- Paternostermacher
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Paternostermacher (Paternostermaker, Paternostermakerer oder Paternosterer) fertigten Paternoster- und Rosenkranzschnüre zum Gebet an. Oftmals wird die Berufsbezeichnung Bernsteindreher synonym verwendet, denn das meist benutzte Material war Ostsee- oder Baltischer Bernstein. Es wurde und wird aber auch Elfenbein, Holz, Perlmutt, Knochen, Horn oder Koralle, mitunter auch Silber benutzt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im 14. Jahrhundert entstanden die ersten Paternostermacherzünfte in den Hansestädten Lübeck und Brügge, ein Jahrhundert später in Stolp (1480/82), 1477 in Danzig, 1535 in Kolberg, 1539 in Elbing und 1641 in Königsberg[1][2]. Dass die Zünfte zunächst weit westlich der Bernstein liefernden Küstenabschnitte der Ostsee und erst allmählich in deren Nähe entstanden, hängt damit zusammen, dass die Rechteinhaber aus dem Bernsteinregal - anfangs der Deutschritterorder, später auch die preußischen Herzöge - die Unterschlagung von Bernstein durch das Austrocknen des Schwarzhandels zu unterbinden suchten, indem die potentiellen Abnehmer des Rohmaterials, nämlich die Bernsteindreher, aus dem Fundgebiet fern gehalten wurden. Die Gründung der ersten Bernsteindreherzunft in Ostpreußen fällt somit konsequenterweise zeitlich mit der Verpachtung des Bernsteinregals an die Stadt Danzig zusammen[3].
Den Zünften gehörten neben den Bernsteindrehern auch andere mit der Bernsteinverarbeitung beschäftigte Gewerke an, so die sogenannten Inventierer, die sich auf das Kunsthandwerk des Inkrustierens verstanden[2]. Der Deutsche Orden, der von Kaiser Friedrich II. die Regierung in Preußen erhielt, brachte den Bernstein von der Samlandküste nach Danzig und von hier aus nach Brügge und Lübeck, wo er verarbeitet wurde. In Brügge wurde die Zunft der Paternostermacher im Jahre 1302 gegründet. Etwa 100 Jahre später gehörten ihr 70 Meister und mehr als 300 Lehrlinge an. Aus Lübeck werden Paternostermacher erstmals im Bürgerregister von 1317 erwähnt, die erste urkundliche Erwähnung (Zunftrolle) stammt aus dem Jahre 1360. Um das Jahr 1400 gehörten in Lübeck mindestens 16 Meister der Zunft (damals noch als "Amt" bezeichnet) der Paternostermacher an. Insgesamt waren zu dieser Zeit dort mindestens 40, nach anderen Quellen mehr als 100 Bernsteindreher tätig. Den Ämterstatuten aus dieser Zeit ist zu entnehmen, dass das Rohmaterial hauptsächlich, aber nicht ausschließlich vom Deutschen Orden bezogen wurde. Die Paternostermacher Lübecks durften zu Beginn des 15. Jahrhunderts ihre Fertigprodukte nur an Kaufleute der Stadt verkaufen. Diese wiederum hatten sich zur Abnahme der Waren bis zu einer Obergrenze von 80 Pfund Fertigprodukte je Paternostermacher verpflichtet. Mit dieser Obergrenze wurde der hohe Preise für Bernsteinartikel einige Zeit stabil gehalten.
Das Regelwerk der Zünfte sicherte ihren Mitgliedern den bestmöglichen Zugang zu dem zeitweilig knappen Rohmaterial und zielte darauf ab, Personen außerhalb der Zünfte von dem Handwerk fernzuhalten. Um diesen Anspruch durchzusetzen, war es Gesellen nicht erlaubt, auf eigene Rechnung Bernsteinaufträge auszuführen oder auch nur Bernstein zu erwerben. Andererseits war es einem Gesellen zumeist nur dann möglich, selbst Meister zu werden, wenn er die Tochter eines Zunftmeisters heiratete. Personen, die entgegen der Ordnungsprinzipien dieser "geschlossenen Gesellschaft" auf eigene Faust Bernstein zu verarbeiten versuchten, sogenannte Bönhasen, wurden verfolgt, oft deren Familienmitglieder von jeglicher Tätigkeit in der Zunft ausgeschlossen. Einige Zünfte behandelten auch wandernde Gesellen aus Paternostermacherzünften anderer Städte als Bönhasen. Andere Zugangsbedingungen zur Zunft waren der Nachweis ein gewissen Kapitalstocks (Lübeck), Bürgerrechte, Lebenswandel, eheliche Geburt (Danzig u.a.) oder die Ablegung eines Meisterstückes unter Aufsicht des sogenannten Ältermannes (Danzig)[3].
Mit der Reformation nahm die Bedeutung der Paternostermacher in den folgenden Jahrhunderten ab. Die Zünfte konnten sich aber örtlich noch bis in das 19. Jahrhundert halten, in Lübeck beispielsweise bis 1842,[4] die letzte Bernsteindreherzunft, in Stolp, sogar bis 1883[5].
Daniel Barholz, der Stadtschreiber in Elbing, schreibt 1646, dass die Elbinger Stadtregierung Bernsteindreher anstellt.
Der Beruf ist Ursprung des Familiennamens Paternostermaker.
Einzelnachweise
- ↑ H. Buchholz: Bernstein - das Gold des Nordens. Kiel 1961
- ↑ a b K. Hinrichs: Bernstein, das Preußische Gold in Kunst- und Naturalienkammern und Museen des 16. - 20. Jahrhunderts. Dissertation, Humboldt-Universität Berlin 2007
- ↑ a b W. Tesdorpf: Gewinnung, Verarbeitung und Handel des Bernsteins in Preußen von der Ordenszeit bis zur Gegenwart. Jena 1887
- ↑ W. Stieda: Lübische Bernsteindreher oder Paternostermacher. In: Mittheilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte und Alterthumskunde. 2. Heft, No. 7, S. 97-112, Lübeck 1886.
- ↑ L. Brühl: Bernstein, das "Gold des Nordens". In: Meereskunde Heft 166, Band XIV, 10
Literatur
- C. Wehrmann (Hrsg.): Die älteren Lübeckischen Zunftrollen. Lübeck 1872.
- A. Graßmann: Lübeckische Geschichte. Lübeck 1997.
Weblinks
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