Potemkinsches Dorf

Potemkinsches Dorf

Als Potemkinsches Dorf (russisch: Потёмкинская деревня) – teilweise auch in der Schreibweise Potjomkinsches Dorf – wird etwas bezeichnet, das fein herausgeputzt wird, um den tatsächlichen, verheerenden Zustand zu verbergen. Oberflächlich wirkt es ausgearbeitet und beeindruckend, es fehlt ihm aber an Substanz.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Für den Namen stand Feldmarschall Reichsfürst Grigori Alexandrowitsch Potjomkin Pate. Potjomkin war ein Gouverneur und Militärreformer, der sich um die Entwicklung der Krimhalbinsel bemühte.

Einer modernen Sage zufolge ließ der Günstling (und Geliebte) der russischen Zarin Katharina II. 1787 vor dem Besuch seiner Herrscherin im neu eroberten Krimgebiet entlang der Wegstrecke Dörfer aus bemalten Kulissen zum Schein errichten, um das wahre Gesicht der Gegend zu verbergen. Diese Legende wurde von Gegnern Potjomkins am Hofe lanciert, die ihm seine gute Beziehung zu Katharina der Großen neideten. Ihr Urheber war der Diplomat Georg von Helbig, der sie zunächst in seinen Depeschen in Umlauf setzte und nach Potjomkins Tod in seiner Biographie "Potemkin der Taurier" (1809) verewigte. Helbig hatte selbst an der Inspektionsreise nicht teilgenommen.[1]

Verwendung

Beispielsweise verglich der Historiker und ehemalige Häftling Stanislav Zamecnik das Konzentrationslager Dachau mit einem inszenierten Potemkinschen Dorf.[2] In den Anfangsjahren des Lagers erhielten einige ausgewählte Besucher die Gelegenheit, es im Rahmen einer Führung zu besichtigen, was ihnen einen vermeintlichen Einblick, jedoch keinesfalls einen Durchblick verschaffte. Die Presse berichtete darüber, was letztendlich der NS-Propaganda diente.

Gleichfalls wird der Begriff verwendet, um die Vorgehensweise der ehemaligen DDR bei Staatsbesuchen zu beschreiben. Innenstädte oder einzelne Straßenzüge wurden herausgeputzt, um einen positiven, aber in Wirklichkeit falschen Eindruck zu vermitteln.

  • So geschehen z.B. beim Staatsbesuch von Nicolae Ceaușescu in der DDR 1988: In Erfurt wurde die der Straße zugewandte Seite des Erfurter Opernhauses gestrichen, während die nicht sichtbaren Seiten der Oper in ihrem schlechten Zustand verblieben.
  • Im Dezember 1981 besuchte Bundeskanzler Helmut Schmidt anlässlich eines Staatsbesuchs in der DDR zusammen mit Erich Honecker Güstrow. Die Staatschefs wurden durch Stasi-Mitarbeiter von den Bewohnern Güstrows völlig abgeschirmt. Gemäß den Vorstellungen Honeckers wurde das Bild „eines glücklichen Volkes in heimeliger Adventsstimmung“ inszeniert.[3] Die meisten „Besucher des Weihnachtsmarktes“ waren in Zivil gekleidete Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit mit dem Auftrag, eine festliche Atmosphäre zu verbreiten und Erich Honecker zuzujubeln. 35.000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz: 14.000 vom MfS, 21.000 von der Volkspolizei. Es gab 81 Haftbefehle, 11.000 Personen standen drei Tage lang unter Kontrolle, 4.500 Wohnungsuntersuchungen wurden durchgeführt.[4]

Siehe auch

Quellen

  1. Simon Sebag Montefiore: Katharina die Große und Fürst Potemkin (Orig.: The Prince of Princes: The Life of Potemkin). Frankfurt am Main 2009, S. 550 ff.
  2. Stanislav Zamecnik: Das war Dachau, Luxemburg, 2002. S.95-99. Kapitel Potemkinsches Dorf.
  3. Stefan Wolle: Die heile Welt der Diktatur. 2. Auflage, Bonn 1999, S. 168f.
  4. Jan Eik und Klaus Behling: 13. Dezember 1981: Geisterstadt Güstrow. In: Verschlusssache. Die größten Geheimnisse der DDR. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2008, ISBN 978-3-360-01944-8, Seiten 204 f.

Weblinks


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