Projection Pursuit

Projection Pursuit

Inhaltsverzeichnis


Projection Pursuit (wörtlich Nachverfolgung der Projektion) ist ein statistisches Verfahren, eine Menge hochdimensionaler Daten so zu vereinfachen, dass möglichst "interessante" Strukturen darin aufgedeckt werden. Dazu wird eine Hyperebene (z. B. eine Fläche) in den durch die Daten aufgespannten Raum gelegt, auf welche die Daten projiziert werden.

Der Projection Pursuit wurde zuerst von John W. Tukey und Jerome H. Friedman veröffentlicht[1] und fand weitere Verbreitung durch die Arbeiten von Peter J. Huber.[2]

Die Analyse multivariater Daten erfolgt in der Regel durch eine geeignete Abbildung in niedrigere Dimensionen. Bekanntestes Beispiel ist das Streudiagramm, bei dem jeweils zwei Dimensionen die Achsen eines Koordinatensystems bilden. Jede solche Abbildung verdeckt die Sichtbarkeit vorhandener Strukturen stets mehr oder weniger, kann sie aber niemals verstärken.[3]

Die Idee von Projection Pursuit ist auf die verschiedensten statistischen Probleme angewandt worden:

  • Exploratory Projection Pursuit zur Aufdeckung von interessanten Strukturen in Daten
  • Projection Pursuit Regression[4]
  • Projection Pursuit Dichteschätzung[5]
  • Projection Pursuit Klassifikation[6]
  • Projection Pursuit Diskriminanzanalyse[7]

Exploratory Projection Pursuit

Abb. 1: Projektion von Datenpunkten auf den Ecken eines sechsdimensionalen Würfels (cube6) auf eine zweidimensionale Hyperebene. Die Daten sind approximativ standardnormalverteilt in der Ebene.
Abb. 2: Mit dem "Central Mass" Index in GGobi optimierte Lösung des cube6 Datensatzes.
Abb. 3: Visualisierung der "Central Mass" Indexfunktion in GGobi.

Im Exploratory Projection Pursuit wird jeder Hyperebene eine Maßzahl (oder Index) zugeordnet, die angibt wie interessant die enthaltene Struktur ist. In der Arbeit von P. Diaconis und D. Freedman [8] wurde gezeigt, dass die meisten Strukturen in den Hyperebenen normalverteilten Daten ähneln (siehe Abb. 1). Viele Maßzahlen messen daher die Distanz der Struktur in der Hyperebene zu einer Normalverteilung.

Danach werden automatisch der Reihe nach alle möglichen Projektionen der Daten auf eine Hyperebene durchgerechnet, die im Vergleich zu den Originaldaten um eine oder mehrere Dimensionen reduziert ist. Werden Datenpunkte als Teil einer interessanten Struktur identifiziert, werden diese aus der Analyse genommen. Das Verfahren wird mit dem reduzierten Datensatz wiederholt, bis keine Struktur mehr erkennbar ist.

Indizes

Die multivariaten Daten werden in der Regel mit Z = S_X^{-1/2}(X-\bar{x}) transformiert, so dass die Mittelwerte der Variablen Z gleich Null sind und die Varianz-Kovarianz-Matrix SZ die Einheitsmatrix ist. Wenn dann α die Projektionsvektoren für die Hyperebene sind, Y = αTZ die in die Hyperebene projizierten Daten, Φ die Dichtefunktion der Standardnormalverteilung (bzw. der entsprechenden Normalverteilung, wenn Y = αTX statt Y = αTZ benutzt wird) und f die Dichtefunktion der projizierten Daten in der Hyperebene, dann wurde unter anderem folgende Indizes, die dann maximiert werden, vorgeschlagen:

Friedman-Tukey-Index[1]
Der Index I_{FT}(\alpha) = \int f(y)^2 dy = E(f(y)) wird minimiert durch eine parabolische Dichtefunktion, welche sehr ähnlich zur Dichtefunktion einer Standardnormalverteilung ist.
Entropy-Index[2]
I_{E}(\alpha) = \int f(y)\log(f(y)) dy = E(log(f(y))) ist die Entropie, die ebenfalls minimiert wird durch die Standardnormalverteilung.
Legendre-Index[3], Hermite-Index[9] und Natural-Hermite-Index[10]
I_{L}(\alpha) = \int (f(y)-\Phi(y))^2 \frac{1}{2^{dim(Y)}\Phi(y)} dy,
I_{H}(\alpha) = \int (f(y)-\Phi(y))^2 dy und
I_{NH}(\alpha) = \int (f(y)-\Phi(y))^2 \Phi(y) dy.
Alle drei Indizes messen den Abstand zur Standardnormalverteilung, sie unterscheiden sich nur in der Art der Gewichtung der Differenz zwischen der Dichte der projizierten Daten und der Standardnormalverteilung.
χ2-Index[11]
partitioniert eine (zweidimensionale) Ebene in 48 Zellen und wendet dann einen χ2-Anpassungstest zum Vergleich der Beobachtungszahl in jeder Zelle mit der Zahl der Beobachtungen unter Annahme der Standardnormalverteilung.

Im Prinzip kann jede Teststatistik, die zu einem Test auf Normalverteilung gehört, als Index benutzt werden. Eine Maximierung führt dann zu den Hyperebenen, in denen die Daten nicht normalverteilt sind. Spezielle Versionen der Indizes IL, IH und INH werden maximiert durch bestimmten Strukturen, z.B. Zentrales Loch oder Zentrale Masse.

Die unbekannte Dichtefunktion f(y) der projizierten Daten wird entweder mittels eines Kerndichteschätzer oder durch eine orthonormale Funktionsexpansion geschätzt.

Verwandte Methoden

Als Spezialfälle des Exploratory Projection Pursuit kann man

  • die Grand Tour betrachten, bei der die Strukturen durch den Betrachter selbst in den Grafiken entdeckt werden, und
  • die Hauptkomponentenanalyse, bei der der Index durch IPCA(α) = VarTX) beschrieben wird.

Projection Pursuit Regression

Im Regressionfall wird die unbekannte Regressionsfunktion f(x)=\sum_k f_k(\alpha_k^Tx) iterativ durch Regressionsfunktionen fk auf den projizierten Daten dargestellt:

  1. y_i^{(1)}=y_i sind die beobachteten Regressionswerte
  2. Finde αk so, dass \epsilon_k = \sum_i (y_i^{(k)}-f_k(\alpha_k^Tx_i))^2 minimal ist
  3. Setze y_i^{(k+1)}=y_i^{(k)}-f_k(\alpha_k^Tx_i)
  4. Iteriere Schritte 2-3 solange bis \epsilon_k kleiner als eine vorgebene Schranke ist oder nicht mehr kleiner wird
  5. Verbessere die Approximation in dem für jedes αk nochmal \sum_i \left(y_i-\sum_{l\neq k} f_l(\alpha_l^Tx_i) - f_k(\alpha_k^Tx_i)\right)^2 minimiert wird

Projection Pursuit Dichteschätzung

Auch im Fall der Dichteschätzung wird eine iteratives Verfahren benutzt. Die unbekannte Dichtefunktion f(x) wird approximiert als Produkt von Dichtefunktionen der projizierten Daten:

f(x) = \Phi(x) \prod_k f_k(\alpha_k^Tx)

mit Φ(x) die Dichtefunktion der multivariaten Normalverteilung mit den Parametern \bar{x} und S geschätzt aus den Daten. Dann wird schrittweise die Normalverteilungsdichte korrigiert. Im Gegensatz zum Regressionsfall ist jedoch der Algorithmus wesentlich komplizierter, da hier keine Beobachtungen yi zu Verfügung stehen an die angepasst werden kann.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b J. H. Friedman and J. W. Tukey (Sept. 1974): A Projection Pursuit Algorithm for Exploratory Data Analysis. IEEE Transactions on Computers C-23 9: S. 881 ff. doi: 10.1109/T-C.1974.224051. ISSN 0018-9340.
  2. a b P.J. Huber (1985): Projection pursuit, Annals of Statistics, 13, Nr. 2, S. 435 ff.
  3. a b J.H. Friedman (1987): Exploratory projection pursuit, Journal of the American Statistical Assoc., 82, Nr. 397, S. 249-266.
  4. J.H. Friedman, W. Stuetzle (1981): Projection pursuit regression, Journal of the American Statistical Association 76, S. 817-823
  5. J.H. Friedman, W. Stuetzle, A. Schröder (1984): Projection pursuit density estimation, Journal of the American Statistical Association 79, S. 599-608
  6. J.H. Friedman, W. Stuetzle (1981): Projection pursuit classification, unpublished manuscript
  7. J. Polzehl (1995): Projection pursuit discriminant analysis, Computational Statistics & Data Analysis 20, S. 141-157
  8. P. Diaconis, D. Freedman (1989): Asymptotics of graphical projection pursuit, The Annals of Statistics 17, Nr. 1, S. 793-815.
  9. P. Hall (1989): On polynomial-based projection indices for exploratory projection pursuit, The Annals of Statistics 17, Nr. 2, S. 589-605.
  10. D. Cook, A. Buja, J. Cabrera (1993): Projection pursuit indices based on orthonormal function expansion, Journal of Computational and Graphical Statistics 2, Nr. 3, S. 225-250
  11. C. Posse (1995): Projection pursuit exploratory data analysis, Computational Statistics and Data Analysis, 20, S. 669-687.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Projection pursuit — is a type of statistical technique which involves finding the most interesting possible projections in multidimensional data. Often, projections which deviate more from a Normal distribution are considered to be more interesting. As each… …   Wikipedia

  • Matching pursuit — Signal reconstruction with matching pursuit algorithm. Matching pursuit is a type of numerical technique which involves finding the best matching projections of multidimensional data onto an over complete dictionary D. The basic idea is to… …   Wikipedia

  • Poursuite de projection — La poursuite de projection est une méthode d analyse des données multivariées qui relève des statistiques. Sommaire 1 Historique 2 Description 3 Voir aussi 3.1 Liens externes …   Wikipédia en Français

  • Power projection — USS John C. Stennis, and HMS Illustrious, two aircraft carriers on a joint patrol, and an important role of a blue water navy. Power projection (or force projection) is a term used in military and political science to refer to th …   Wikipedia

  • The Pursuit of Happyness — À la recherche du bonheur À la recherche du bonheur ou La poursuite du bonheur au Québec est une comédie dramatique de Gabriele Muccino sortie en 2007. Sommaire 1 Synopsis 2 Fiche Technique 3 Distribution …   Wikipédia en Français

  • Поиск наилучшей проекции — Эту статью следует викифицировать. Пожалуйста, оформите её согласно правилам оформления статей. Поиском наилучшей проекции (англ. Projection Pursuit) называ …   Википедия

  • List of statistics topics — Please add any Wikipedia articles related to statistics that are not already on this list.The Related changes link in the margin of this page (below search) leads to a list of the most recent changes to the articles listed below. To see the most… …   Wikipedia

  • List of mathematics articles (P) — NOTOC P P = NP problem P adic analysis P adic number P adic order P compact group P group P² irreducible P Laplacian P matrix P rep P value P vector P y method Pacific Journal of Mathematics Package merge algorithm Packed storage matrix Packing… …   Wikipedia

  • Grand Tour (Statistik) — Die Grand Tour ist ein Verfahren zur explorativen Analyse hochdimensionaler multivariater Daten, das zuerst von Daniel Asimov und Andreas Buja beschrieben wurde[1][2]. Dargestellt ist eine Projektion einer Grand Tour durch Daten mit sechs Dime …   Deutsch Wikipedia

  • Karhunen-Loève-Transformation — Hauptkomponentenanalyse als Faktorenanalyse: Zwei Hauptkomponenten einer zweidimensionalen Punktwolke (orthogonal rotiert) Die Hauptkomponentenanalyse (englisch: Principal Component Analysis, PCA) ist ein Verfahren der multivariaten Statistik.… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”