- Passacaille
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Die Passacaglia, Passacaille oder Pasacalle (spanisch pasar una calle „eine Straße entlang gehen“) ist ursprünglich ein spanischer Volkstanz. Im 16. Jahrhundert kam der spanische Volkstanz nach Frankreich und Italien und wurde dort als Bühnentanz aufgeführt.
Die musikalische Form der Passacaglia ist eine Ostinato-Variation. Über einer meist vier- oder achttaktigen festen Basslinie, dem Basso ostinato, entsteht eine Folge von Variationen. Im Gegensatz zur eng verwandten Form der Chaconne steht die Passacaglia meistens in Moll-Tonarten. Die bekannteste Passacaglia der Barockzeit ist die Passacaglia c-Moll für Orgel (BWV 582) von Johann Sebastian Bach. Auch das Crucifixus in der h-Moll-Messe ist vom Aufbau her eine Passacaglia.
Seit der Epoche der Spätromantik wurden unter dem Einfluss von Bachs Orgelwerk wieder verstärkt Orgelpassacaglien komponiert (häufig ebenfalls mit anschließender Fuge). Auch neoklassizistische Komponisten bedienten sich gern dieser Form. Wichtige Beispiele:
- Johann Nepomuk David: Introduktion und Passacaglia über „Wach auf, wach auf du deutsches Land“
- Sigfrid Karg-Elert: Passacaglia und Fuge über B-A-C-H op. 150
- Flor Peeters: Passacaglia e Fuga e-Moll op. 42
- Max Reger: Introduktion, Passacaglia und Fuge e-Moll op. 127
- Georg Schumann: Passacaglia und Finale über B-A-C-H op. 39, Verlag F. E. C. Leuckart, Leipzig 1905 (Erstdruck)
- Richard Wetz: Passacaglia und Fuge d-Moll op. 55
Wichtige Passacaglia-Kompositionen des 20. Jahrhunderts stammen auch von Dmitri Schostakowitsch, der einige langsame Sätze größerer Werke (2. Klaviersonate, 8. Sinfonie, 2. Klaviertrio, 1. Violinkonzert) in dieser Form schrieb. Zu den bekanntesten Orchesterpassacaglien gehört ferner die Passacaglia d-Moll op. 1 von Anton Webern und die Passacaglia im 4.Satz der 4.Sinfonie von Johannes Brahms.
Interpretation
Über die Interpretation der Passacaglia geben historische Quellen Auskunft. Die französischen Theoretiker sind sich über die Temporelation zwischen Passacaglia und Chaconne einig. Rousseau bestimmt das Tempo der Passacaille als „plus lent que dans les Chaconnes ordinaires“. Brossard und Rameau/d'Alembert schließen sich dem an, ergänzen jedoch beide die Bezeichnung „plus tendre“.
Präzise Angaben gibt l'Affilard in seinen „Principes“. Das Tempo der Chaconne beträgt bei ihm ♩ = 156 MM. Seine Angaben zur Passacaglia sind deutlich langsamer und betragen ♩ = 106 MM.
Die deutschen Theoretiker vertreten unterschiedliche Auffassungen über das Tempo. Walther bemerkt zur Passacaille, „daß sie ordinairement langsamer als die Chaconne“ gehe. Quantz dagegen verlangt, dass die Passacaille „fast ein wenig geschwinder“ als die Chaconne gespielt werde, deren Tempo er mit ♩ = 160 angibt. Türk fasst 1789 die konträren Meinungen zusammen: „Die Passacaille wird etwas langsamer, oder wie andere wollen, beynahe ein wenig geschwinder gespielet, als die Chaconne“.
Siehe auch
- Choreographie der «Passacaille de Persée» für einen Herrn und eine Dame, Feuillet (1704)
- Choreographie einer Passacaille für eine Dame aus der Oper Scilla, Feuillet (1704)
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