Atlantische Eichenzeit

Atlantische Eichenzeit
Rekonstruktion des Temperaturverlaufs der Erde während der letzten 12.000 Jahre.

Atlantikum bezeichnet die wärmste Periode, das „Optimum“ des Holozäns. Symbolschlüssel Geologie: qhat. US-englisch auch "Holocene Thermal Maximum (HTM) [1]. Die Chronologie differiert nach Wissenschaftsgebiet, Bearbeitungsstand und räumlichem Geltungsbereich teilweise erheblich (siehe auch nebenstehende grafische Zusammenschau):

Inhaltsverzeichnis

Globale Aspekte

In der Paläoklimatologie bezeichnet der Begriff eine Blytt-Sernander-Klimastufe des Holozäns. Hier hält die Diskussion über Höhe und Abfolge der holozänen Temperaturschwankungen unvermindert an. Wie die graue (rein statistische!) Mittelung der Grafik zeigt, lassen sich scharfe Grenzen nicht genau erkennen. In der Diskussion um den künftigen Temperaturverlauf geht es im Kern um zwei Fragen:

1. War dieses Optimum, das Atlantikum, bereits der natürliche Gipfel des holozänen Interstadials (Zwischeneiszeit), womit wir unter dem Niveau des Eem-Interstadials bleiben?

2. Oder sind wir gerade auf dem Weg in einen zweiten, möglicherweise doch noch höheren Temperaturgipfel? (Zu möglichen anthropogenen Einflüssen dazu siehe Klimaveränderung).

Vermutlich war das Klima nicht nur (etwa 2,5°C) wärmer als heute, sondern auch feuchter.[2]

Die höheren Temperaturen führten weltweit zum starken Rückgang der Gletscher. Das Abschmelzen besonders der nordamerikanischen Gletscher führte zu einem rasanten Anstieg des Meeresspiegels. Dies wiederum hatte vermutlich ca. 6.700 v. Chr. den Überlauf des Mittelmeers in das vorher (120 m ?) tiefer gelegene Schwarze Meer (siehe Diskussion dort) zur Folge. In den Alpen schmolzen die Gletscher ca. 7.000 v.Chr. sehr stark zurück, mit einem markanten Wiedervorstoß ab ca. 4.700 v.Chr.[3]

Die Sahara zeigte zum Höhepunkt des Atlantikums wegen des feuchteren Klimas und erhöhter Monsunregen ein reiches Tier- und Pflanzenleben,[4] während sie in der heutigen Erwärmungsperiode eher trockener zu werden scheint.

Nordwest-Europäische Aspekte

Generell ist eine Verknüpfung des holozänen Wärmeoptimums mit paläobotanischen Untergliederungen, die allgemein[5] nach Firbas[6] (1949) definiert werden, problematisch. B. Frenzel (1993) bestreitet sogar, dass sich das Klima des Holozäns aus der Vegetation ablesen lasse, da der Mensch bereits frühzeitig und nachhaltig in diese eingegriffen habe [7] [8]:

Der Beginn des Atlantikums, gleich Beginn der Pollenzone VI nach Firbas, ist in diesem Sinne definiert durch die Wiedereinwanderung von Eichen und Erlen in den bis dahin herrschenden Kiefern-(Birken)wald. Dies geschah nördlich der Alpen ab dem 8. - 7.Jt. v.Chr. Da die Wiedereinwanderung der verschiedenen Baumarten von Süden nach Norden erfolgte, ergeben sich in dieser Beziehung auch unterschiedliche Chronologien zwischen Süden und Norden, sowie günstigen und ungünstigen Standorten.

Wegen eines jetzt zumindest für die nördliche Hemisphäre allgemein anerkannten scharfen Kälterückfalls zw. 6.300 - 6.100 v.Chr. (Misox-Schwankung; in der engl. Literatur auch „8.2 ka-event“)[9] rechnen manche die Zeit davor noch zur vorangehenden Frühwärmezeit (Boreal), andere setzen ein „frühes“ Atlantikum an, und korrelieren dies mit der Firbas-Pollenzone VI. Generell setzen neuere Arbeiten z.B. an der LMU-München, des Geo-Forschungsinstituts Hannover, sowie des Instituts für Waldbau in Göttingen das Atlantikum jedoch - nach diesem Einschnitt - etwa 6.000 v.Chr. an.

Das Atlantikum endet nach Firbas mit dem Ende seines zweiten Abschnitts, der Pollenzone VII, definiert durch zwei Ulmenrückgänge im 4. Jt. v.Chr. Da nicht nur dieser Rückgang heute überwiegend auf anthropogenen Einfluss (verstärkte Schneitelung führt zu Splintkäfer- und Pilzbefall, vgl. Küster 2003:83[10]) zurückgeführt werden muss, hat auch diese Einteilung keinen Bezug zu einem definierten Ende eines "Klimaoptimums".

Literatur

  • Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. Ulmer Stuttgart, 1996. ISBN 3825281043

Einzelnachweise

  1. www.ncdc.noaa.gov/paleo/parcs
  2. Seppä, Heikki; Antonsson, Karin; Heikkilä, Maija; Poska, Anneli (2003). Paper No. 45-1 Holocene Annual Mean Temperature Changes in the Boreal Zone of Europe: Pollen-based Reconstructions (abstract) (html). XVI INQUA Congress.
  3. Kurt Nicolussi, 2008: Umwelt- und Klimaentwickung nach der Eiszeit. In Archäologie in Deutschland Heft 4: 22ff
  4. St. Kröpelin & R. Kuper (2007): Holozäner Klimawandel und Besiedelungsgeschichte der östlichen Sahara. In: Geographische Rundschau 59-4:22-29.
  5. Jörg F.W. Negendank (2004): The holocene: consideration with regard to its climate and climate archives. In: Fischer, H.; Kumke, Th.; Lohmann, G.; Flöser, G.; Miller, H.; Storch, H. von; Negendank, J.F.W. (Eds.): The climate in historical times. Towards a Synthesis of Holocene Proxy Data and Climate Models. Berlin: Springer: 2.
  6. Franz Firbas (1949, 1952): Spät- und nacheiszeitliche Waldgeschichte Mitteleuropas nördlich der Alpen. Zwei Bände. Jena: Fischer
  7. B. Frenzel (1993): Ökologische Konsequenzen der Entwicklung vom Wald zum Forst in Mitteleuropa. In: Probleme der Umweltforschung in historischer Sicht. München: Bayrische Akad. d. Wissenschaften. p141-159
  8. A.J. Kalis, J. Merkt, J. Wunderlich (2003): Environmental changes during the Holocene climatic optimum in central Europe - human impact and natural causes. In: Quaternary Science Reviews 22: 33-79.
  9. R.B. Alley, 2004. GISP2 Ice Core Temperature and Accumulation Data. IGBP PAGES/World Data Center for Paleoclimatology Data Contribution Series #2004-013. NOAA/NGDC Paleoclimatology Program, Boulder CO, USA.
  10. Hansjörg Küster (2003): Geschichte des Waldes - Von der Urzeit bis zur Gegenwart. München: Beck

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