Pottwal

Pottwal
Pottwal
Junger Pottwal

Junger Pottwal

Systematik
Überordnung: Laurasiatheria
Ordnung: Wale (Cetacea)
Unterordnung: Zahnwale (Odontoceti)
Familie: Pottwale (Physeteridae)
Gattung: Physeter
Art: Pottwal
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Physeter
Linnaeus, 1758
Wissenschaftlicher Name der Art
Physeter macrocephalus
Linnaeus, 1758

Der Pottwal (Physeter catodon oder Physeter macrocephalus) ist ein Säugetier in der Ordnung der Wale (Cetacea). Er ist unter den Zahnwalen der einzige Großwal.

Nächste Verwandte des Pottwals sind die Zwergpottwale (Gattung Kogia), mit denen er die Familie der Pottwale (Physeteridae) bildet.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Pottwalschädel ohne Unterkiefer
Zahn eines Pottwals
Blas eines Pottwals mit typischer 45° Neigung

Pottwalmännchen sind größer und schwerer als Weibchen. Große Pottwalbullen erreichen Längen von 18 Metern und Gewichte von 50 Tonnen und sind dadurch die größten bezahnten Tiere der Erde. Einzelne Exemplare scheinen allerdings noch weitaus größer werden zu können, wie einige Artefakte aus der Zeit zeigen, in der Pottwale noch im großen Stil gejagt wurden. Ein Paar über 30 cm lange Zähne etwa, die in der Sammlung des New Bedford Whaling Museum lagern, lassen nach Schätzungen darauf schließen, dass der zugehörige Wal deutlich über 20 Meter lang und über 100 Tonnen schwer gewesen sein dürfte.

Kennzeichnend für die Art ist der enorme, fast quadratische Kopf; der fragil anmutende Unterkiefer ist verglichen mit der Größe des gesamten Schädels sehr schmal und mit teilweise mehr als 20 cm langen Zähnen besetzt. Eine Besonderheit ist, dass beim Pottwal normalerweise nur im Unterkiefer die Zähne durchbrechen, die im Oberkiefer in entsprechende Aushöhlungen einrasten, während die Zähne im Oberkiefer normalerweise unsichtbar bleiben. Damit stellt sich die Frage nach dem Jagd- und Fressverhalten, die bislang nicht geklärt ist. Wie Pottwale ihre Beute genau fangen, ist nach wie vor nicht bekannt, allerdings scheinen ihre Zähne und Kiefer bei der Jagd keine große Rolle zu spielen, denn es wurden schon gut genährte Pottwale gefunden, deren Kiefer völlig deformiert und zum Festhalten von Beutetieren nicht geeignet waren.

Der Darm eines Pottwals kann eine Länge von bis zu 250 Metern erreichen.

Umriss eines Pottwals
Männlicher Pottwal
Fluke eines Pottwals beim Abtauchen

Der Körper ist massiv mit einem großen Kopf, der bis zu einem Drittel der Gesamtlänge ausmacht. Der Rückenbuckel bzw. die Rückenflosse ist niedrig und variiert stark. Von der Rückenflosse bis zur Schwanzfluke zieht sich eine Reihe von Buckeln oder Zacken. Er hat kurze, stummelartige Brustflossen (Flipper). Die Fluke hat die Form von zwei aneinander liegenden rechtwinkligen Dreiecken, die an der Spitze leicht abgerundet und in der Mitte tief eingekerbt sind.

Das einzige (unpaare) Blasloch befindet sich an der oberen Spitze des Kopfes auf der linken Seite. Das Gehirn wiegt bis zu 9,5 kg und ist damit das größte Gehirn im gesamten Tierreich.

Der riesige Kopf eines Pottwals wird zu sehr großen Teilen vom sogenannten Spermaceti-Organ ausgefüllt. Dies ist vollständig mit Walrat (auch Spermaceti genannt) gefüllt und kann allein ein Gewicht von zwei Tonnen haben. Das Organ ist mit zwei Luftsäcken verbunden, welche mit den Nasengängen verbunden sind. Das Organ dient unter anderem als Tauchhilfe und soll den Auftrieb kontrollieren; durch Ein- und Ausfuhr von Wasser wird die Dichte verändert, so dass der Wal mit minimalem Energieaufwand sinken oder aufsteigen kann: Durch Abkühlung (vor dem Tauchgang) kristallisiert das Wachs aus, das Organ wird kompakter, dichter und damit spezifisch schwerer (Abtriebskraftschätzung 40 kg[1]), der Pottwal kann anstrengungslos sinken. Bei der Jagd in großer Tiefe (max. 3 km) wird der Sauerstoff verbraucht und Abwärme generiert, die den Walrat wieder aufschmelzen lässt. Nun kann der Wal nur mit hydrodynamischer Kraft (durch Schwimmen) unten bleiben und steigt spätestens, wenn der Sauerstoff verbraucht ist. Die Angaben über den Schmelztemperaturbereich des Walrats sind verschieden und hängen von der Probenmischung ab. Die temperaturabhängige, eigenartige Konsistenz des Walrats gab Anlass zur Verwechslung mit Sperma, siehe unter Namensgebung.

Weitere Theorien über den Sinn sind verbreitet:

  • Das Spermaceti soll dem Kopf männlicher Pottwale eine Stabilität und Kraft verleihen, damit dieser als Rammbock im Kampf genutzt werden kann. Bekannt und teilweise auch dokumentiert sind Fälle, in denen der Pottwal seine Stirn offenbar bewusst, gezielt und mehrfach als Rammbock gegen Schiffe einsetzte, wovon mindestens in einem Fall der Untergang eines 300 Tonnen großen Walfang-Seglers (der Essex im Jahr 1820) herbeigeführt wurde. (→ Literatur-Eintrag „Owen Chase“ sowie Moby Dick.)
  • Das Spermaceti-Organ hilft beim Entleeren der Lungen vor dem Tauchen und absorbiert bei großem Wasserdruck Stickstoff.
  • Es handelt sich um ein Organ, das die Erzeugung von extrem lauten Tönen unterstützt. Es wurden Schalldruckpegel von über 230 dB gemessen. Durch diesen Schalldruck sollen Beutetiere betäubt werden können.

Die Klicklaute dienen der Echoortung und der Kommunikation. Die Lautgebungen eines Pottwals haben wenig mit den Gesängen der Bartenwale gemein. Es handelt sich vielmehr um eine Folge von Klicklauten, die eine viel niedrigere Frequenz als die der Delfine haben. Die Sequenz der Klicklaute ist individuell verschieden.

Verbreitung

Verbreitungsgebiet des Pottwals (blau).

Der Pottwal kommt in allen Ozeanen vor. Er ist am häufigsten in den Tropen und Subtropen zu finden, manchmal trifft man Pottwale aber selbst noch in den Polargebieten an. Am Freitag dem 13. August 2004 wurde erstmalig ein Pottwal in der Ostsee gesichtet, die für das Überleben des Tieftauchers jedoch viel zu flach sein dürfte.

Pottwale kommen auch im Mittelmeer vor, im Bereich der griechischen Küste am hellenischen Graben in einer Populationsstärke von ca. 200 Tieren.[2]

Verhalten

Tauchtiefen von 350 m werden offenbar regelmäßig überschritten; dabei tauchen Männchen im Schnitt tiefer als Weibchen. Die Dauer eines Tauchgangs kann 20 bis 80 Minuten betragen. Manche Männchen stoßen bis in extreme Tiefen über 1000 m vor; ein Sonar ortete einen Pottwal in 2500 m Tiefe, und es gibt sogar Anzeichen dafür, dass manchmal Tiefen von mehr als 3000 m erreicht werden.

Wie es Pottwalen möglich ist, eine Stunde und mehr ohne Luft zu holen in der Tiefe zu bleiben, ist bisher noch nicht endgültig geklärt. Man weiß, dass sie beim Tauchen ihren Stoffwechsel auf ein Minimum einschränken und lediglich die lebenswichtigsten Organe, also Herz, Gehirn und Rückenmark, durchbluten, und dass sie in ihrem Blut und in ihren Muskeln einen großen Sauerstoffvorrat speichern können.[3] Ihr Blut hat außerdem einen 50 % höheren Hämoglobinanteil als beim Menschen. Während des Tauchvorgangs schlägt ihr Herz nur noch halb so schnell wie an der Oberfläche.

Bezüglich der Fortbewegung werden als Wanderungsgeschwindigkeit bis zu 30 km/h angegeben.[1]

Pottwalhaut mit Narben von Tintenfischsaugnäpfen

Die von Pottwalen erjagte Beute besteht hauptsächlich aus Tintenfischen. Der immer noch geheimnisvolle Riesenkalmar wird regelmäßig im Magen von Pottwalen gefunden; auf den Körpern von Pottwalen findet man außerdem Abdrücke von Saugnäpfen der Riesenkalmare. Hieraus könnte der Schluss gezogen werden, dass Wale und Kalmare einander Kämpfe in der Tiefsee liefern; die genauen Umstände sind jedoch zur Zeit noch völlig unerforscht. Neben Tintenfischen ernähren sich Pottwale zu einem geringen Anteil auch von Fischen, teilweise sogar von größeren Krustentieren. Gerade bei den Bullen scheint Fisch einen größeren Anteil der Nahrung auszumachen, besonders in den nördlicheren Gebieten.

Weibliche Pottwale bilden soziale Verbände mit ihren Jungen. Sie leben in Gruppen von etwa fünfzehn bis zwanzig Tieren; vor dem Zeitalter des Walfangs sollen diese Schulen noch weit größer gewesen sein und einige hundert Tiere umfasst haben. Geschlechtsreife Männchen verlassen den Verband und schließen sich ihrerseits zu Gruppen zusammen, alte Männchen aber sind allein unterwegs.

In der Fortpflanzungszeit stoßen die Männchen wieder zu den Verbänden der Weibchen. Hier unterhält ein Männchen nun einen Harem von etwa zehn Weibchen. Das Sozialverhalten in dieser Zeit ist noch nicht vollständig geklärt. Manche Beobachtungen sprechen dafür, dass es zwischen rivalisierenden Männchen zu Kämpfen um das Recht der Haremsführung kommt, während andere den Aufbau einer Hierarchie zu belegen scheinen, in der sich mehrere Männchen einen Harem teilen.

Formation „Margaritenblüte“

Weibchen werden im Alter von acht Jahren geschlechtsreif. Männchen sind aber erst mit 20 Jahren geschlechtsreif, verbringen aber sehr viele Jahre in den Verbänden jugendlicher Pottwale und beginnen für gewöhnlich erst im Alter von 25 Jahren, die Schulen der Weibchen aufzusuchen und Nachwuchs zu zeugen. Weibchen bringen etwa alle vier bis sechs Jahre nach einer Tragezeit von über 12 (womöglich bis zu 18) Monaten ein Junges zur Welt, das 4 m lang ist und eine Tonne wiegt. Wie alle Wale werden Pottwalbabys in der Steißlage geboren, das heißt es erscheint mit dem Schwanz zuerst. Dadurch bleibt es so lange wie möglich an der lebenswichtigen Versorgungsleitung, der Nabelschnur. Die Mutter spritzt dem Jungen die Milch aus den Zitzen unter hohem Druck direkt ins Maul. Das Gesäuge liegt in taschenförmigen Vertiefungen, um die Stromlinienform nicht zu beeinträchtigen.[4] Das Waljunge wird ein bis zwei Jahre gesäugt, bevor es selbständig fressen kann. Die Lebenserwartung von Pottwalen wird auf 75 Jahre geschätzt.

Um sich oder jüngere Tiere vor eventuellen Feinden zu schützen, nehmen Pottwale eine spezielle Formation ein, die Margaritenblüte genannt wird.

Gefährdung und Schutz

Aufgrund der Bejagung in der Vergangenheit sind die Bestände immer noch so gering, dass der Pottwal als gefährdet gilt. Schätzungen des Bestandes differieren von 1 Million Tieren bis zu lediglich rund 360.000 Exemplaren.[3]

Walfänger in der Vergangenheit berichteten von weit größeren Dimensionen des Pottwals. So schätzte Owen Chase in dem Bericht über den Untergang des Walfängers Essex durch einen Pottwalangriff im Jahr 1820 die Länge dieses Pottwals auf 85 Fuß, rund 25 Meter. Da das Walfangschiff selbst als eventueller Vergleichsmaßstab eine Länge in dieser Größenordnung hatte, kann diese Schätzung als realistisch angesehen werden.

Begehrt war neben dem Tran aus dem Speck insbesondere das im Kopf befindliche Walrat (Spermaceti) und Ambra aus den Därmen. Während Ambra hauptsächlich in der Kosmetikindustrie Abnehmer fand, wurde Walrat als Additiv in Ölen für automatische Getriebe durch die Automobilindustrie benötigt.

In den 1960ern und 1970ern waren alljährlich über 20.000 Pottwale getötet worden. Der Walfang der Jahre 1987–2002 durch Mitglieder des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfangs wird mit insgesamt 206 Tieren angegeben.

Die Weltnaturschutzunion IUCN weist den Pottwal in der Roten Liste gefährdeter Arten als gefährdet (Vulnerable) aus.

Die vom Umweltprogramm der UNEP getragene Bonner Konvention CMS stellt diese Walart als wandernde Tierart sowohl in Appendix I als auch in Appendix II unter Schutz. Als Regionalabkommen der Bonner Konvention wurde das Übereinkommen ACCOBAMS zum Schutz der Wale des Schwarzen Meeres, des Mittelmeeres und der angrenzenden Atlantischen Zonen vom 24. November 1996 unterzeichnet. In Annex 1 dieses Vertrages wird unter anderem der Fang der Pottwale wie auch weiterer Walarten verboten und die Errichtung spezieller Schutzgebiete gefordert.

Über das Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES, Appendix I genießt der Pottwal durch Belegung seiner Art mit einem Handelsverbot Schutz vor dem Freien Handel. In der EU-Artenschutzverordnung (EG) Nr. 338/97 Anhang A wird diese Haltung übernommen.

Schon in der Berner Konvention des Europäischen Rates vom 19. November 1979 wird der Pottwal unter Appendix II als streng zu schützende Tierart gelistet. Die Europäische Union trägt dem Schutzgedanken in der Richtlinie 92/43/EWG oder Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie Rechnung. Die Bundesrepublik Deutschland bezeichnet den Pottwal im Bundesnaturschutzgesetz als streng zu schützende Art.

Benennung

Auftauchender Pottwal

Die deutsche Bezeichnung „Pottwal“ bezieht sich auf den Kopf des Wals, der wie ein Topf (niederdeutsch Pott) hervorragt[5]. Die englische Bezeichnung „Sperm Whale“ sowie die Benennung des Spermaceti-Organs (sperma ceti (lat.) = Samenflüssigkeit eines Meerungeheuers) rührt von der an Sperma erinnernden Konsistenz und Aussehen des Walrats her. Als wissenschaftliche Namen werden Physeter macrocephalus (Bläser – großer Kopf) und Physeter catodon (Bläser – Zähne unten) verwendet. Die Namen wurden 1758 von Linnaeus in der 10. Auflage seiner Systema Naturae beschrieben und 1911 von Thomas für synonym erklärt. Bisher konnte sich jedoch noch keiner der beiden Namen endgültig durchsetzen.

Siehe auch

Literatur

  • Berühmt wurde der Pottwal vor allem durch Herman Melvilles Roman Moby Dick. Der Name geht dabei auf einen realen Pottwal zurück, der im 19. Jahrhundert durch die Medien ging. „Mocha Dick“ war ein männlicher Pottwal mit eher grauer als brauner Haut und einer weißen Narbe auf seinem Kopf. Seinen Namen verdankte er seiner ersten Begegnung mit Walfängern um 1810 nahe der Insel Mocha vor der chilenischen Küste. 1859 wurde er von einem schwedischen Walfänger erlegt. Dazu verwob Melville in seinem Roman auch die Ereignisse um den Walfänger Essex.
  • Andrea und Wilfried Steffen: Pottwale. Im dunklen Blau des Meeres. Heel, Königswinter, ISBN 3-89880-222-1, 160 S. m. 190 Fotos
  • Owen Chase: Der Untergang der Essex (Originaltitel Narrative of the Most Extraordinary and Distressing Shipwreck of the Whaleship Essex of Nantucket). Piper, 2002, ISBN 3-492-23514-X, Broschiert 148 Seiten

Weblinks

 Commons: Pottwal – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Tierenzyklopädie: Pottwal. Abgerufen am 8. Oktober 2008.
  2. Fernseh-Beitrag: Pottwale, Giganten im Mittelmeer, Pottwalen auf der Spur. Ausstrahlung 24. Sept. 2010, Fernsehsender Einsfestival, im Auftrag des NDR fernsehen © 2009
  3. a b Das geheime Leben der Pottwale, Das Erste, 18. Juni 2003
  4. Werner Gitt, Karl-Heinz Vanheiden: Wenn Tiere reden könnten. Hänssler, Holzgerlingen 1992, ISBN 3-7751-1528-5,S. 24, PDF
  5. Pottfisch in Oeconomische Encyclopädie (1773–1858) von Johann Georg Krünitz

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