- Phyletischer Gradualismus
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Besonders in der Geologie und Biologie bezeichnet Gradualismus die Grundannahme, dass alle Veränderungen allmählich, in kleinen Schritten, vor sich gehen.
Der Gedanke wurde zuerst 1795 von dem schottischen Geologen James Hutton formuliert. Darauf aufbauend verband Charles Lyell seit 1830 diese Theorie mit seinen Vorstellungen vom Aktualismus ("Uniformitarianismus"), die er bewusst dem damals in der Geologie vorherrschenden Modell des Katastrophismus entgegen setzte.
Charles Darwin übertrug das Konzept auf die Biologie und machte es zu einem seiner wichtigsten Theoreme. Gradualismus bedeutet, dass die Evolution der Lebewesen durch eine stetige Anhäufung von geringen Modifikationen, ohne Stillstand (Stasis), über eine Zeitspanne von vielen Generationen hinweg entsteht. Evolutionärer Wandel geschieht in kleinen, wahrscheinlichen Schritten. Evolution in unwahrscheinlich großen Schritten kann es nicht geben, da auch in der Gegenwart keine plötzlichen Veränderungen in der Gestalt (dem Phänotyp) der Lebewesen zu beobachten sind. Außerdem würden sehr große Abweichungen von den üblichen phänotypischen Variationen mit größerer Wahrscheinlichkeit wieder ausgelesen. Diese Theorie bezieht sich jedoch nicht auf die Intensität der Veränderungsrate als solche.
Seit den 1960er-Jahren wird der Gradualismus in der Biologie durch das Konzept des Punktualismus ergänzt, das von den US-amerikanischen Evolutions-Biologen Stephen Jay Gould und Niles Eldredge entwickelt wurde. Der Punktualismus hält auch gelegentliche sprunghaften Änderungen in der Evolution für möglich. Er ist eine zusätzliche Annahme, die zutreffen kann, aber nicht muss. Jeder evolutionäre Wandel kann gradualistisch erklärt werden, unabhängig davon, ob er auch wirklich so ablief.
Als Beweise für die Richtigkeit dieses Konzepts werden Kombinatorik und Genetik angesehen.
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