ist. Mehrdimensionale Integrale über ein Volumen V darf man nach dem Satz von Fubini berechnen, indem man sie in beliebiger Reihenfolge in Integrale über die einzelnen Koordinaten aufspaltet, die nacheinander abzuarbeiten sind:

\begin{align}
\int_V f\left(\vec r\right) \mathrm d^3 r &= \iiint f(x,y,z) \mathrm dz\,\mathrm dy\,\mathrm dx\\
                                          &= \int\left(\int\left(\int f(x,y,z)\mathrm dz\right) \mathrm dy\right) \mathrm dx.
\end{align}

Die Integrationsgrenzen der eindimensionalen Integrale in x, y und z muss man aus der Begrenzung des Volumens V ermitteln. Analog zu den uneigentlichen Integralen im eindimensionalen (siehe oben) kann man aber auch Integrale über den gesamten, unbeschränkten n-dimensionalen Raum betrachten.

Die Verallgemeinerung der Substitutionsregel im mehrdimensionalen ist der Transformationssatz. Sei \Omega\subset\R^d offen und \Phi: \Omega \to \R^d eine injektive, stetig differenzierbare Abbildung, für deren Funktionaldeterminante \det(D\Phi(x)) \neq 0 für alle x \in \Omega gilt. Dann ist

\int_{\Phi(\Omega)} f(y)\,\mathrm dy = \int_\Omega f(\Phi(x)) \left|\det(D\Phi(x))\right| \mathrm dx.

Beispiel: Berechnung von Rauminhalten

Als Beispiel wird das Volumen zwischen dem Graphen der Funktion f \colon \R^2 \to \R mit f(x,y): = x2 + y über dem Einheitsquadrat I := [0,1]\times[0,1] berechnet. Dazu teilt man das Integral über I auf zwei Integrale auf, eines für die x- und eines für die y-Koordinate:

\begin{align}
 & \int_{[0,1]\times[0,1]} f(x,y)\,\mathrm d(x,y) = \int_0^1\int_0^1 f(x,y)\,\mathrm dx\,\mathrm dy = \int_0^1\int_0^1 (x^2+y)\,\mathrm dx\,\mathrm dy\\
=& \int_0^1\left[\tfrac13 x^3 + yx\right]_{x=0}^1\,\mathrm dy = \int_0^1\left(\tfrac13 + y\right) \mathrm dy = \left[\tfrac13 y + \tfrac12 y^2\right]_{y=0}^1 = \tfrac56.
\end{align}

Oberflächenintegrale

Hauptartikel: Oberflächenintegral

Insbesondere in vielen physikalischen Anwendungen ist die Integration nicht über ein Volumen, sondern über die Oberfläche eines Gebiets interessant. Solche Oberflächen werden üblicherweise durch Mannigfaltigkeiten beschrieben. Diese werden durch so genannte Karten beschrieben.

Integration über ein Kartengebiet

Sei M eine d-dimensionale Untermannigfaltigkeit des \R^n und U ein Kartengebiet in M, also eine offene Teilmenge in M, für die es eine Karte gibt, die sie diffeomorph auf eine offene Teilmenge des \R^d abbildet. Ferner sei \gamma:\Omega \to U eine Parametrisierung von U, also eine stetig differenzierbare Abbildung, deren Ableitung vollen Rang hat, die Ω homöomorph auf γ(Ω) abbildet. Dann ist das Integral einer Funktion auf dem Kartengebiet U folgendermaßen definiert:

\int_U f\mathrm ds:= \int_\Omega f(\gamma(u)) \sqrt{g^\gamma(u)}\mathrm du,

wobei g^{\gamma}(u) = \det((\gamma'(u))^{\mathsf T}\cdot \gamma'(u)) die Gramsche Determinante ist. Das rechte Integral kann mit den oben beschrieben Methoden der mehrdimensionalen Integration ausgerechnet werden. Die Gleichheit folgt im Wesentlichen aus dem Transformationssatz.

Integration über eine Untermannigfaltigkeit

Ist eine Zerlegung der 1 gegeben, die mit den Karten der Untermannigfaltigkeit verträglich ist, kann einfach getrennt über die Kartengebiete integriert und aufsummiert werden.

Der gaußsche Integralsatz und der Satz von Stokes

Für spezielle Funktionen lassen sich die Integrale über die Untermannigfaltigkeiten einfacher ausrechnen. In der Physik besonders wichtig sind hierbei zwei Aussagen:

Zum einen der gaußsche Integralsatz, nach dem Volumenintegrale über eine Divergenz dasselbe sind wie Oberflächenintegrale über den sogenannten Durchfluss des Vektorfeld durch die Oberfläche: Sei V \subset \R^n kompakt mit abschnittsweise glattem Rand \partial V. Der Rand sei orientiert durch ein äußeres Normalen-Einheitsfeld \vec n. Sei ferner \vec F ein stetig differenzierbares Vektorfeld auf einer offenen Umgebung von V. Dann gilt

\int_V\operatorname{div}\vec F\,\mathrm d^{(n)}V = \oint_{\partial V}\vec F \cdot \mathrm d^{(n-1)}\vec S

mit der Abkürzung \mathrm d^{(n-1)}\vec S = \vec n\,\mathrm d^{(n-1)}S.

Durch diesen Satz wird die Divergenz als sogenannte Quellendichte des Vektorfeldes interpretiert. Durch die Indizes (n) bzw. (n − 1) am d-Operator wird die Dimensionalität der jeweiligen Integrationsmannigfaltigkeiten zusätzlich betont.

Bei expliziter Verwendung von Mehrfachintegralen wird (unter Verzicht auf die Indizierung) für n = 3:

\iiint_V\operatorname{div}\,\vec F(\vec x)\,\mathrm dV =\iint_{\partial V} \vec F\cdot\mathrm{d}\vec S.

Also: Das Integral der Divergenz über das gesamte Volumen ist gleich dem Integral des Flusses aus der Oberfläche.

Zum zweiten der Satz von Stokes, der eine Aussage der Differentialgeometrie ist und sich im Spezialfall des dreidimensionalen Raums direkt mit Mehrfachintegralen schreiben lässt.

Ist M eine zweidimensionale Untermannigfaltigkeit des dreidimensionalen euklidischen Raumes \R^3, so gilt

\iint_M\operatorname{rot}\vec F \cdot \mathrm d\vec S
= \int_{\partial M}\vec F \cdot \mathrm d\vec r,

wobei \operatorname{rot}\vec F die Rotation eines Vektorfeldes \vec F beschreibt.

Durch diesen Satz wird die Rotation eines Vektorfeldes als sogenannte Wirbeldichte des Vektorfeldes interpretiert; \mathrm d\vec r ist der dreikomponentige Vektor (dx,dy,dz). \partial M ist im Allgemeinen eine geschlossene Linie im \R^3.

Verallgemeinerungen

Maßtheorie

Hauptartikel: Maßtheorie

Integration auf Mannigfaltigkeiten

Siehe: Differentialform

Schließlich kann Integration auch dazu verwendet werden, Oberflächen von gegebenen Körpern zu messen. Dies führt in das Gebiet der Differentialgeometrie.

Siehe auch

Literatur

  • Schulbücher:
    • Integralrechnung ist ein zentraler Unterrichtsgegenstand in der Sekundarstufe II und wird somit in allen Mathematik-Lehrbüchern behandelt.
  • Lehrbücher für Studenten der Mathematik und benachbarter Fächer (Physik, Informatik):
  • Lehrbücher für Studenten mit Nebenfach/Grundlagenfach Mathematik (zum Beispiel Studenten der Ingenieur- oder Wirtschaftswissenschaften):
    • Rainer Ansorge und Hans Joachim Oberle: Mathematik für Ingenieure. Band 1. 3. Auflage. Wiley-VCH, 2000
    • Lothar Papula: Mathematik für Naturwissenschaftler und Ingenieure. Band 1
  • Historisches:
    • Adolph Mayer: Beiträge zur Theorie der Maxima und Minima der einfachen Integrale. Teubner, Leipzig 1866 (Digitalisat)
    • Bernhard Riemann: Ueber die Darstellbarkeit einer Function durch eine trigonometrische Reihe. Göttingen 1867 (Volltext), mit der Erstdefinition des Riemann-Integrals (Seite 12ff.)

Weblinks

Wikibooks Wikibooks: Einführung in die Integralrechnung – Lern- und Lehrmaterialien

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Synonyme:

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  • Integralrechnung — In|te|g|ral|rech|nung (Mathematik) …   Die deutsche Rechtschreibung

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