Prager Beerdigungsbruderschaft

Prager Beerdigungsbruderschaft
Mitglieder der Prager Beerdigungsbruderschaft beten bei einem Sterbenden

Die Prager Beerdigungsbruderschaft, eigentlich Chewra kadischa de-gomle chasadim, wörtlich "Heilige Bruderschaft jener, die Taten der Barmherzigkeit vollbringen", wurde im Jahr 1564 von der jüdischen Gemeinde gegründet und war eine gemeinnützige Organisation der ehemaligen Prager Judenstadt (heute Stadtteil Josefov).

Ihren Sitz hatte sie beim bis heute erhaltenen Alten Jüdischen Friedhof. Im Museum des Friedhofs – in der Neuen Zeremonienhalle und den Räumen der ehemaligen Klausen-Synagoge – sind zahllose Kultgegenstände und Bilder aus der Zeit vom 16. bis 19. Jahrhundert ausgestellt. Darunter befindet sich auch der Bilderzyklus großformatiger Gemälde, wahrscheinlich aus dem Jahre 1772, der die Tätigkeit der Bruderschaft darstellt. Der Zyklus umfasste ursprünglich 15 Bilder und wurde im Auftrag des damaligen Vorstandes der Vereinigung hergestellt. Der Maler ist nicht mehr bekannt, sein Stil war spätbarock. Die Bilder sollten den Vereinsraum der Bruderschaft schmücken, in dem die Versammlungen und jährlichen Jubiläumbankette stattfanden. Der Bilderzyklus ist das erste Zeugnis des Vordringens von aufklärerischen und emanzipatorischen Ideen in die jüdische Gemeinde. Mit ihm sollte die soziale Rolle der Bruderschaft innerhalb der jüdischen Gemeinde betont werden. Außerdem handelt es sich dabei um das erste Bilddokument, in dem die Prager Judenstadt und ihre Bewohner festgehalten wurden, zugleich auch die Zeit der letzten Begräbnisse auf dem Alten jüdischen Friedhof.

Die Prager Beerdigungsbruderschaft hatte wie jede Chewra Kadischa der damaligen Zeit, die Aufgabe in Krankheits- und Todesfällen innerhalb der Gemeinde aktiv zu werden. Die Mitglieder der Bruderschaft besuchten den Kranken, standen den Angehörigen bei, wuschen und kleideten den Verstorbenen, trugen ihn auf den Friedhof, hoben das Grab aus, bestatteten den Toten, sorgten für die Anwesenheit eines Minjan aus mindestens zehn männlichen Juden, und waren während der sieben Trauertage im Hause der Hinterbliebenen und zur Jahrzeit beim Kaddisch in der Synagoge anwesend. All diese Aufgaben wurden auf dem Bilderzyklus auch dargestellt.

Literatur

  • Silvie Ann Goldberg: Crossing the Jabbok. Illness and Death in Ashkenazi Judaism in Sixteenth-through Nineteenth Century Prague. Berkley 1996 (englisch).
  • Georg Herlitz, Bruno Kirschner (Hrsg.): Jüdisches Lexikon. Ein enzyklopädisches Handbuch des jüdischen Wissens in vier Bänden. Band 1: A – C. Jüdischer Verlag, Berlin 1927.
  • Arno Pařík: Prager jüdische Friedhöfe. = Pražské židovské hřbitovy. = Prague Jewish cemeteries. Jüdisches Museum, Prag 2003, ISBN 80-85608-69-3.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Prager Bestattungsgesellschaft — Mitglieder der Prager Beerdigungsbruderschaft beten bei einem Sterbenden Die Prager Beerdigungsbruderschaft, eigentlich Chewra kadischa de gomle chasadim, wörtlich Heilige Bruderschaft jener, die Taten der Barmherzigkeit vollbringen , wurde im… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdischer Friedhof (Prag) — Der alte jüdische Friedhof mit dem Grab von Rabbi Löw (1520 1609) Ältestes Grab: Avigdor Kara †1439 …   Deutsch Wikipedia

  • Klaus-Synagoge — Die Klaus Synagoge im 19. Jahrhundert Die Klausen Synagoge ist eine ehemalige Synagoge im seinerzeitigen Judenviertel Josefstadt in Prag. Sie steht direkt neben dem alten Jüdischen Friedhof an der Adresse U Starého hřbitova 3a. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Klausen-Synagoge — Die Klaus Synagoge im 19. Jahrhundert Die Klausen Synagoge ist eine ehemalige Synagoge im seinerzeitigen Judenviertel Josefstadt in Prag. Sie steht direkt neben dem alten Jüdischen Friedhof an der Adresse U Starého hřbitova 3a. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Klausensynagoge — Die Klaus Synagoge im 19. Jahrhundert Die Klausen Synagoge ist eine ehemalige Synagoge im seinerzeitigen Judenviertel Josefstadt in Prag. Sie steht direkt neben dem alten Jüdischen Friedhof an der Adresse U Starého hřbitova 3a. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Alter Jüdischer Friedhof (Prag) — Das Grab von Rabbi Löw (1520–1609) Grab des Astronomen David Gans (1541–1613), mit Himmelsbogen, Sternen und einer Gan …   Deutsch Wikipedia

  • Klausen-Synagoge (Prag) — Die Klaus Synagoge im 19. Jahrhundert Die Klausen Synagoge ist eine profanierte Synagoge im seinerzeitigen Judenviertel Josefstadt in Prag. Sie steht direkt neben dem alten Jüdischen Friedhof an der Adresse U Starého hřbitova 3a …   Deutsch Wikipedia

  • Mordechai Maisel — Grabmal von Mordechai Maisel am Alten jüdischen Friedhof in Prag Mordechaj (Markus) ben Samuel Maisel, auch Meisel, Maißl und in den Akten Meysl (* 1528 in Prag; † 13. März 1601 in Prag) war Hofbankier, Philanthrop und Vorsteher der jüdischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Mordechai Meisel — Grabmal von Mordechai Maisel am Alten jüdischen Friedhof in Prag Mordechaj (Markus) ben Samuel Meisel, auch u.a. Meisl, Meysl, Konír (* 1528 in Prag; † 13. März 1601 in Prag) war Hofbankier, Philanthrop und Vorsteher der jüdischen Gemeinde in… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Zeremonienhalle Prag — Die Jüdische Zeremonienhalle Prag Die Jüdische Zeremonienhalle (Obřadní síň) befindet sich im Jüdischen Viertel (Josefov) der Tschechischen Hauptstadt Prag. Sie wurde 1911 bis 1912 unter der Leitung von J. Gerstl für die Prager… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”