Mordechai Meisel

Mordechai Meisel
Grabmal von Mordechai Maisel am Alten jüdischen Friedhof in Prag

Mordechaj (Markus) ben Samuel Meisel, auch u.a. Meisl, Meysl, Konír (* 1528 in Prag; † 13. März 1601 in Prag) war Hofbankier, Philanthrop und Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Prag.

Leben

Mordechai Meisel entstammte einer weitverzweigten bedeutenden jüdischen Familie, die seit Generationen in Prag ansässig war. Er wurde 1576 Mitglied des Ältestenrates der jüdischen Gemeinde und später deren Primas. In dieser Funktion betätigte er sich als bedeutender Bauherr der Judenstadt (heute Josefstadt) und trug wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung derselben bei. Meisel war Bankier und Hofjude Kaiser Rudolfs II. und sehr vermögend. Er hatte das Privileg, Gelder gegen Schuldverschreibungen und Verpfändung von Immobilien verleihen zu dürfen, sowie andere Handelsvorrechte. Meisel war zweimal verheiratet, aber kinderlos. Nach seinem Tod wurde er 1601 in der ersten Tumba des Alten jüdischen Friedhofs bestattet. Sein Testament enthielt Verfügungen zugunsten seiner Verwandten in der Höhe von mehr als einer halben Million Gulden, wurde aber vom Fiskus angefochten und beschlagnahmt. Fast 100 Jahre lang wurde um die Erbschaft zwischen den Verwandten und der jüdischen Gemeinde prozessiert.

Bedeutung

Die kulturgeschichtliche Bedeutung von Mordechai Meisel liegt vor allem in seinem Mäzenatentum. Umstritten ist seine Beteiligung am Bau des Jüdischen Rathauses, sie wird ihm aber der Überlieferung nach zugeschrieben, obwohl sie aus den Dokumenten nicht zu belegen ist. Sicher stiftete er auf eigene Kosten am Rande des Friedhofs ein Spital, eine Mikwe und ein Armenhaus. Der jüdischen Gemeinde schenkte er einen Teil seines Grundbesitzes, um den Friedhof vergrößern zu können. Später ließ er auf eigene Kosten die Straßen der Judenstadt pflastern. 1592 vollendete er den Bau einer eigenen privaten Synagoge, die größer und prächtiger als alle anderen Synagogen der Stadt war, und stattete sie reich mit Ritualgeräten aus. Nach dem ihm 1598 verliehenen Majestätsbrief durfte er dort auch eine „Fahne Davids“ führen, wie sie in der Altneu-Synagoge bestand. Diese Synagoge wurde nach seinem Erbauer Maisel-Synagoge genannt, in ihr befindet sich eine Gedenktafel in hebräischer und deutscher Sprache, die an ihn erinnert. Außerdem verwendete er sich für den Loskauf jüdischer Gefangener, für die Unterstützung von Armen und gewährte notleidenden auswärtigen Gemeinden zinslose Darlehen, er unterstützte die Talmudschule und die Prager Beerdigungsbruderschaft.

Mordechai Meisel ist auch eine der Figuren in dem Roman Nachts unter der steinernen Brücke (1953) von Leo Perutz, in dem es über ihn heißt: Die Juden sagen von ihm, wenn die ganze Stadt ein schwarzes Jahr hat, so ist das seine in Milch gekocht.

Ein Nachfahre ist der österreichische Autor und Journalist Lucian O. Meysels.

Literatur

  • Hans Jaeger: Meisel, Mordechai. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, S. 683 f.
  • Alexander Kisch: Das Testament Mardochai Meysels mitgetheilt und nach handschriftlichen Quellen beleuchtet. In: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums. Band 37, 1893, ZDB-ID 208351-6, S. 25–40, 82–91, 131–146.
  • Alexander Kisch: Das Meiselbanner in Prag. Wien 1901
  • Meir Lamed: MEISEL (Meisl, Meysl, Miška, Akhbar, Maušel, Konír), MORDECAI (Marcus, Marx) BEN SAMUEL. In: Encyclopaedia Judaica, 2. Auflage, Band 13, Detroit, New York u.a. 2007, ISBN 978-0-02-865941-1, S. 789 (englisch)
  • Josef Meisl: Mordechaj (Markus) ben Samuel Meisel. In: Jüdisches Lexikon. Band IV/1. Jüdischer Verlag, Berlin 1930.
  • Arno Pařík u. a.: Pražské židovské hřbitovy = Prague Jewish cemeteries = Prager jüdische Friedhöfe. Zidovské muzeum, Prag 2003, ISBN 80-8560869-3.
  • J. R. Marcus: The Jew in the Medieval World. New York 1981 (zuerst 1938), S. 323–326.
  • Heinrich Schnee: Die Hoffinanz und der moderne Staat. Geschichte und System der Hoffaktoren an deutschen Fürstenhöfen im Zeitalter des Absolutismus, nach archivalischen Quellen. Band 5, Berlin 1966, S. 219–222.
  • H. Volavková: A Story of the Jewish Museum in Prague. Prag 1968, S. 259–66.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mordechai Maisel — Grabmal von Mordechai Maisel am Alten jüdischen Friedhof in Prag Mordechaj (Markus) ben Samuel Maisel, auch Meisel, Maißl und in den Akten Meysl (* 1528 in Prag; † 13. März 1601 in Prag) war Hofbankier, Philanthrop und Vorsteher der jüdischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Mordecai Meisel — Mordecai Marcus Meisel (Mordechaj Marek or Miška Marek Meisel (Majzel) in Czech) (1528, Prague–March 13, 1601, Prague) was a philanthropist and communal leader in Prague; he was son of Samuel Meisel. Grave of Mordechai Meisel in Prague (1601).… …   Wikipedia

  • Mordecaï Meisel — Mordekhaï Maisel Mordekhaï Maisel (1528 13 mars 1601) est un philanthrope et dirigeant de la communauté juive de Prague. Il est à l origine de la construction de la synagogue Maisel et de l hôtel de ville juif de Prague. Littérature et… …   Wikipédia en Français

  • FLAG — There are indications that banners or emblems were in use among the Israelites even in biblical times (see banner ). The expression אֹתֹת לְבֵית אֲבֹתָם – the banner (or ensign) or their patriarchal house (Num. 2:2) – appears to denote the… …   Encyclopedia of Judaism

  • Meysels — Autogramm Lucian O. Meysels (* 14. Mai 1925 in Laxenburg) ist ein österreichischer Autor und Journalist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Lucian O. Meysels — Autogramm Lucian O. Meysels (* 14. Mai 1925 in Laxenburg) ist ein österreichischer Autor und Journalist. Inhaltsverzeichnis 1 …   Deutsch Wikipedia

  • SPORTS — There is no evidence of sports among the Jews during the obscure period between the close of the Bible and the Maccabean periods. At the beginning of this latter period, in the second century B.C.E., circumstances conspired to make sporting… …   Encyclopedia of Judaism

  • Maisel — Articles on Maisel include: People Alan Maisel Charlie Maisel David Maisel, see Marvel Studios Fritz Maisel George Maisel Herman Maisel Ileen Maisel Ivan Maisel, see The National (sports newspaper) Jay Maisel Mordechai Maisel Other Maisel Brau… …   Wikipedia

  • Sigma Alpha Rho (SAR) — Infobox Fraternity letters = ΣAP name = Sigma Alpha Rho motto = Una Spiritus una fides crest = founded = November 18, 1917 birthplace= West Philadelphia, Pennsylvania type = Religious scope = International address = symbol = Snake with a Gleaming …   Wikipedia

  • Maisel — ist der Familienname von Ernst Maisel (1896–1978), deutscher Generalleutnant im Zweiten Weltkrieg Karl Maisel (1890–1982), österreichischer Politiker Lucian Maisel (* um 1995), US amerikanischer Schauspieler Mordechai Maisel (1528–1601),… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”