Plattenrock

Plattenrock
Eine der ältesten Darstellungen eines Plattenrockes ( um 1250): Der heilige Mauritius im Magdeburger Dom

Der so genannte Plattenrock (auch veraltet: Spangenharnisch) entstand vermutlich im Verlaufe der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts aus dem Plâten. Der Plâten entstand ebenfalls erst im 13. Jahrhundert, als der Schutz, den eine Kettenrüstung bot, alleine nicht mehr ausreichend war, vermutlich insbesondere unter den Erfahrungen des zunehmenden Einsatzes von Fernwaffen (Bogenwaffen).

Ein Plattenrock bestand aus mehreren überlappenden oder nebeneinander angebrachten Eisenplatten, die an der Innenseite eines Überwurfes angebracht wurden und schützte auf Grund seiner starren Form nur den Torso. Fundstücke, so zum Beispiel aus Massengräbern der Schlacht von Visby (1361) geben einen guten Eindruck der Verschiedenartigkeit des Aufbaus.

Als Träger kommen verschiedene Materialien in Frage, darunter Leder, oder festes Tuch aus z. B. Leinen. Spätere Nachfolgertypen, die Brigantinen oder Corrazine, weisen eher Leinen auf. Als Deckstoff kam vermutlich ein höherwertes Tuch zum Einsatz, z. B. Seide oder Seidensamt. Die Platten wurden mittels Nieten, die entweder aus Eisen sein konnten, oder, wie auch Darstellungen nahelegten, aus Buntmetall, inwandig auf den Träger aufgenietet.

Durch die teilweise Überlappung und die starre Anordnung auf der Innenseite des Trägermaterials war sichergestellt, dass keine angreifbaren Lücken entstanden. Diese Niete waren von außen gut zu sehen und nicht selten mit kunstvoll gestalteten Köpfen versehen.

Ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entwickeln sich einerseits die Brigantine mit deutlich kleineren Platten, andererseits der Plattenpanzer, welche im Laufe der Zeit den Plattenrock vollständig ablösen.

Der Plattenrock des Zacharias Haderer

Ende 2002 fand ein Sondengänger auf dem Areal des Burgstalles Hirschstein bei Irsham in Niederbayern (Landkreis Passau) ein relativ gut erhaltenes Exemplar eines Plattenrockes. Die Burg wurde um 1367 vom Hochstift Passau zerstört. Die um 1350 zu datierende Panzerung dürfte dem „Raubritter“ Zacharias Haderer gehört haben, der die Burg kurz zuvor in Besitz genommen hatte. Besonders gut erhalten hat sich die Brustplatte, an der vier Eisenketten angebracht sind. An solchen Ketten waren ehemals die Waffen des Kriegers befestigt und so vor dem Verlust geschützt. Insgesamt konnten etwa 30 Teile der Rüstung (ca. 80 Prozent) geborgen werden. An den Rändern sind noch einige Nietköpfe erhalten, die ehemals den textilen Überzug der Panzerung fixierten.

Der Fund wurde anfangs nur wenig von der Fachwelt beachtet und in seiner Bedeutung erkannt. Noch heute wird er gelegentlich als Plattenharnisch interpretiert, bei dem die Metallplatten außen sichtbar waren.

Erst als der Bodenfund im April 2007 in einem Münchner Versteigerungskatalog erschien, entschloss sich der Direktor des Armeemuseums in Ingolstadt zum Eingreifen. Das Museum konnte den Panzer schließlich für 66.000 Euro für seine Sammlung erwerben. Neben den Exemplaren aus dem Massengräbern bei Visby gilt die Rüstung als eines der ältesten erhaltenen Beispiele eines Plattenrockes in Europa. Durch seine gute Erhaltung und die bisher nur auf mittelalterlichen Darstellungen und Grabdenkmäler nachweisbaren Eisenketten zur Befestigung von Schwert, Dolch, Schild und Helm zählt der Plattenrock zu den bedeutendsten waffenkundlichen Bodenfunden der letzten Jahrzehnte, dessen drohender Verkauf ins Ausland gerade noch verhindert werden konnte.

Literatur

  • Wsewolod Arendt: Beiträge zur Entstehung des Spangenharnisches – Ein alttürkischer Waffenfund aus Kertsch. In: Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde, Gesamtfolge Bd. 13 (Neue Folge, Bd. 4). Berlin, 1932/34, S. 49-55
  • Werner Fleischhauer: Spangenharnischfund auf Burg Helfenstein. In: Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde, Gesamtfolge Bd. 13 (Neue Folge, Bd. 4). Berlin, 1932/34, S. 250-252
  • E.A. Gessler: Ein neuer Spangenharnischfund in der Schweiz. In: Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde, Gesamtfolge Bd. 13 (Neue Folge, Bd. 4). Berlin, 1932/34, S. 107-109
  • Roland Gschlößl: Des Ritters Zacharias letzte Schlacht. In: Bayerische Archäologie, 3, 2007, S. 19 - 21. Taufkirchen, 2007
  • Francis M. Kelly: Zur Entstehung des Spangenharnischs – Nachtrag. In: Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde, Gesamtfolge Bd. 13 (Neue Folge, Bd. 4). Berlin, 1932/34, S. 105-106
  • Francis M. Kelly: Weitere Notizen über Spangenharnische und verwandte Formen der Schutzwaffen auf Kunstdenkmälern des XIV. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde, Gesamtfolge Bd. 13 (Neue Folge, Bd. 4). Berlin, 1932/34, S. 166-168
  • Bengt Thordeman: Armor of the battle of Wisby 1361. Text- und Tafelband. - Uppsala, 1939/40
  • Bengt Thordeman: Zur Entstehung des Spangenharnischs. In: Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde, Gesamtfolge Bd. 13 (Neue Folge, Bd. 4). Berlin, 1932/34, S. 56-59

Weblinks

  • [1] Der Plattenrock des Zacharias Haderer im Online-Auktionskatalog von 2007

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