- Phallographie
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Die Phallografie (oder Phallographie, von Phallus (erigierter Penis) und graphein = schreiben, zeichnen) bezeichnet die medizinische Messung und Aufzeichnung von Erektionen.
Bei der Phallografie wird ein Messinstrument (Erektometer, Dehnungsschreiber, Plethysmograph) am Penis des Patienten befestigt. Dieses misst während des Messzeitraums fortwährend den Penisumfang und die Penissteifheit. Die penilen Funktionszustände über die verschiedenen Stadien der sexuellen Erregung werden dabei in Flakzidität (Schlaffheit), Tumeszenz (Anschwellung), Rigidität (Härte) und Detumeszenz (Abschwellung) eingeteilt.
Inhaltsverzeichnis
Technik und Geschichte
Der erste Phallograf wurde in den 1950er Jahren von dem tschechoslowakischen Forscher Kurt Freund entwickelt. Der ursprüngliche Zweck des Gerätes war, Männer davon abzuhalten, zu behaupten, sie seien homosexuell, um nicht in den Militärdienst eingezogen zu werden.
Auch für Frauen wurde ein entsprechendes Messgerät entwickelt, das im Englischen vaginal photoplethysmograph (VPG) genannt wird. Es misst die Durchblutung der Vagina, anhand der sich ebenfalls sexuelle Erregung ablesen lässt. Der erste VPG wurde 1967 von Palti und Berovici entwickelt und 1975 von Sintchak und Geer weiterentwickelt.
Anwendungsgebiete
Die Phallografie hat verschiedene Anwendungen in der Medizin, Kriminologie und Sexualtherapie.
Potenzstörungen
Phallografien werden in Schlaflabors durchgeführt, um nächtliche Schlaferektionen zu messen und aufzuzeichnen. Die Untersuchung wird auch als nächtliche penile Tumeszenz-Messung bezeichnet und NPT abgekürzt.[1] Dadurch kann im Fall einer Potenzstörung geprüft werden, ob eine seelische oder eine körperliche Ursache für die erektile Dysfunktion des Patienten vorliegt.
Kriminologische Untersuchungen
Weiterhin lässt sich die Technik der Phallografie dazu verwenden, die „sexuellen Präferenzen“ von männlichen Personen zu ermitteln. Dies geschieht hauptsächlich im Rahmen von Strafverfahren gegen Tatverdächtige bei Sexualdelikten. Dabei werden die Probanden sexuellen Reizen, meist einschlägigen Bildern und Filmen, ausgesetzt. Leistet ein Verdächtiger „rechtswidrigen Widerstand“ gegen diese Untersuchungsmethode, so kann er zwangsweise an das Bett fixiert werden; die Phallographie benötigt keine Kooperation der Testperson. Eine solche phallografische Untersuchung kann bis zu drei Tage andauern. Die strafrechtliche und ethische Zulässigkeit solcher Untersuchungen ist umstritten.
Im deutschen Strafprozessrecht gilt eine zwangsweise Phallografie ohne Einwilligung des Beschuldigten zur Aufzeichnung seiner Penisreaktion auf sexuelle Reize eigentlich als unzulässige medizinische Zwangsmaßnahme. Dennoch werden solche phallografischen Untersuchungen im Rahmen von Strafverfahren offenbar auch in Deutschland durchgeführt. Das Oberlandesgericht Köln entschied 2004, dass die phallografische Nachtschlafuntersuchung eines 81-jährigen Tatverdächtigen zulässig sei, nicht aber eine phallografische Untersuchung, bei der der Proband sexuellen Reizen ausgesetzt wird, da diese die Menschenwürde des Verdächtigen und seine Freiheit seiner Willensentscheidung verletze.
Aversionstherapie
In den USA wird die Phallografie im Rahmen von Aversionstherapien zur Korrektur von ungewünschten sexuellen Präferenzen oder Orientierungen eingesetzt. Seit den 1980er Jahren wird auch versucht, die sexuellen Präferenzen von minderjährigen „Sexualstraftätern“ gezielt zu verändern. Dabei werden den Jugendlichen Erektionsmessgeräte am Penis befestigt und sie werden sexuellen Reizen wie Bildern, Tonaufnahmen oder Videos ausgesetzt. Sobald sie eine (Teil-)erektion haben, erhalten sie negative Reize wie Elektroschocks oder augenreizende Ammoniakdämpfe. Über diese umstrittene Therapieform, deren Existenz der breiten Öffentlichkeit noch unbekannt ist, berichtete unter anderem ein Telepolis-Artikel im Jahr 2000 (siehe Weblinks).
Literatur
- ↑ Online Lehrbuch der Urologie http://www.urologielehrbuch.de/erektile_dysfunktion.html
Weblinks
- Vorlesungsskript zu medizinischen Zwangsmaßnahmen im Strafprozessrecht, 2001
- Telepolis: Gefährliche Doktorspiele, Artikel von Erik Möller (2000)
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