- Phytostanole
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Phytosterine, auch Phytosterole, sind pflanzliche Sterine. Sie unterscheiden sich von den tierischen Sterinen (Zoosterine) durch eine Doppelbindung an C-22 und C1- oder C2-Substituenten an C-24. Die hydrierten Formen (5α-Hydrierung) der jeweiligen Phytosterine werden als Phytostanole bezeichnet. Die Phytosterine kommen in den Pflanzen frei, in Ester- oder in Glycosid-Form sowie im unverseifbaren Anteil von pflanzlichen Fetten und Ölen vor. Die häufigsten pflanzlichen Sterine sind Stigmasterin, β-Sitosterin und Campesterin.[1]
Phytosterine fungieren als strukturelle Komponente in der Zellmembran von Pflanzen, analog dem Cholesterin in der Zellmembran von Tieren.
Inhaltsverzeichnis
Vorkommen
Phytosterine kommen hauptsächlich in fettreichen Pflanzenteilen vor. Besonders reich sind sie in Sonnenblumensamen, Weizenkeime, Sesam und Sojabohnen, sowie Kürbiskerne vorzufinden. Durch Verarbeitung, z.B. Raffinieren von Öl, verlieren sie einen hohen Teil ihres Gehalts. Wertvoll sind daher besonders die unbehandelten nativen Öle.
Phytosterine werden kommerziell aus Sojabohnen bzw. aus Nadelhölzern als Nebenprodukt der Papierherstellung (Finnland) gewonnen.
- Phytosterine
β-Sitosterin ist mit ca. 65 % das in der normalen Nahrung am häufigsten vertretene Phytosterin. Weitere Sterine sind Stigmasterin und Campesterin.
- Phytostanole
Ein wichtiger Vertreter ist das Stigmastanol.
Resorption und Metabolismus
Bei normaler, westeuropäischer Ernährung werden täglich 160–360 mg an Phytosterinen aufgenommen. Vegetarier kommen auf ungefähr die doppelte Menge. 5–10 % der verzehrten Menge werden resorbiert (im Darm aufgenommen), der Rest mit den Fäzes ausgeschieden. Der resorbierte Anteil wird über die Galle ausgeschieden.
Die Phytosterin-Konzentrationen im Serum liegen entsprechend weit unter jenen des Cholesterins und schwanken bei normaler Ernährungsweise zwischen 0,3 und 1,7 mg/dl.
Phytosterine als Wirkstoffe
Wirkungsmechanismus
Als Wirkungsmechanismus wird eine kompetitive Hemmung der Cholesterinaufnahme im Darm angenommen, d.h. durch die Anwesenheit von Phytosterinen wird die Aufnahme von Cholesterin reduziert. Da Cholesterin auch nahrungsunabhängig vom Körper selbst produziert wird, tritt infolge der Phytosterinaufnahme zwar eine vermehrte endogene (körpereigene) Synthese auf. Dennoch kommt es insgesamt zu einer Senkung des Gesamt- und des LDL-Cholesterins (Teilkompensation).
Neben der verminderten Resorption scheinen noch andere Mechanismen – eine beschleunigte Ausscheidung der resorbierten Sterine und andere – eine Rolle zu spielen. Phytosterine senken Gesamt- und LDL-Cholesterin unabhängig davon ob das Individuum normale oder erhöhte Blutfettwerte aufweist. Phytosterine besitzen denselben Effekt bei Männern und Frauen und wirken altersunabhängig.
Triglyceride und HDL-Cholesterin bleiben unverändert. Soweit geprüft bleiben alle klinischen Parameter außer Serumcholesterin (GPT, GOT, Hämoglobin, Glucose, Serumproteine, Serumbilirubin) unbeeinträchtigt.[2]
Phytosterine besitzen aufgrund ihrer hohen Ähnlichkeit zum Cholesterin selbst atherogenes Potential, das aber nicht zum Tragen kommt, weil pflanzliche Sterine nicht in nennenswertem Umfang aufgenommen werden.
Dosierung
Als wirksame Mindestmenge gilt die Aufnahme von 2 g pro Tag. Diese Menge kann durch den Konsum von 100 ml Joghurtdrink (mit 1,6 g Phytosterinen angereichert) bzw. 20–30 g Streichfett/Margarine mit Phytosterinzusatz (normalerweise ca. 10 %) zusätzlich zu den mit einer normalen Mischkost aufgenommenen 0,2-0,4 g pro Tag erreicht werden. Eine normale Ernährung, selbst vegetarische, kann keine Verminderung der Cholesterinaufnahme bewirken
Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Toxizität
In praktisch allen Studien wurde außer der Senkung des Gesamtcholesterins und des LDL-Cholesterins kein Einfluss auf andere Stoffwechselparameter festgestellt. Phytosterine zeigen eine additive Wirkung mit Statinen und anderen Cholesterinsenkern in bezug auf die Senkung der Blutfette. Erfahrungsgemäß kann durch eine Verdopplung der Statindosis eine zusätzliche LDL-Cholesterin-Senkung um 6–8 % erzielt werden. Durch eine Kombinationstherapie (Statin + z. B. phytosterinangereicherter Joghurt) kann der LDL-Cholesterin-Spiegel um 10 % erzielt werden.
Bislang wurden am Menschen keine schädlichen Nebenwirkungen beobachtet, abgesehen von Menschen mit Phytosterinämie.
Laut neuesten Erkenntnissen wirken pflanzliche Sterine, mit denen Becel angereichert ist, offenbar nicht herzschützend. Vielmehr haben sie womöglich sogar negative Effekte auf die Gefäßgesundheit.[3]
Einfluss auf andere fettlösliche Nährstoffe
Es gibt Hinweise darauf, dass Phytosterine die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen beeinträchtigen. So wurden verminderte Carotin und Vitamin E-Spiegel (α-Tocopherol) und Lycopenspiegel festgestellt.
Die Aufnahme von Vitamin D wird nicht beeinträchtigt.
Wirkung käuflicher Phytosterinprodukte
Die cholesterinsenkende Wirkung pflanzlicher Sterine wurde erstmals 1951 beschrieben und in der Folge durch zahlreiche klinische Studien bestätigt. Demnach lässt sich durch die Zufuhr von 1–4 g Phytosterinen pro Tag eine dosisabhängige LDL-Cholesterin-Reduktion um 5–15 % der Ausgangswerte erreichen. Am Markt werden mittlerweile mit Phytosterinen angereicherte Lebensmittel (Joghurtdrink, Margarine) angeboten.
Mehrere randomisierte, placebokontrollierte Studien belegen die Verbesserung des Lipidprofils nach dem 6-wöchigen Konsum eines mit Phytosterinen (1,6 g pro Portion) angereicherten Joghurtdrinks. Innerhalb von 3 Wochen sank das LDL-Cholesterin in der Phytosterin-Gruppe gegenüber Placebo um bis zu 12,2 %, innerhalb von 6 Wochen um bis zu 10,6 %. HDL-Cholesterin und Triglyzeride zeigten keine signifikanten Veränderungen.
20 g Streichfett mit 2–3 g Sterinen können den Cholesterinspiegel um durchschnittlich 6–10 % senken.
Der Nachweis der Wirksamkeit auf relevante klinische Endpunkte (wie die Verminderung der Mortalität, von Herzinfarkten und Schlaganfällen fehlt.
Indikation
Als Indikation für die Einnahme von Phytosterinen werden bei Erwachsene die Hypercholesterinämie genannt.
Kontraindikation
Um potenzielle Hypovitaminosen (A und E) zu vermeiden, sollten Kinder unter 5 Jahren, Schwangere und Stillende keine mit Phytosterinen angereicherten Produkte konsumieren.
Phytosterinämie
Ist eine sehr seltene, rezessiv vererbte Störung der Phytosterinaufnahme. Bei Vorliegen einer Phytosterinämie werden deutlich mehr Sterine resorbiert (50–60 % der Nahrungssterine). Betroffene sollten die Zufuhr von Phytosterinen so weit wie möglich einschränken.
Kritikpunkte
Stichwortartige Zusammenfassung der Kritikpunkte und Bedenken der EFSA (European Food Safety Authority):
- Die maximale Menge an Sterinen soll 3 g pro Tag nicht überschreiten.
- Mögliche Gefahr einer Karotinunterversorgung
- Besondere Gefährdung
- Menschen mit Phytosterinämie
- Patienten unter cholesterinsenkender Medikation
- stillende Mütter
- Schwangerschaft
- mögliches Risiko durch Dauereinnahme oder kumulierte Einnahme in verschiedenen Nahrungsmitteln
- Effekt auf die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen und Karotinoiden
- die genaue Zusammensetzung und Stabilität des Phytosteringemisches
- die mögliche Einnahme durch Personen, die keinen zu hohen Cholesterinspiegel aufweisen
- die Schwierigkeiten einer adäquaten Kennzeichnung
Einzelnachweise
- ↑ Thieme Chemistry (Hrsg.): Römpp Online. Version 3.1. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2007.
- ↑ W. Ling, P. J. Jones: "Dietary Phytosterols, A Review of Metabolism, Benefits and Side Effects", in: Life Sciences 1995, 57 (3), 195–206; PMID 7596226.
- ↑ Ärzte-Zeitung.
Literatur
- Opinion of the Scientific Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies on a request from the Commission related to a Novel Food Application from Forbes Medi-Tech for approval on plant sterol-containing milk-based beverages. in: The EFSA Journal. European Food Safety Authority, Parma 2003,15, 1–12 (Request No. EFSA-Q-2003-075).
- B. Watzl, G. Rechenkemmer: Phytosterine – Charakteristik, Vorkommen, Aufnahme, Stoffwechsel, Wirkungen. In: Ernährungs-Umschau 48, 2001, S. 161–164; PDF.
- I. Kiefer, Ch. Haberzettl, Ch. Panuschka, A. Rieder: Phytosterine und ihre Bedeutung in der Prävention. In: Journal für Kardiologie 9. Nr. 3, 2002, S. 96–101; PDF.
- E. Mutschler: Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. Wissenschaftliche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1986 (5. Aufl.), ISBN 3-8047-0839-0.
- Alice H. Lichtenstein u. a.: Stanol/Sterol-Containing Foods and Blood Cholesterol Levels, in: Circulation 2001, S. 1177–1179; Abstract.
- M. Law: Plant sterol and stanol margarines and health, in: BMJ, 320, 2000, S. 861–864; PMID 10731187.
- O'Keefe JH Jr, Cordain L, Harris WH, Moe RM, Vogel R: Optimal low-density lipoprotein is 50 to 70 mg/dl: lower is better and physiologically normal, in: J Am Coll Cardiol, 43, 2006, S. 2142–2146; PMID 15172426.
- Manoj D. Patel and Paul D. Thompson: Phytosterols and vascular disease, in: Atherosclerosis, 186, 2006, S. 12–19; doi:10.1016/j.atherosclerosis.2005.10.026.
- Van Horn L, McCoin M, Kris-Etherton PM, Burke F, Carson JA, Champagne CM, Karmally W, Sikand G: The evidence for dietary prevention and treatment of cardiovascular disease, in: J Am Diet Assoc 108, 2008, S. 287–331; PMID 18237578.
- Plana N, Nicolle C, Ferre R, Camps J, Cos R, Villoria J, Masana L: Plant sterol-enriched fermented milk enhances the attainment of LDL-cholesterol goal in hypercholesterolemic subjects, in: Eur J Nutr, 47, 2008, S. 32–39; PMID 18193377.
- Hansel B, Nicolle C, Lalanne F, Tondu F, Lassel T, Donazzolo Y, Ferrières J, Krempf M, Schlienger JL, Verges B, Chapman MJ, Bruckert E: Effect of low-fat, fermented milk enriched with plant sterols on serum lipid profile and oxidative stress in moderate hypercholesterolemia, in: Am J Clin Nutr 86, 2007, S. 790–796; PMID 17823447.
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