- Vaterunser
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Das Vaterunser ist das bekannteste Gebet des Christentums und das einzige, das laut Aussage des Neuen Testaments (NT) Jesus von Nazaret selbst seine Jünger zu beten gelehrt hat. Es wird von Christen aller Kirchen und Konfessionen gebetet, von den meisten auch im Gottesdienst.
Gedanken des Vaterunser finden sich in ähnlicher Reihenfolge bereits im jüdischen Kaddisch-Gebet. Der zentrale Gedanke der gültigen Sündenvergebung fehlt allerdings noch.
Das Vaterunser heißt auch
- "Unser Vater" in den Evangelisch-reformierten Kirchen und einigen evangelischen Freikirchen
- Gebet des Herrn bzw. Herrengebet (lutherische Tradition, oft auch in der theologischen Fachliteratur und Diskussion)
- der Vater unser (betont den im Gebet Angeredeten, regional)
- Pater noster oder Oratio Dominica (lateinisch, altkirchliche und katholische Tradition)
Inhaltsverzeichnis
Neues Testament
Das Vaterunser erscheint im NT in zwei leicht verschiedenen Versionen, je einmal im Matthäusevangelium (Mt 6,9–13 EU) und im Lukasevangelium (Lk 11,2–4 EU).
Beide Fassungen stellen das Vaterunser in einen Zusammenhang mit anderen damaligen Gebetstraditionen des Judentums wie der nichtjüdischen Umwelt. Sie beginnen mit der Anrede Gottes als Vater im Himmel und lassen darauf zwei unterschiedliche Reihen folgen: Satz 2–4 (Dein...) sind auf Gott, seinen Eigennamen und Eigenwillen bezogen, Satz 5–7 (Unser...) bitten nachgeordnet um die täglichen Grundbedürfnisse für das Kollektiv der Nachfolger bzw. der Gemeinde Jesu Christi. Diese sind ihrerseits nochmals in leibliche (Brot) und geistliche (Vergebung, Erlösung) Gaben unterteilt. So sind auch diese auf das für das Menschsein Notwendige bezogenen Bitten nicht individuell formuliert, sondern stehen im Rahmen dessen, was von Gott für die ganze Welt und alle Menschen (wie im Himmel, so auf Erden) erhofft und erbeten wird.
Matthäus-Evangelium
Die bekanntere, dem heutigen liturgischem Gebrauch zugrundeliegende Version richtet sich nach dem Text des Matthäusevangeliums. Sie steht in der Bergpredigt, die als Lehre Jesu gegenüber allen Angehörigen des Gottesvolks Israel und allen seinen Nachfolgern seinem heilvollen Handeln vorangestellt ist (Mt 5,1f EU). Dort konkretisiert das Zitat des Vaterunsers Jesu Lehre vom Beten (Mt 6,5–15). Das Beten der Nachfolger soll sich von einer öffentlichen, wortreichen, auf Außenwirkung bedachten Art des Betens bei Pharisäern und Heiden unterscheiden. Seine Basis ist die allem Beten vorlaufende Zusage (v. 8):
- Euer Vater weiß, was ihr braucht, ehe ihr darum bittet.
Darauf folgt die Aufforderung (v. 9a):
- Darum sollt ihr so beten: ...
Nur die matthäische Version beschließt die Bittenreihe mit einer Doxologie („Lobpreis; lobendes, rühmendes Wort“), die auf die Anfangsbitte um das Kommen des Reiches Gottes zurückkommt und die vorausgegangene Zusage Gottes im Munde Jesu gleichsam appellativ an Gott zurückgibt: „Denn dein ist das Reich…“ Dieser Schluss ist in den ältesten Handschriften nicht überliefert.
Lukas-Evangelium
Der Lukastext unterscheidet sich nur im Bereich der zweiten Bittenreihe von der matthäischen Fassung:
- Gib uns unser tägliches Brot immerdar.
- Und vergib uns unsere Sünden; denn auch wir vergeben allen, die uns etwas schulden.
In manchen Handschriften fehlt in der folgenden Bitte der Gegensatz ...sondern erlöse uns von dem Übel.
Das Vaterunserzitat erscheint hier außerhalb der sonstigen lukanischen Parallelen zur Bergpredigt (Feldrede, Lk 6) als Antwort Jesu auf eine Anfrage der Jünger unterwegs (Lk 11,1f). Die Jüngerbitte – Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte – bezieht es auf vorangegangene und parallele jüdische Gebetstraditionen. Sie folgt auf Jesu Besuch bei den Schwestern Martha und Maria (Lk 10,38–42). Dort wurde das Zuhören zu dem, was Jesus zu sagen hat, als „das gute Teil“, das dem, der es erwählt, nicht fortgenommen werden soll, der vielen „Sorge und Mühe“ gegenübergestellt, mit der Martha Jesus zu dienen versucht. Demgemäß erscheint das Vaterunser als jener bessere Gottesdienst, den die Hörer der Lehre Jesu von ihm lernen können.
Wegen des situativen Rahmens, der Erwähnung der Johannesjünger und der fehlenden Schlussdoxologie wird die Lukasversion meist für ursprünglicher gehalten.
Text
Griechischer Urtext und Lateinischer Text
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