Sexualstraftat

Sexualstraftat

Das Sexualstrafrecht umfasst die Strafnormen für Verhaltensweisen mit Sexualbezug. Nach westlicher Auffassung dient das Sexualstrafrecht insbesondere dem Schutz der individuellen sexuellen Selbstbestimmung. Durch den Wandel der Sexualmoral ist auch das Sexualstrafrecht dem Wandel unterworfen. So diente das Sexualstrafrecht vormals wesentlich dem Schutz der öffentlichen Sittlichkeit (Sittlichkeitsdelikte), der Gesellschaftsordnung, der Ehre der Familie und der Ehe. Die Vorstellung ist insbesondere außerhalb des westlichen Kulturkreises noch anzutreffen.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Verfassungsrecht

Verfassungsrechtlich dienen die Verbote und Strafandrohungen des Sexualstrafrechts dem Schutz des Rechtes auf sexuelle Selbstbestimmung. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung wird auf Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gestützt.

Regelungsbereich

Das deutsche Strafrecht hat das Sexualstrafrecht ausschließlich im Strafgesetzbuch geregelt. Die Tatbestände sind dort im 13. Abschnitt, in den §§ 174 - 184f StGB zusammengefasst. Während die frühere Auffassung des Reichsgerichts und zu Anfang noch des Bundesgerichtshofes einen Schutz der Sittenordnung in das Sexualstrafrecht interpretierten, ist der heutige Schutzbereich deutlich auf gravierende sozialschädliche Verhaltensweisen beschränkt. Insoweit wurde auch die Überschrift von "Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit" in "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" geändert.

Tatbestände

Ein einheitliches Rechtsgut liegt dem Sexualstrafrecht nicht zugrunde. Es ist eher der Sexualbezug, den die Tatbestände gemeinsam haben. Den inhärenten Begriff der sexuellen Handlung hat der Gesetzgeber nicht definiert. Lediglich in § 184f StGB nennt er die sexuelle Handlung als eine solche, die von einiger Erheblichkeit sein muss.

Systematisch zusammenhängend sind die Tatbestände

  • Sexuelle Nötigung, § 177 Abs. 1, 5 StGB (Abs. 3 und 4)
  • Vergewaltigung, § 177 Abs. 2 StGB (Abs. 3 und 4)
    • die Sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 178)
  • sexueller Missbrauch Widerstandsunfähiger (§ 179)
  • sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen (§ 174a)
  • sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung (§ 174b)
  • sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungs-, Beratungs- oder Betreuungsverhältnisses (§ 174c)
  • Beischlaf zwischen Verwandten (§ 173)

Deutlich dem Jugendschutz zugeordnet sind die Delikte:

Im Bereich der Pornographie sind durch die letzten Änderungen noch folgende Delikte hinzugekommen:

Die Prostitution ist spätestens seit Einführung des Prostitutionsgesetzes nicht mehr sittenwidrig. Dennoch sind die Abhängigkeitsverhältnisse in diesem Bereich unter Strafe gestellt.

Allerdings soll auch die Belästigung Unbeteiligter unterbleiben, daher sind die nachfolgenden Delikte teilweise Auffangtatbestände:

Verwandte Tatbestände

Verwandte Tatbestände außerhalb der §§ 174-184f StGB, die selbst nicht dem Sexualstrafrecht unterfallen, sind:

  • Beleidigungen auf sexueller Grundlage (§ 185 StGB)
  • die Nötigung zu sexuellen Handlungen nach § 240 Abs. 4 Nr. 1, die selbst keinen Körperkontakt beinhalten (ansonsten wäre § 177 Abs. 1 einschlägig)
  • Erpressung auf sexueller Grundlage (auch so genannte Chantage) nach § 253 StGB

Insbesondere hinsichtlich der Beleidigung wird in der Rechtswissenschaft betont, dass dieser Tatbestand kein Auffangdelikt für Sexualstraftaten ist.

Schuld

Besonderes Augenmerk ist bei Strafbarkeit im Bereich des Sexualstrafrechts stets auf die Schuld zu legen. Das Vorliegen einer "schweren anderen seelischen Abartigkeit" nach § 20 ist nicht immer auszuschließen. In Betracht kommt gerade dann die Verhängung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, insbesondere die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder Sicherungsverwahrung.

Entwicklung

Zahlreiche Sexualstrafrechtsvorschriften wurden Anfang der 1970er liberalisiert. In diesem Bereich ist insbesondere das Vierte Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 23. November 1973 zu erwähnen sowie die Reform der Paragraphen 218 ff. durch das Fünfte Gesetz zur Reform des Strafrechts.

1994 wurde das Schutzalters homosexueller Handlungen im deutschen Strafrecht angepasst und § 175 StGB in seinen Resten durch das 29. Strafrechtsänderungsgesetz vom 31. Mai 1994 aufgehoben.

Derzeit besteht ein Trend zur Verschärfung von Strafandrohungen (und strafprozessualer Maßnahmen) im Sexualstrafrecht aufgrund der Boulevardberichterstattung über Sexualstraftaten. Die Entwicklung der Straftaten im Sexualstrafrecht ist objektiv nach den statistischen Erfassungen der Strafverfolgungsbehörden stagnierend, wenn nicht aufgrund des geringeren Dunkelfelds wegen der modernen Möglichkeiten (DNA u. a.) innerhalb der Aufklärung sogar rückläufig. Dessen ungeachtet nehmen die Sexualstraftaten jedoch einen viel größeren Raum in den Medien ein.

Südafrika

Seit Ende 2007 ist in Südafrika das Küssen und „Schmusen“ für Jugendliche unter 16 Jahren verboten. Eine breite Protestbewegung in Südafrika hat als Reaktion den Januar zum „Nationalen-Kuss-Monat“ erklärt und forciert Massen-Kuss-Veranstaltungen. Die Regierung sieht vorerst von Strafen ab, was die Gesetzkritiker bereits als Erfolg werten.[1]

Einzelnachweise

  1. Sexualstrafrecht in Südafrika – Knutschen gegen das Kussverbot sueddeutsche.de, 09.01.2008

Siehe auch

Literatur

  • Gernot Hahn: Rückfallfreie Sexualstraftäter. Salutogenetische Faktoren bei ehemaligen Maßregelvollzugspatienten (Forschung für die Praxis). Psychiatrie-Verlag, Bonn 2006, ISBN 978-3-88414-415-2
  • Andreas Marneros: Sexualmörder. Eine erklärende Erzählung. Psychiatrie-Verlag, Bonn 3. Aufl. 2006, ISBN 978-3-88414-284-4
Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

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